Kapitel 4 - Frühstück

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Rose war jetzt schon seit einem Monat im St. Magrit's Waisenhaus. Sie lernte die Sitten, Regeln und Gebräuche der Menschen kennen, und veränderte sich jeden Tag zunehmends. Immer weniger dachte sie an ihre Schwestern und ihre Aufgabe. Sie hatte zum ersten Mal das Gefühl jemanden etwas zu bedeuten. Die kleine Sophie, Magrit, alle anderen Kinder im Waisenhaus ja sogar Tim waren ihr in der Zeit ans Herz gewachsen. Und bevor sie es selbst bemerkte, hatte sie den Bruchteil einer Ahnung was Gefühle sind. Doch sie verstand ihre Gefühle nicht, und wollte noch länger mit diesen Menschen zusammen sein, um ihre Bedeutung zu verstehen.

"Aufstehen meine Kleine, es gibt Frühstück." Rose hatte an diesem Wochende Weckdienst, und versuchte verzweifelt Sophie zu wecken. Bei ihr war es immer besonders schwer. "Normalerweise sind kleine Kinder immer schon so früh wach und machen Terror, doch bei ihr ist das was anderes." Sagte Tim belustigt. Er war in letzter Zeit oft bei Rose. Sie verstand zwar nicht wieso, doch sie fühlte sich wohl in seiner Nähe. "Lass sie schlafen. Sie wacht schon auf wenn sie Hunger hat." Tim nahm Rose an der Hand und zog sie hinter sich aus dem Zimmer. Außerhalb des Zimmers blieb er stehen, ließ ihre Hand jedoch nicht los. "Du... Also du hast doch nichts dagen?" fragte er etwas verlegen und schaute auf ihre verschränkten Finger. "Nein es ist in Ordnung." Rose sah etwas schüchtern auf den Boden, und die leichte Röte die auf ihren Wangen erschien, ließ sie noch schöner aussehen. Da war es schon wieder, diese Wärme in ihrer Brust die auch ihre Gedanken zu vernebeln versuchte. Sie spürte Frieden und musste unaufhörlich lächeln. Es war komisch, jedoch gleichzeitig etwas beruhigend. "Bist du glücklich?" Fragte Tim, der sie die ganze Zeit beobachtet hatte, plötzlich. Glücklich? Nein das ging nicht! Dieses Gefühl war den Menschen vorenthalten, doch sie war kein Mensch. Sie suchte eine Definition von Glück, kam jedoch auf kein eindeutiges Ergebnis. "Was verstehst du unter glücklich sein?" Fragte sie Tim. Er überlegte kurz. "Glück ist etwas, was jeder für sich selber Definieren muss. Man kann glücklich mit kleinen, schönen Momenten sein, oder nur mit viel Geld. Es hängt von der Person ab, ob und wie man glücklich ist. Es ist ein sehr angenehmes Gefühl, welches dich lächeln lässt. Du hast gute Laune und das Gefühl innerer Hochstimmung. Nun musst du nur noch für dich selber herausfinden, welcher Anlass nötig ist, damit du glücklich bist. Ich persönlich bin immer glücklich wenn ich mit dir zusammen bin."

"Wo ist Sophie?" Fragte Magrit und sah Rose streng an. "Sie schläft. Wir konnten sie nicht wach bekommen." Versuchte Tim ihr zu helfen. Rose war immer noch leicht gerötet von ihrem Gespräch. Sein plötzlicher Gefühlsausbruch hatte sie verunsichert. War das Gefühl, welches sie spürte wenn sie mit Tim zusammen war Glück, oder etwas anderes? "Na gut. Setzt euch wir müssen etwas bereden." Magrit lächelte die beiden sanft an. "Tim, was würdest du davon halten wenn Rose in deine Klasse kommt?"

Die WächterinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt