(Trigger-Warnung: Erwähnung von Suizid, Abschnitte fett-kursiv gekennzeichnet.)
Es ist sieben Uhr neununddreißig. Einundzwanzig Minuten, bevor es losgeht.
Es ist der erste von elf angesetzten Verhandlungstagen.
Am ersten Tag sind noch keine Zeugen nötig, jedoch wären sie das auch so nicht gewesen, wie der Richter, aufgrund seines Unwohlseins, seiner Überforderung und seiner Verwirrung gewitzt zum Abschluss sagen wird.
Der Saal wirkt leer, doch trotzdem klaustrophobisch erdrückend. Vielleicht liegt es an den weißen Wänden, die immer näher zu kommen scheinen, an der Anspannung und Nervosität, die im Saal liegt.
Der Richter wirkt zwar gelassen, jedoch weiß er noch nicht, was auf ihn zukommen wird, wie sehr man von Worten überrollt werden kann.
Der Protokollführer ist tief in sich gekehrt, wirkt wie jemand von der stillen, ernsten Sorte. Er hat bestimmt schon von vielen Verbrechen gehört, sicherlich lässt ihn mittlerweile alles kalt.
Zwei psychologische Gutachter, einer links von der Staatsanwaltschaft, einer rechts. Eine von ihnen ist weiblich, sieht aus, als könnte sie alles rein logisch erklären, so klischeehaft, wie sie da mit streng nach hinten gebundenem Zopf und Brille sitzt und am Ausschnitt ihrer Bluse rumzupft. Das Geschlecht des anderen Gutachters ist nur schwer erkennbar, aber diese Person macht einen freundlicheren Eindruck als der Rest der Anwesenden.
Links vom Tisch sitzen eine Frau mit hellbraunem Haar, dessen Hände so sehr zittern, dass ihre Fingernägel ein leises, klackerndes Geräusch auf dem Tisch machen. Neben ihr sitzt ein Erwachsener Mann mittleren Alters, dessen Augen nichts als Hass, aber auch innere Leere ausstrahlen. Sonst sitzt niemand in der Kläger-Partei, denn das Opfer selbst beruft sich auf seine Schweigepflicht und möchte nicht mit dem Täter in einem Raum sitzen.
Der Täter selbst sitzt, ganz allein, auf der rechten Seite des Saals, kippelt lässig und scheint das Ganze nicht ernst zu nehmen. Vermutlich wäre es ihm sogar egal, wenn er für seine Taten gehenkt würde- der Tod wäre sicherlich auch der schnellere Strafvollzug.
Ein paar Sekunden vor acht Uhr. Das Gewusel vorne hört nun gänzlich auf, alle sitzen und keiner bewegt sich mehr. Selbst alle vier Stuhlbeine des Angeklagten stehen nun auf dem Boden.
Es wird nicht lange um den heißen Brei geredet, bis der Richter schließlich die Anklage verliest.
''Hiermit verlese ich die Anklage in der Strafsache gegen Tendou Satori, geboren am zwanzigsten Mai neunzehnhundertfünfundneunzig, geborener Japaner, japanischer Staatsangehöriger und wohnhaft...'', seine Adresse wird genannt.
''Die Staatsanwaltschaft legt aufgrund ihrer Ermittlungen dem Angeschuldigten folgenden Sachverhalt zur Last:
Am fünfundzwanzigsten Mai zweitausendneunzehn legte der damals Vierundzwanzigjährige ein Feuer auf dem Grundstück von Utsui Takashi, während eben Genannter im Ausland arbeitete. Eine Kamera konnte das Videomaterial sichern und nach genauster Analyse konnte Tendou Satori identifiziert werden, war jedoch nach der Tat nicht auffindbar. Auf dem Videomaterial ist die Flucht über die anliegende Weide in den Wald zu erkennen. Der Brand wurde jedoch sehr schnell vom Nachbarn Okato Tsuhate bemerkt und konnte bekämpft werden.
In den darauffolgenden Stunden zwischen der Tat und der nächsten, dessen er angeklagt wird, wird der Angeklagte nicht mehr auffällig, jedoch ist er, trotz schlechter Kameraqualität, gegen dreiundzwanzig Uhr vor der Hausnummer zweiundvierzig, dem Grundstück des Opfers Ushijima Wakatoshi und seiner Ehefrau Kishiki Kunori, zu erkennen. Bei sich trägt er einen Kanister gefüllt mit Acetaldehyd, den er auf der Fensterbank des Angrenzenden Badezimmers abstellt. Nach Eintritt in das Haus des Opfers ist der Grund, weshalb es zur Tat kam, noch unbekannt.