Teil 18 - Maurice

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"Michael?" Maurice' Atem war ein bisschen unruhig, das Klingeln seines Handys hatte ihn aus dem Bett gescheucht. Der Blonde wartete einige Momente, doch Michael antwortete nicht. "Michi? Ist alles in Ordnung?" immer noch war nichts als ihr gemeinsames Atmen zu hören, Maurice konnte förmlich vor sich sehen, wie Michael angestrengt blinzelnd das Gesicht verzog.

"Ruhig, ja? Wir haben Zeit. Beruhig dich und atme tief durch, wir haben Zeit." geduldig wartete der Blonde in Minuten langer Stille, bis Michael dann etwas sagte.

"Maurice..." seine Stimme klang zugleich seltsam angestrengt und ungewohnt erschöpft, aber doch irgendwie glücklich. "Ja, Michi? Ich bin da. Was ist los?" Maurice kam nicht umhin, sich ein bisschen Sorgen zu machen, erst recht als Michael dann noch etwas sagte. "Rede"

Ein simples Wort und Maurice hatte keine Ahnung, was er damit anfangen sollte. Doch von Michael kam nichts weiteres und so redete Maurice einfach darauf los.

"Ich...Ich habe gestern auf dich gewartet. An der Bank. Aber du bist nicht gekommen. Das ist kein Vorwurf oder so, wirklich nicht, du hast ja gesagt, dass du nicht kommst, aber ich hab dich trotzdem vermisst...hast du dich denn zumindest gut ausgeruht?" Doch auch auf diese Frage kam von Michael keine Antwort, was Maurice dazu brachte, noch weiter zu reden. "Ich finds übrigens voll nett von dir, dass du dir extra für mich die Mühe gemacht hast, in den Wald zu gehen und mir das ganze zu zeigen. Ich hab heute auch schon die letzte Szene von Nathan der Weise durchgearbeitet, das kann ich dir dann einfach nochmal abschreiben, dann musst du dich nicht mehr damit rumquälen..."

Es machte ihm ganz schön zu schaffen, dass von Michael nichts als das gleichmäßige Atmen kam. Irgendwie machte es ihm Angst. Was, wenn Michael sich verletzt hatte und Hilfe brauchte? Oder wenn er wieder einmal umgekippt war und jetzt irgendwo lag?

"Michi? Michi, du musst jetzt endlich mal antworten, ich mach mir Sorgen um dich. Was ist los? Kann ich dir helfen?"

Stille. Nichts als Stille. Und dann ein paar simple Worte.

"Ich bin müde, Maurice ..." sagte Michael mit dieser seltsam trägen Stimme. "Ich bin müde, Maurice....so müde.." Michael klang zufrieden und ziemlich glücklich. Vermutlich brauchte es deswegen so lange, bis Maurice realisierte, was Michael ihm da gerade anvertraut hatte. Das Blut gefror in seinen Adern.

"Ich glaub....Ich glaub ich schlaf gleich ein...Maurice."

Der Angesprochene zögerte nicht eine einzige Sekunde lang. Er zog sich keine Schuhe an, wechselte nicht einmal die Hose oder das Shirt, sondern machte sich direkt auf den Weg zu seinem Fenster.

"Wo bist du, Michael?" fragte er, während er das Fenster aufriss. "Michi, konzentrier dich! Wo bist du?!" vor lauter Panik klang seine Stimme schrill und ganz fremd. "Michael, wo bist du? Bist du bei dir Zuhause?" leises Atmen, mehr nicht. "Michi!" Maurice atmete tief ein und aus, dann kletterte auf das Fensterbrett und sprang auf den Rasen.

Kurz brannte es an seinen nackten Füßen, er stolperte, doch da war kein Michael, um ihn aufzufangen. Maurice taumelte kurz in dem hellen Licht und ein bisschen fühlte er sich wirklich wie ein Vampir. Er gehörte hier nicht hin, aber er blendete es komplett aus, rannte einfach los.

Bei Tag sah alles anders aus und kurz fragte Maurice sich, ob er den richtigen Weg finden würde, doch er blendete es aus, schob alle Zweifel beiseite und rannte weiter, obwohl der heiße, raue Asphalt an seinen blanken Sohlen brannte, er rannte einfach weiter.

"Michi? Michi, hör mir zu, ja? Du musst jetzt wach bleiben! Hör mir zu, lass die Augen offen!" links, dann kurz darauf rechts. In seiner Panik übersah Maurice eine volle Mülltonne, rannte direkt in sie und fiel mit ihr gemeinsam zu Boden. Verpackungen, Plastikfolien und volle Müllbeutel ergossen sich auf den Boden, irgendjemand schimpfte mit ihm, doch Maurice sprang einfach wieder auf, ignorierte dabei seine blutigen, aufgeschürften Knie. "Sorry!" rief er und rannte weiter. "Ich brauche einen Krankenwagen!"

Midnight Tears ~ ZomdadoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt