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Schlagartig wurde mein Mund trocken, während ich mich wie in Zeitlupe von meiner auf dem Boden knienden Position erhob. Die Jacke, in deren Taschen ich bis eben noch gewühlt hatte, entglitt meinem Griff und ging mit leisem, kaum hörbarem Rascheln zu Boden.

Er hatte meine Dienstwaffe. Er hatte meine verdammte Dienstwaffe.

Wie hatte das passieren können? Wann hatte er sie an sich genommen? Wie-...

Im nächsten Moment hätte ich mich für diese Fragen am liebsten selbst geohrfeigt.

Liam hatte in den vergangenen zehn Stunden unzählige Gelegenheiten gehabt, sich durch meine Sachen zu wühlen.

Noch dazu war er heute vor mir aufgewacht, während ich Dumpfbacke noch geschlafen hatte wie ein Stein, mit einer Alarmbereitschaft weit unter der Nulllinie. Mit meinem willigen Verhalten und meinem blinden Vertrauen hatte ich ihn praktisch dazu aufgefordert, seinen Vorteil aus der Situation zu ziehen.

Liam Payne war aller Wahrscheinlichkeit nach einer der am brutalsten agierenden Dealer der Stadt. Natürlich schreckte er nicht davor zurück, mit einem naiven, berufsbeginnenden Polizisten sein Spielchen zu treiben, ihm Gefühle vorzugaukeln und sich ihn als krönenden Abschluss ins Bett zu holen, um sich dabei gleich noch seine Waffe zu sichern und den Kontakt zu seinen Kollegen zu blockieren.

Und vermutlich auch, um nebenher selbst noch ein bisschen seinen Spaß an der Sache zu haben.

Das war also alles, was ich für ihn gewesen war? Ein Mittel zum Zweck? Ein Spiel? Ein wenig Spaß?

Meine Kehle war inzwischen so eng, dass ich das Gefühl hatte, jeden Moment ohne jegliche Fremdeinwirkung einen Erstickungstod sterben zu müssen.

Ich hatte ihm vertraut.

Fuck. Nicht nur das.

Ich hatte mich in ihn verliebt.

In einen gesuchten Kriminellen, der mich nur ausgenutzt und bewusst an der kurzen Leine gehalten hatte und mich nun vermutlich töten würde.

Mit meiner eigenen Dienstwaffe.

Die Konstellation der Dinge war so grotesk, dass sie durchaus witzig hätte sein können, wäre sie nicht so schrecklich real und noch dazu nicht ich derjenige, der nun sämtliche Konsequenzen zu spüren bekam.

Blind blinzelte ich die Tränen der Wut fort, die mir zu meinem Frust binnen Sekunden in die Augen gestiegen waren und nun mein Sichtfeld zu einem bunten Mix aus Farben und Formen verschwimmen ließen.

Auf keinen Fall würde ich nun vor ihm heulen und ihm damit zeigen, wie tief der Einschnitt war, wie verdammt groß sein Erfolg dazu gewesen war, mich zu verletzen. Das würde seine Genugtuung und seinen Triumph nur noch zusätzlich schüren, zusammen mit seinem Ego.

Liam war unterdessen noch einen Schritt nähergekommen, nach außen hin gänzlich gedankenverloren, doch mir entging nicht, mit welch sicheren, geübten Bewegungen er am Magazin der Glock friemelte. Es war nur zu offensichtlich, dass sich seine Erfahrung mit Schusswaffen nicht in Grenzen hielt.

Natürlich tat sie das nicht.

Das hier war Liam Payne.

Natürlich wusste er mit Schusswaffen umzugehen, nachdem er aller Wahrscheinlichkeit nach schon mehreren Menschenleben mit einer solchen ein Ende gesetzt hatte. Und im Moment deutete alles darauf hin, dass ich das nächste Opfer sein würde.

Unwillkürlich wich ich zurück, kam jedoch nicht weit, da die Rückseiten meiner Waden nach nur einem halben Schritt mit der Matratze des mittig im Raum stehenden Betts in Kontakt traten.

Undercover (Niam)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt