Der Rest der Nacht verlief in ungewohnt angespanntem Schweigen.
Kein einziges Mal kam James mehr auf die Sache mit dem Heimfahren zu sprechen – genau genommen sprach er insgesamt nur das Nötigste mit mir, wirkte zudem zerstreut und weitaus mehr als einmal erwischte ich ihn dabei, wie er mich über die geringe Entfernung innerhalb der Bar hinweg nachdenklich musterte.
Rod war nach einiger Zeit wieder mitsamt seinem Handy an die Bar zurückgekehrt, hatte in aller Seelenruhe noch ein Bier geschlürft und mich dabei weiterhin auf so schmierige Weise angemacht, dass ich an einem Punkt kurz davor gewesen war, ihm schlicht und ergreifend eine zu klatschen, verdächtige Person hin oder her.
James hatte das Ganze von seiner eigenen Position aus mit Adleraugen verfolgt und sichtlich mit den Zähnen geknirscht, hatte sich aber nicht mehr eingemischt. Entweder hatte er also begriffen, dass ich mit notgeilen Kriminellen gut alleine zurechtkam, oder Rod hatte ihm zuvor irgendetwas gesteckt, das ihn nun davon abhielt, erneut eine Diskussion anzuzetteln.
Was auch immer abging, von dem ich nichts mitbekam, schien Rod es in vollen Zügen zu genießen, James anpissen zu können, wann immer er mir scheinbar zufällig eine Hand auf den Arm legte, mir unverhohlen auf den Hintern starrte oder mir zuzwinkerte.
Der Typ war einfach ekelhaft.
Es passte zu ihm, in Liam Paynes Drogengeschäfte verwickelt zu sein und Angst und Schrecken unter den Leuten zu verbreiten, die freiwillig oder unfreiwillig dazu verdammt waren, Teil der Sache zu sein.
Ganz im Gegensatz zu James, der heute Nacht zwar einen verschlossenen, wenn nicht sogar verstörten Eindruck machte, für gewöhnlich aber die Sanftmütigkeit in Person war. James gehörte definitiv zu jenen Beteiligten, die gegen ihren Willen mitspielen mussten. Anders konnte ich mir die Rollenverteilung nicht vorstellen.
„Wonach suchst du denn?"
Ich zuckte zusammen, als hinter mir James' Stimme erklang, und als ich mich umdrehte, realisierte ich, dass er wohl schon seit einiger Zeit mit verschränkten Armen an der Tür des Personalraums gestanden und mich beobachtet haben musste.
Er wirkte besänftigter, nicht mehr ganz so aufgewühlt wie zuvor, doch noch immer strahlte er etwas aus, das mich unruhig werden ließ.
Sein normalerweise so sorgfältig frisiertes braunes Haar war inzwischen komplett formlos und an den Ansätzen völlig verschwitzt. Einzelne Strähnen davon standen in alle Richtungen ab oder fielen ihm in die Augen und ließen ihn wirken, als hätte er eben einen Spaziergang durch einen Orkan hinter sich gebracht.
Für einen kurzen Moment musste ich tatsächlich innehalten, um sein äußeres Erscheinungsbild in seiner Gesamtheit in mich aufzunehmen, und war vollkommen hilflos, als mir prompt das Blut in die Wangen schoss.
Ich konnte es nicht leugnen.
Auch wenn James im Augenblick sichtlich mit Erschöpfung und sicherlich noch ganz anderen Dingen zu kämpfen hatte, war er auch mit den verschwitzten Haaren und dem zerknitterten LP-Shirt so attraktiv, dass ich vor Ehrfurcht in die Knie hätte gehen können.
Dieser Mann machte mich schwach.
„Ähm ... nichts Besonderes." Verlegen richtete ich mich auf und zog instinktiv meine Klamotten zurecht, als ich James' Blick auf mir brennen spürte.
Ich hatte mich bereits umgezogen und mir meinen eigenen dunkelblauen Hoodie übergeworfen, nachdem mein LP-Oberteil praktisch von oben bis unten mit Bier und anderen Drinks bekleckert gewesen war, und mich dann direkt auf die Suche nach meinem Handy gemacht.
Harry saß sicherlich wie auf heißen Kohlen, endlich die neueste Lage mit mir besprechen zu können, ungeachtet dessen, dass es in aller Herrgottsfrühe war. Es wurde Zeit, ihn endlich zu kontaktieren, nachdem ich das während der Schicht schon ständig versäumt und ihn damit vermutlich ordentlich verärgert hatte.
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Undercover (Niam)
FanficNiall Horan, frischer Absolvent der Polizeiakademie, wird undercover als Barkeeper in den LP-Club eingeschleust, um gegen Geschäfte der organisierten Kriminalität zu ermitteln. Insbesondere Liam Payne als Clubeigentümer und Hauptverdächtigen soll er...