Wenn sie dachte, die Schusswunden waren schmerzhaft, war das Aufwachen und die Kopfschmerzen geradezu unvorstellbar schmerzhaft.
So realisierte sie auch erst nach gefühlten Stunden den Druck an ihrer Hand und das Zittern derer, die die ihre umklammerte. Violet musste nicht die Augen öffnen, um zu wissen, wer das war. "Tegra..." Eigentlich wollte sie fragen, was mit Carin und Jane war und wie es ihr und Walter und Seras ging und was danach passiert war und, und, und, aber ihre Stimmbänder gaben einfach den Geist auf, als sie durch halb zusammengekniffene, durch das Krankenhauslicht tränende Augen das Gesicht ihrer Freundin mit geröteten Augenlidern und von unvorstellbarer Last gezeichnet sah. Dann konnte sie nur noch weinen.
Sie hatte gesagt, sie wolle ihr unbedingt helfen und dann begab sie sich zu allem anderen noch dazu in Lebensgefahr. Ich bin wirklich keine gute Freundin.
Trotzdem tröstete Integra sie und beschuldigte sie kein einziges Mal.
Erst zwei Wochen später durfte sie das Krankenhaus verlassen, das leider nicht das war, in dem ihre Mutter lag, und in das durfte sie auch nicht wechseln. Zudem erzählte ihr sowieso keiner etwas. Integra und Walter kamen manchmal zu ihr, auch wenn Integra zu viel zu tun hatte und Violet ihr verboten hatte, sie zu besuchen, bis nicht alles geregelt war. Die zweite Woche war somit noch schlimmer als die erste, auch wenn die Schmerzen nachließen und sie nicht immer hohe Dosen von Morphium bekommen musste.
Walter erzählte ihr von der kaum vorhandenen Zahl der Überlebenden, dass Söldner angestellt werden mussten, dass der Leiter der 13.Sektion des Vatikans sich mit Integra getroffen hatte und dass hinter dem Angriff eine Organisation namens Millennium steckte, die mutmaßlich aus deutschen Nationalsozialisten bestand.
Carin und Jane waren so wie die anderen Gefallenen beerdigt worden und Violet traute sich erst nach einigen Minuten zu fragen, wie schlimm die beiden zugerichtet worden waren. Walter antwortete nicht, aber sein Blick sagte genug.
Immerhin war Rachel auf dem Weg der Besserung, aber das war nur ein schwacher Trost für sie.
Als sie ein einziges Mal versuchte, das Gespräch auf Alucard zu bringen, hatte sich Integras Miene derart verdüstert, dass sie lieber doch nach dem Mädchen Seras fragte.
Dieser ging es gut, hatte ihre Freundin gesagt, ihr Meister habe aber noch einige Standpauken vor sich.
In ihrem Kopf war während der Zeit absolute Stille und außer Integra und Walter sprach sie nur mit der einen Krankenschwester (deren Nummer sie jetzt hatte, uuupsi....) und ihrer Schwester, der ähnlich langweilig war wie ihr.
Nichtsdestotrotz freute sie sich sehr, als sie wieder nach Hause durfte, selbst wenn "Zuhause" nur eine Wohnung war, in der sie alleine lebte.
Das gehen bereitete ihr noch Schmerzen, aber irgendwie schaffte sie es, selbstständig zu duschen, sich etwas zu essen zu machen (Krankenhausessen war wirklich eine Erfahrung gewesen, auf die sie getrost hatte verzichten können und das hatte sie beschließen lassen, ihrer Schwester nächstes Mal besseres Essen mitzubringen) und dann noch ins Wohnzimmer zu humpeln, in dem sie Star Trek Voyager weiter schaute.
Zumindest solange bis sie den Zettel in Dantes Inferno sah.
Mit dem Fuß vom gesunden Bein zog sie den Beistelltisch näher heran bis sie das Buch greifen konnte.
Nicht, dass sie Alucards Handschrift bisher schon mal gesehen hatte, aber sie war sich ziemlich sicher, dass das Blatt von ihm beschrieben worden war. Die Buchstaben waren klein und schön geschwungen, das gesamte DIN A4 Blatt war davon befüllt, aber das zu lesen war kompliziert. Die Buchstaben waren einfach nicht mehr die heutigen, mit mehr Schlenkern und Schnörkeln als sie es jemals habe geben dürfen.
"Da werde ich beschäftigt sein...", prophezeite sie sich und schaltete die störenden Geräusche der Weltraumschlacht aus.
Leider weiß ich nicht, wann Du wieder in Deine Wohnung kommst, trotzdem hielt ich es für angebracht, Dir diesen Brief hinzulegen, denn Integra wird uns vermutlich nicht mehr in die Nähe des jeweils anderen lassen. Sie ist nicht gerade erfreut von den Auswirkungen ihres Befehls auf mich und gibt lieber mir die Schuld als sich selbst. Möglicherweise zurecht, aber ich hielt es in dem Moment für angebracht, ihr die Konsequenzen ihrer Worte aufzuzeigen. Da stimmst Du wohl kaum mit mir überein und es lag auch nicht in meinem Interesse, dass Dir auch nur ein Haar gekrümmt werden würde. Leider war dem doch so und noch weit Schlimmeres. Glaub mir, dass ich Dir nicht zu Hilfe kommen konnte, war keine Lüge. Integra hält mir zwar vor, ich hätte es tun können oder Dich davon abhalten können, aber während der drei Tage, die Du bewusstlos warst, war sie noch aufgelöster als in dem Moment, in dem Sir Islands ihr eine Pistole in die Hand drückte, um ihre Soldaten zu erlösen. Diese Gefühlsregung hatte ich von ihr eigentlich niemals erwartet. Es stand eindeutig fest, dass Du wieder aufwachen würdest. Die Frage war nur, ob heute oder in zwei Tagen. Aber anscheinend ist auch die Meisterin ebenso ein verletzlicher Mensch wie alle anderen auch, auch wenn sie sich nicht so gibt. Es kann mir recht sein, wäre es anders, wäre das wohl eher Grund zur Sorge.
Aber genug von Deiner Freundin, sie bleibt wohl noch auf absehbare Zeit das Mädchen, das sie ist, Du im Gegensatz dazu schuldest mir noch eine Antwort. Warum hast Du Bücher über mich? Ich habe mir ein kleines Spiel ausgedacht: Integra lässt die Wild Geese und Seras zusammen trainieren, während sie mich eher mit einer Mission nacheinander überhäufen wird (gleich geht es in die Alpen aufgrund eines Werwolfrudels, das mir ziemlich Kälte affin scheint). Im Anwesen habe ich das strikte Verbot mit jemand anderem als ihr, Walter oder dem Fräulein Polizistin zu reden und ich darf auch nicht absichtlich Deine Nähe aufsuchen, mich zu Deiner Wohnung oder Deiner Mutter und Schwester begeben. Und natürlich darf ich auch nach Beendigung einer Mission nicht draußen herumspazieren, wenn man von eventuell einem Imbiss absieht. Also finde eine Möglichkeit, mich irgendwo außerhalb Londons abzufangen.
Eine zusätzliche Bemerkung: Unsere geliebte Integra hat das einfach nicht verboten, da sie das für unmöglich hält. Hilfst du mir zu beweisen, dass alles funktioniert, wenn nur ein starker Wille dabei ist?
Ich hoffe stark, dass Du einen Weg findest. Nicht, da die Antwort auf eine solch belanglose Frage mich wirklich reizt, sondern, da ich gerne weiter mit Dir reden will.
Und da Du sicherlich Dich wie vernünftige Mensch fragst, wie dieser Zettel in ein Buch in Deiner Wohnung kommen kann, wenn ich nicht da hineindarf: Das gilt nicht für meine Vertrauten. Deren Gesellschaft empfehle ich Dir aber nicht, ihr Humor ist lausig und der Großteil denkt entweder an die Hitze zwischen den Beinen einer Frau oder an frisches Fleisch. Zu großen Teilen an beides. Hätte ich mir aussuchen können, wie die Seelen nach langer Zeit im dunklen Raum würden, wären sie eher zu kopflosen Marionetten geworden. Aber das geht leider nicht.
Allerdings könnten sie mit etwas Glück bald alle sterben. Da liegt so etwas in der Luft. Der Geruch allein ist schon herrlich.
Nun, das wirst Du sicherlich nicht so begreifen können. Das können schon viele Vampire nicht. Zumindest nicht die, die vernünftig im Kopf sind. Aber Blut, Pulver und Tod liegen schon lange vor einer Schlacht in der Luft und ich hoffe, dass diese hält, was sie verspricht. Und dass Du währenddessen in Sicherheit bist.
Um Dir noch eine Deadline aufzulegen, um wieder zu dem Spiel zurückzukommen, ich bin nicht der Geduldigste, drei Monate maximal. Weißt Du aber, was bei einem Spiel noch dazugehört? Eine Belohnung. Wenn Du mich innerhalb von drei Monaten abpassen kannst, darfst Du Dir alles von mir wünschen, was Du willst.Ein Spiel ... Super, genau das, was sie gerade brauchte, dachte sie sarkastisch und drehte die Lautstärke wieder hoch. Die Weltraumschacht war vorüber und jetzt lief schon der Abspann. Gut, zwanzig Minuten hatte sie ja schon gebraucht, um zu wissen, was jetzt ein e, ein s oder ein f oder ein a war. Zumindest wendete er die heutige Grammatik an.
Seufzend faltete sie wieder den Zettel und überlegte, wohin damit, als ihr noch die vier Worte auffielen, die in eine Ecke auf der Rückseite gekritzelt waren. "Ich glaube an dich", las sie mit einem leichten Grinsen aufgrund der Absurdität, diese Wörter hier wieder zu finden.
Warum auch immer Alucard das Briefpapier benutzt hatte, dass sie anscheinend noch hier hatte... Das könnte sie ihn ja dann fragen.
Alucards Brief mit den Worten ihrer Schwester steckte sie in ihr Portemonnaie auf dem Weg zu ihrem Schlafzimmer als sie sich zur Nacht hinlegte.
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I Believe in You
FanfictionAchtung: Das ist eine Romance Story zwischen Alucard und einem OC. Kritik ist immer erwünscht. Wohin diese Geschichte führen wird, weiß ich noch nicht. Lasst euch überraschen! Es gibt eine besondere Angestellte bei Hellsing. Sie trägt den nicht gera...