15 - Josh oder Lorenz

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Kapitel 15

Ich verlagerte mein Gewicht auf das rechte Bein und blinzelte zu ihm hoch, rang mich dazu ab, ihn wenigstens verstehen zu können, wenn er mich schon nicht verstehen konnte. Also stellte ich ihm eine Frage, die mich mittlerweile brennend interessierte. "Okay... und warum genau ist es nicht so aussichtslos wie ich es denke?"

Er setzte offenbar schon gleich zur Erkläung an, doch dann kam ihm anscheinend erstmal etwas anderes in den Sinn. "Wollen wir uns nicht lieber wieder hinsetzen? Dann kann ich es dir in Ruhe erklären."

Einen Moment lang zögerte ich. Eigentlich wollte ich davon gar nichts mehr hören, nur hielt mich dieser flehende Blick von ihm fest gefangen.

Wie von alleine trugen mich meine wackeligen Beine zurück zu meinem Stuhl und ich ließ mich wie ein nasser Sack darauf plumpsen.

Meine Aufmerksamkeit ruhte für einige Sekunden bei Rapunzel, die mehrmals zwischen uns hin und her sah, dann machte sie es sich erneut vor meinen Füßen bequem.

Irgendwann hatte ich sie genug angestarrt und wappnete mich innerlich für Lorenz' Erklärung. Ich versuchte ihn halbwegs offen anzuschauen und nicht meinen verkniffenen Blick aufzusetzen, der selbst mich manchmal auf Schnappschussbilder erschrecken ließ. "OKay... dann bin ich jetzt gespannt", sagte ich leise.

Lorenz lehnte sich wie am Anfang zu mir vor und stützte seine Unterarme auf der Tischplatte auf. "Erst habe ich noch eine Frage."

"Okay", antwortete ich. "Und welche?"

Er legte seinen Kopf interessiert schief. "Wie sieht es mit deinem Vater aus? Kannst du seine Nähe auch gerade so ertragen oder kannst du ihn sogar umarmen?"

"Ich kann ihn sogar umarmen", sprach ich. "Die Ärzte vermuten, dass es ihm ihm gegenüber nicht ausgesprägt ist, weil er mir vertraut ist. So sehr, dass ich eben keine Ängste verspüre. Diese Sonderformen soll es auch geben."

Nachdenklich fuhr er sich mit einem Finger über seine Lippen. "Also ist anscheinend Vertrauen das große Schlüsselwort bei dir."

"Ja... kann sein..."

"Also müsstest du rein theroetisch nur jemanden finden, dem du vertraust und deine Phobie wäre mit einem mal weg?"

Ich schüttelte den Kopf. "So einfach ist das auch wieder nicht. Manchen vertraue ich und trotzdem geht die Phobie nicht weg. Josh zum Beispiel mag ich wirklich sehr und trotzdem kann ich mich von ihm einfach nicht berühren lassen."

"Deswegen hast du die Party also so fluchartig verlassen."

Wieder nickte ich. "Exakt. Diese Phobie ist einfach unberechenbar und bisher habe ich noch kein Mittel gefunden, um sie berechenbar zu machen. Lediglich Methoden, um manches schlichtweg mit einem Zähneknirschen zu ertragen."

"Aber müssten therapeutische Methoden nicht irgendwann auch mal mehr sein als nur erträglich?"

Nun legte ich den Kopf schief. "Wie meinst du das?"

"So wie ich es gesagt habe. Man müsste dir beziehungsweise deinem Unterbewusstsein und deinem Bewusstsein theoretisch weismachen, dass es sowas wie Berührungen nicht fürchten muss. Im Gegenteil."

"Ja und da sind wir wieder beim Punkt", wandte ich ein. "Genau das ist scheinbar bei mir nicht möglich."

"Das denkst du."

Wieder etwas gereizt kniff ich meine Augen zusammen. "Das denke ich nicht nur, das weiß ich. Nur warum pochst du so darauf? Wieso lässt es dir einfach keine Ruhe?"

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