Ahnen

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Nach fünf Tagen war Seras wieder einigermaßen zu Kräften gekommen. Sie behielt immerhin ihr Bewusstsein und es war möglich, sie in ihren Sarg zu verfrachten, der ihre Heilung weiter beschleunigen sollte. Ab dem Moment, wo sie nicht mehr ständig Seras beaufsichtigen musste, durfte sie wieder in ihren normalen Tagesablauf zurückkehren. So trudelte sie, nachdem sie zum ersten Mal seit einer knappen Woche wieder zuhause geschlafen hatte, um 6 Uhr morgens im Anwesen ein.

Walter stand wie immer im Dienstzimmer und verteilte die Aufgaben wie immer an sie und ihre drei aufgedrehten Kolleginnen. Dann bereitete sie wie immer das Frühstück vor. Walter brachte es anschließend zu Lady Integra um ihr die weiteren Neuigkeiten mitzuteilen. So wie immer. Der ganze Tag zog sich so wie immer. Das Mittagessen für die Soldaten im großen Kreise. Die Informationsleute, die ihr immer wieder diese Papierblätter mitgaben über Vampire, Iskariot und den Rest. Das Wäschewaschen und das Aufräumen im Trainingsplatz nach den Schießübungen. Nichts unterschied sich von vorher.

"Du arbeitest ja tatsächlich hier."

Vor Schreck stieß sie fast den Eimer Putzwasser vom Geländer und mit hochrotem Gesicht drehte sie sich zu der Stimme um. Auf der Treppe zum zweiten Stock stand die Geheimwaffe Hellsings, zu der Violet bei bestem Willen gerade nichts besseres einfiel als "majestätisch".

"Natürlich arbeite ich hier. Wieso hätte Walter mich denn sonst angeschrieben, als sie jemanden für Seras brauchten?", stellte sie die Frage, bevor sie realisierte, dass es darauf auch andere Antworten gab. Sie atmete tief durch während sie ihre Stirn massierte, um wieder zu klaren Gedanken zu kommen. "Wie geht es Seras überhaupt?"

Der Vampir zuckte mit den ausgedorrten Schultern. "Soweit so gut. Die körperlichen Wunden sind ganz verheilt. Das Gehen bereitet ihr noch ausreichend Schwierigkeiten, aber wenn ich ihr abermals befehle, etwas zu trinken, wird sich auch das bis Ende der Woche erledigt haben."

"Du hast sie dazu gezwungen, Menschenblut zu trinken?" Violet bereitete sich keine Mühe ihre Ablehnung zu verschleiern. Auch wenn sie knappe fünf Meter trennten und er wieder (oder immer noch?) seine Sonnenbrille trug, konnte sie den eisigen Blick darunter vermuten, der sie zusammenzucken ließ.

"Wenn das Mädchen nicht lernt zu trinken, muss man sie dazu bringen. Allerdings habe ich ihr keineswegs etwas gegen ihren Willen eingeflößt oder sie irgendwie manipuliert. Ich habe ihr einen Befehl erteilt, den sie auch hätte ignorieren können."

"Wenn sie dafür stark genug gewesen wäre", konterte die Hochgewachsene mit mürrischer Miene.

Erneut war die Antwort ein Schulterzucken. Dann war er auf einmal verschwunden und sie beschloss, würde er sie noch einmal bei ihrer Arbeit stören, würde sie zu Integra gehen.


Bis zum Abend hin blieb es dann aber Gott sei Dank ruhig. Keine Vampire zu Uhrzeiten, bei denen sie schlafen sollten, keine ausfallenden Kolleginnen, für die sie einspringen musste.

"Was meint ihr? Gehen wir noch aus? Es gibt da diesen süßen Pub mit echt schnuckeligen Typen, in dem wir schon häufiger waren, stimmt's, Jane?", laberte Carin wie so häufig, während sie mit den anderen in der Küche saß und zusammen mit Rachel nichts tat.

Jane stimmte zu während sie emsig das Gemüse weiter schnitt, das für den Eintopf um 8 benötigt wurde. "Das stimmt, der ist echt toll. Hat eine angenehme Atmosphäre. Also ich wäre dabei. Rachel? Violet?"

Rachel schüttelte in sich versunken den Kopf. Keiner von den dreien wusste, was mit ihr los war. Seit ein paar Wochen war die Blonde immer realitätsferner und geistesabwesend geworden. Manchmal sogar apathisch. Violet hatte sie schon ein paar mal zum Krankenhaus gefahren, doch die hatten nichts feststellen können.

I Believe in YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt