„Hey, Babyface, wie lange willst du hier denn noch sitzen?"
Mürrisch sah ich auf, als Louis den Kopf um das Regal herumstreckte, das als Raumteiler fungierte und meinen Schreibtisch vom Rest des Kollektivbüros trennte.
Ich hatte die vergangenen zwei Stunden damit verbracht, mich durch einen Bericht zu beißen und dabei begründet darzustellen, wieso es beim letzten Einsatz nötig gewesen war, einem Zivilisten einen Faustschlag zu versetzen.
Der Kerl hatte einen bewaffneten Überfall auf einen Supermarkt veranstaltet, die Kasse ausgeräumt und, als er die Ankunft der Polizei spitzbekommen hatte, noch dazu eine Angestellte als Geisel genommen – die er jedoch bei der erstbesten Gelegenheit durch Louis ersetzt hatte, nachdem der von einem panischen Kunden über den Haufen gerannt und unabsichtlich seiner Dienstwaffe entledigt worden war.
An der Stelle musste man wohl nicht im Detail ausführen, dass Harry vollkommen am Rad gedreht hatte. Auch wenn sein Verhalten natürlich alles andere als professionell gewesen war, konnte ich es zugegebenermaßen mehr als gut nachvollziehen.
Wie sollte man auch einen kühlen Kopf behalten, wenn jemand dem Menschen, den man liebte, den Lauf einer geladenen Waffe an die Kehle drückte?
Richtig, gar nicht.
Da versagten auch die jahrelang gesammelten Erfahrungen als professioneller Polizeibeamter ganz kläglich. Polizist hin oder her, letztendlich waren wir alle nur Menschen mit Gefühlen und Ängsten. Und dummen Reflexen.
Wie auch immer. Jedenfalls hatte Louis, dieses unvorsichtige, temperamentvolle Stück Scheiße, dem Typen einen saftigen Tritt in die Eier verpasst und dann mit ihm um die Pistole gekämpft, nur um dabei fast selbst einen Schuss in den Bauch zu kassieren.
Als Resultat hatte sich ein entsetzter Harry ins Gerangel gestürzt, sichtlich darum bemüht, sich in aller Professionalität zurückzuhalten und die Gewalt auf ein Minimum zu reduzieren – doch als der Täter dann auch noch eine volle Bierflasche zu fassen bekommen und Louis damit k.o. geschlagen hatte, waren bei Harry alle Drähte durchgebrannt.
Er hatte nur einmal zugeschlagen, aber das mit solcher Inbrunst, dass bei dem Typen sofort alle Lichter ausgegangen waren. Obwohl trotz seiner offensichtlichen Aggressivität keine direkte Notwendigkeit bestanden hatte, weil Taylor und ich bereits kurz davor gewesen waren, ihn zu überwältigen.
Ja.
Eine solche Situation in Kombination mit einer Klage des Täters bedeutete Papierkram und Streit. Sehr viel Papierkram und noch viel mehr Streit, um genau zu sein.
Mit dem Ergebnis, dass Harry nun vorerst suspendiert und Louis wieder einmal in den Innendienst verfrachtet worden war. Die Ehre des Berichts kam aber trotzdem mir zu, weil Louis vorgab, nach dem Schlag mit der Flasche noch immer Kopfschmerzen zu bekommen, wenn er zu lange in einen Bildschirm blickte.
Und als Paul die Augen verdreht, die Aufgabe mir aufgedrückt und sich wieder umgedreht hatte, hatte Louis mich spitzbübisch angegrinst und mir viel Spaß gewünscht, um dann auf seinem Handy Netflix zu öffnen.
Und jetzt hatte dieser kleine Freak nichts Besseres zu tun, als mich Babyface zu nennen und noch dazu wieder einmal meinen Tacker zu klauen. Irgendwann würde sein Karma ihn ganz ordentlich einholen und ich würde danebenstehen und ihn auslachen.
Trotzdem warf ich seufzend die Maus hin, innerlich zu dem Entschluss kommend, nicht auf das Babyface einzugehen. „Tomlinson. Was gibt's?"
Louis warf den Tacker in hohem Bogen von einer Hand in die andere, als wäre er nur darauf aus, mich zu provozieren. Was er wahrscheinlich auch war. „Du hast Besuch."

DU LIEST GERADE
Undercover (Niam)
FanfictionNiall Horan, frischer Absolvent der Polizeiakademie, wird undercover als Barkeeper in den LP-Club eingeschleust, um gegen Geschäfte der organisierten Kriminalität zu ermitteln. Insbesondere Liam Payne als Clubeigentümer und Hauptverdächtigen soll er...