Kapitel 13

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Nachdem ich aufgegessen habe saß ich noch ein paar Minuten einfach auf dem Stuhl und betrachtete das Zimmer um mich herum. Die eine Wand war eine komplette Glaswand, die sich auch über die angrenzenden Räume streckte. Dazu gab es auch am anderen Kopfende des Tisches einen Durchgang, der in den Flur führte. Es war ein Bogen mit weißer Zarge, die durch die creme farbige Wandfarbe besonders herausstach. Insgesamt wirkte alleine schon das Esszimmer wirklich gemütlich, doch der angenehme Blumengeruch in der Luft machte es nur noch entspannender. Vorhin war es noch ein bisschen erdrückend, an diesem Tisch zu sitzen, was höchstwahrscheinlich dem Geruch von Raphael zu verdanken war, der inzwischen verflogen war. Einen Moment der vollkommenen Ruhe wollte ich mir gönnen, in dem ich nicht paranoid um mich sehen musste oder keine angst davor haben musste, was in den nächsten Sekunden passieren würde. Mit einem tiefen Atemzug nahm ich den ganzen Geruch in meine Lungen auf und lehnte entspannt meinen Kopf nach hinten. Locker ließ ich meine Arme neben meinem Körper baumeln, während ich mir vorstellte, wie ich auf einer großen Blumenwiese stand, auf der man nichts außer das zwitschern der Vögel und den Wind hören konnte, der durch das hohe Gras wehte. Es war ein Moment der Ruhe, der sich anfühlte, als würde meine Seele wieder an Energie gewinnen. Ich bekam die Hoffnung, dass alles wieder gut werden würde und ich vielleicht das alles hier irgendwie händeln könnte. Ich würde entweder von hier fliehen können oder mit Raphael einen Deal aushandeln können, durch den er mich dann freiwillig gehen lassen würde. Egal wie, ich würde hier wieder raus kommen und später meinen Enkelkindern von meinem aufregenden Leben erzählen können.

"Bist du fertig?", fragte mich eine tiefe Stimme, die mich erschrocken zusammenzucken ließ. Mit plötzlich rasendem Herzen und aufgerissenen Augen schaute ich zu dem Koch, der gegenüber von mir an der Tischplatte stand. Sein Finger war auf mein Teller gerichtet und seine Augenbrauen fragend nach oben gezogen.

Etwas überforderte schaute ich von meinem Teller zu ihm und nickte. "Ja, ja. Ich bin fertig, aber ich räum ihn gleich selber in die Küche.", erklärte ich mit einem freundlichen Lächeln.

Als hätte ich gerade die Formel für den Weltfrieden gesagt, weitete Roche begeistert seine Augen und klatschte fröhlich seine Hände zusammen. "Dass ich das noch erleben darf.", sagte er verträumt zu sich selbst. "Ein Gast kann selbst seinen Teller wegräumen. Puh... Das erlebt man nicht alle Tage.", lachte er fast schon hysterisch auf, bevor er kopfschüttelnd zurück in die Küche lief.

Verwirrt blieb ich sitzen und schaute leicht verstört dem pummeligen Mann hinterher. Unsicher rutschte ich kurz auf meinem Stuhl herum, weil ich wirklich nicht wusste, ob ich jetzt den Teller gleich in die Küche räumen sollte. Etwas angst hatte ich nämlich vor dem Koch doch bekommen. Warum hat er sich denn auch so gefreut, als ich nur gesagt hab, dass ich mein Geschirr selbst in die Küche räumen würde. War das hier nicht normal? Nach kurzer Überlegung fasste ich mich und stand auf. Mit dem Teller in meiner Hand betrat ich die Küche und versuchte so gut es ging, nicht in die Augen von Roche zu schauen. Vor allem nachdem ich merkte, wie er mir genau dabei zuschaute. Nur aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, wie seine Augenbrauen misstrauisch zusammengezogen waren, was mich nur noch mehr unter Druck setzte. Über mich selbst fluchend schüttelte ich den Kopf und blieb vor der Kücheninsel stehen. Seit wann bin ich den so schüchtern. Früher konnte ich noch so gammlig durch die Straßen laufen und habe mich kein bisschen dafür interessiert, was Menschen von mir gedacht haben und jetzt bekam ich schon allein einen Schweißausbruch, weil mich jemand dabei beobachtete, wie ich mein Geschirr aufräumte.

"Wo ist die Spülmaschine?", fragte ich den Koch, der hinter schwarz- weißen Kücheninsel stand, da ich auf den ersten Blick keine erkennen konnte.

Mit einem komischen Gesichtsausdruck nickte der Mann, was mich nur verwirrt die Augenbrauen zusammenziehen ließ. Es war eine Mischung aus Misstrauen und gleichzeitiger Begeisterung, was diesen Mann mit Vollbart nur noch mysteriöser machte. "Hier hinten.", zeigte er hinter sich, was mich dankend nicken ließ.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 11, 2022 ⏰

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