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Er hatte getroffen.

Schock ließ mein Herz einen Schlag aussetzen, dicht gefolgt von lähmender Fassungslosigkeit und Unglauben.

Und das alles, obwohl mir von vornherein klar sein hätte müssen, wie verschwindend gering die Wahrscheinlichkeit gewesen war, unverletzt aus einem solchen Kampf kommen. Einem Kampf, in dem es ums nackte Überleben ging.

Das Brennen in meiner linken Seite war unmenschlich und schlimmer als alles andere, was ich jemals verspürt hatte. Tränen drohten aus meinen halb zugekniffenen Augenlidern hervorzuquellen, als ich mich in all meiner verbliebenen Verbissenheit darum mühte, meinen Körper vor weiteren Hieben abzuschirmen.

Mein Kopf war komplett irre, mein Verstand ein bedrohliches Karussell aus flimmernden und gleichzeitig merkwürdig zähen, verschmierten Blinklichtern, die in mir das Bedürfnis erweckten, mich einfach zu einer Kugel zusammenzurollen, zu heulen und die Welt um mich herum auszuschalten.

Es tat so weh.

Vielleicht sollte ich einfach aufgeben und mich erschießen lassen. Jetzt, wo ich einen Messerhieb abbekommen hatte, hatte ich immerhin sowieso keine Chance mehr, richtig?

Bei dieser Erkenntnis geriet mein Herzschlag erneut ins Stocken. Ich hatte verloren. Vielleicht-...

„HEY!"

Ich zuckte zusammen.

Die Stimme, die nun das dämmrige Halbdunkel durchschnitt, war herrisch, viel zu laut und ich selbst natürlich nicht im Ansatz in der Lage dazu, sie einer Person zuzuordnen.

Dennoch kam sie mir unfassbar bekannt vor.

„Waffe weg! Auf den Boden und die Hände hinter den Kopf!" Eine kurze Pause trat ein, gefolgt von einem dumpfen Geräusch, als hätte jemand einen Faustschlag kassiert. „Auf den BODEN!"

Am Rande meiner schwimmenden Wahrnehmung registrierte ich, wie Kahlkopf innehielt, sodass auch ich meine Verteidigungshaltung, die mir inzwischen in Fleisch und Blut übergegangen war, zu unterbrechen wagte.

Reflexartig wollte ich mich aufsetzen, um einen Blick auf den Neuankömmling zu erhaschen, um zu sehen, mit welcher Seite ich es nun zu tun hatte, doch mein Körper protestierte mit kreischendem Schmerz, als ich die entsprechenden Muskelgruppen anzuspannen versuchte.

Schweratmend presste ich die Stirn gegen den nasskalten Boden, verbissen darum bemüht, mich irgendwie unter Kontrolle zu bringen.

Der Kies knirschte, als sich uns mehrere Personen zu nähern begannen.

Nur schemenhaft konnte ich die Silhouetten ausmachen, beim besten Willen nicht gut genug, um irgendjemanden zu identifizieren, doch als einen Augenblick später Kahlkopf endgültig wie von der Tarantel gestochen aufsprang, um einen Sprint hinzulegen, ahnte ich schon, um wen es sich handeln könnte.

Die Schritte, die auf mich zukamen, beschleunigten sich merkbar, bevor sie direkt neben mir zu einem Halt kamen, wo ich auf dem Boden kauerte und noch immer versuchte, zu Atem zu kommen.

„Niall?" Sanfte, wenn auch eiskalte Hände berührten mich an der Schulter, dann an der Wange und an der Schläfe. „Niall. Hey. Kannst du mich hören?"

Ein gequältes Geräusch war alles, was ich zustande brachte, doch die erleichterte Hoffnung, die mich nun durchflutete, war schlichtweg beispiellos. Natürlich kannte ich diese Stimme. Sie gehörte zu Harry.

Meine Kollegen waren hier. Meine echten Kollegen.

Harrys abtastende Hand wanderte an meiner Seite hinab, bis sie an der schmerzenden Stelle angelangt war, wo Kahlkopf mit der Klinge getroffen hatte, um dann sanft die Verschränkung meiner Arme zu lösen, die ich instinktiv fest um den Körper geschlungen hielt.

Undercover (Niam)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt