[2-Wiese]

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Die Zeit hat sich ein wenig hinausgezögert, bis wir endlich draußen waren.

Kleidung, Haare, Essen.
Noch nie wurde sich so sehr von anderen um mich gekümmert und mir war das alles mehr als nur unangenehm.
Indra stattdessen schien es als komplett normal zu empfinden, dass die Hausmädchen darum so einen Trubel gemacht haben, trotzdem habe ich ihn zwischendrin entschuldigend lächeln sehen, als ich ihm einen hilflosen Blick zugeworfen habe.

Ab da an ging es doch etwas besser und nach dem Nötigsten hat er sie glücklicherweise auch höflich weggeschickt, so dass ich erleichtert aufatmen konnte.
Ich bin mir sicher ihn sogar kurz darüber kichern gehört zu haben.

...

Wir haben vor einigen Minuten das Anwesen verlassen, dass noch größer ist, als ich es mir vorgestellt hatte.
Allerdings verschieben wir die Rundtour auf wann anders, er hat mir nur grob erklärt, an welchen Räumen wir vorbeilaufen, gemerkt habe ich mir eher weniger davon.

Wohin genau wir gehen, ist mir unklar, aber ich überlasse die gesammte Führung Indra.

...

,,Darf ich dich eventuell etwas fragen?", breche ich irgendwann die Stille.
,,Klar.", entgegnet er lächelnd und sieht mich dann neugierig an.
,,Wieso hast du mich gerettet?"

Die Frage brennt mir schon die ganze Zeit über auf der Seele, ich hoffe eine Antwort zu finden, doch irgendwie bin ich jedes Mal verwirrt. Ich weiß immer noch nicht, ob ich ihm dafür dankbar sein soll oder eher nicht. Ob ich nicht doch lieber bei meiner Familie wäre... dabei scheinen hier doch auch alle so nett.

,,Du hast Hilfe gebraucht, sonst wärst du gestorben.", erwidert er, wie selbstverständlich.
,,Und was ist, wenn ich sterben wollte?", frage ich unsicher und spüre seinen verwirrten Blick auf mir.
,,Aber wieso das denn?"
Ich zögere einen Moment, sehe in seine schwarzen Augen und entscheide mich es ihm zu erzählen.

Schließlich wäre es unfair von mir damit anzufangen, aber dann einfach so abzubrechen. Und ich schätze, dass ich ihm vertrauen kann.

,,Meine Familie... sie waren alle in dem Feuer. Meine Eltern und meine kleine Schwester."

Beim Aussprechen wird mir erst wieder bewusst, wie schmerzhaft es doch ist, wie sehr sie mir fehlen und wie sehr ich mich danach sehne bei ihnen zu sein.

Indra bleibt stattdessen stehen, weshalb ich es ihm gleichtue.
Er wischt mir mit seinem Daumen vorsichtig eine Träne weg, die über meine Wange huscht, sieht mir fest in die Augen und lächelt dann.

,,Du brauchst nicht zu weinen. Es muss schmerzhaft sein, aber es kann alles wieder gut werden. Ich finde einen Weg dir zu helfen.", verspricht er mir.

Aus großen Augen sehe ich ihn an und wir schweigen. Schließlich lächel ich ebenfalls, nicke ihm dankbar zu und deute an, dass wir unseren Weg fortsetzen können.

,,Ich hatte in dem Moment keine Ahnung, ob er mir wirklich helfen kann, im Gegenteil, ich dachte, er sagt es nur, um mich aufzumuntern. Aber das hat mir gereicht. Dafür alleine war ich ihm schon dankbar und für diesen Moment war es genug, damit ich ihm noch ein wenig mehr vertraue."

Als wir in der Nähe eines Waldes ankommen, dämmert es bereits, aber das stört nicht weiter.
Es ist still, friedlich und alles strahlt eine gewisse Harmonie aus.

,,Es ist wunderschön hier.", murmel ich, als wir nur einige Minuten später an einer Wiese ankommen. Die Sonne geht unter, es weht eine frische Briese und das Gras strahlt im Licht beinahe. Alles scheint perfekt.

Ich drehe mich zu Indra, der lächelnd in die Ferne sieht, weshalb ich näher zu ihm trete, nach seiner Hand greife und unsere Finger ineinander verhacke.

Er sieht einen Moment überrascht zu mir und ich kann einen leichten Rotschimmer auf seinen Wangen erkennen.

Könnte allerdings genau so gut vom Licht der untergehenden Sonne kommen, egal.

Ich lächel ihn an, wende dann meinen Blick ebenfalls nach vorne und so stehen wir noch eine ganze Weile da.
Er hat sich auch nicht von mir gelöst, was in mir ein wohliges Kribbeln auslöst.

,,Danke.", murmel ich, unsicher, ob er es gehört hat, aber das ist in diesem Moment ebenfalls egal.

Es ist wirklich alles perfekt.

Gottes Gesandter - IndraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt