Rendezvous

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Am nächsten Tag war Violet so alles andere als bei der Sache.

Das bemerkte auch Walter, nachdem sie das Teewasser hatte überkochen lassen, die Wäsche auf 75 Grad hatte laufen lassen und einige Male fragte, wo denn Rachel war, aber nie auf die Antwort wartete. So nahm er sie besorgt in der Mittagspause beiseite. "Violet, wenn dir die Sache gestern noch zusetzt, kannst du dir heute durchaus auch frei nehmen", bot er an, während er von ihr unbemerkt am Handgelenk ihren Puls fühlte. Zwar war das Tempo völlig normal, doch fühlte er sicherheitshalber noch ihre Temperatur an der Stirn.

Genervt schlug sie seine Hand weg. "Mir geht es gut, Walter. ... Wirklich", setzte sie noch hinzu als er nicht sehr überzeugt schien. "Ich hatte nur nicht den erholsamsten Schlaf. Das ist alles."

Der alte Butler zog die Augenbrauen hoch. "Und warum bist du so neben dir? Gibt es dafür einen Grund?"

Sie sah ausweichend zur Seite. "Es ist nichts besonderes. Nur ein Frauenproblem."

"Oh", antwortete Walter leicht dümmlich. Ja, obwohl ihm diese Zeit von Frauen ausreichend bekannt war, fiel ihm immer noch nichts besseres ein.

"Hey, ist doch nichts schlimmes." Sie klopfte ihm beschwichtigend auf die Schulter, so als wäre er derjenige mit Unterleibsschmerzen. Außerdem war das ja nicht der einzige Grund, warum sie so verpeilt war. Auch wenn sich ihre Periode wiedermal den ungünstigsten Zeitpunkt ausgesucht hatten, immerhin hatten die Unterleibsschmerzen mittlerweile soweit wieder nachgelassen, aber die Nacht war furchtbar gewesen.

"Ja", antwortete er ausweichend. "Also, bis dann..." So ließ er sie stehen und lief kopfschüttelnd weg. Die Jugend von heute.

Wenn er nur wüsste, wann Integra und ich das immer als Mittel benutzt haben, um ihn zu verscheuchen..., grinste sie in sich hinein. Apropos Integra... Sie hatten ja noch ein Date.

In Windeseile lief sie die Treppe hoch zu dem Büro ihrer Freundin die fragenden Blicke der anderen Angestellten auf den Fluren ignorierend. "Hey, Tegra!", platzte einfach durch die Tür, wurde aber augenblicklich still, als sie sah, dass diese am telefonieren war.

"Aha, du meinst also das würde es rechtfertigen? ... Nein, natürlich tut es das nicht! ... Spiel nicht den Dummen, Alucard! Egal wie viele Gehirnzellen du nur noch hast, dass lass ich mir nicht bieten! ... Natürlich bin ich verärgert! ... Was fällt dir eigentlich ein-? ... Du kommst jetzt sofort zurück! ... Nein, keine Widerrede! Das ist ein Befehl, also befolge ihn!" Genervt warf sie den Hörer zurück in die Halterung und nahm schnaubend auf ihrem Stuhl platz. "Er wird irgendwann noch den Bogen überspannen", prophezeite sie und sah jetzt erst zu ihrer Freundin. "Freut mich, dass du es nicht vergessen hast." Sie erwiderte das Grinsen, das sich auf Vios Gesicht geschlichen hatte.

"Als würde ich die erste feste Verabredung seit einem halben Jahr mit dir vergessen!" So etwas wie vergessen hatte sie sie schon. Wenn auch nicht wirklich. Sie war nur etwas in den Hintergrund gerückt.

"Dann gehen wir dich wohl erst mal umziehen", bedeutete Integra mit einem kritischen Blick auf Violets Sweater. "Die Jeans kann bleiben, aber ein anderes Oberteil brauchst du wirklich, wenn du mit mir essen gehen willst."

"Oh ja, die eiserne Jungfrau hat Klasse", kam die spielerische Bemerkung, worauf die Blonde wie ein Kind schmollend den Mund verzog.

"Du weißt doch, wie sehr ich diesen Spitznamen hasse!", erwiderte sie gespielt beleidigt, was zu einem Lachkrampf für beide führte. Die Momente waren selten, an denen sie noch wie Kinder sein durften und nicht durch Regeln und Erwartungen in ihre Rollen gepresst wurden.


In dem Schlafzimmer von Integra hatte Violet wegen etwaigen Übernachtungsbesuchen noch eine Kommode für sich alleine, aus der sie jetzt drei Blusen herausholte. "Was meinst du?" Fragend hielt sie sie Integra hin, die alle über ihre Brille hinweg kritisch musterte.

I Believe in YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt