>23<

8 2 0
                                    

Eine Weile noch streichelte Samuel ihren Rücken, während Ellenor sich an ihm festkrallte. „Hey, Sonnenschein. Was ist los?", fragte Samuel besorgt, als Ellenor ruhig war. Ihre Gedanken waren wahrscheinlich noch so wirr, dass er nichts hatte erkennen können. „Vi... Vision", keuchte sie nur und vergrub ihr Gesicht in seinem Hemd. „Du hattest eine Vision? Was hast du gesehen?", fragte Samuel weiter, nun deutlich besorgter. Ellenors Herz schlug indes noch weiter wie Wild in ihrer Brust und sie brauchte noch weitere Momente, um sich zu sammeln. Die leuchtenden Blumen um sie herum nahm sie kaum wahr, konnte sie sich doch kaum auf eine Sache konzentrieren, ohne weiter in Panik auszubrechen. Es fiel ihr so unglaublich schwer. „Ich... Verlobungsring... Ehering... schwanger... gefangen... Folter", brachte sie schließlich doch abgehackt heraus und brach gleich wieder in Tränen aus. „Sieh mich an, Ellenor", flüstere Samuel leise, aber bestimmend. Seine warme Stimme schlug einen ernsten Ton an und dennoch beruhigte sie sie. Die schwarzhaarige folgte seiner Aufforderung. Sobald sie in seine gold-braunen Augen schaute, entkrampfte sich jeder Muskel in ihrem Körper. Langsam entwirrten sich ihre Gedanken und sie nahm ihre Umwelt besser wahr. So auch, dass ihr schrecklich kalt war. Samuel zog sie fester an seine Brust, um sie bestmöglich mit seiner Körperwärme zu wärmen, denn es waren weder Jacke noch Decke vorhanden. Während sie ihren Kopf an seine Brust bettete, schaute die Seherin weiterhin in sein markantes Gesicht. Sie konnte förmlich sehen, wie es in seinem Kopf arbeitete und er fieberhaft nach einer Lösung oder Erklärung suchte. Das, was sie gesehen hatte, machte ihn nachdenklich. Vielleicht überforderte es ihn genauso, wie sie. Doch im Moment war ihr wichtiger, dass sie bei ihm war. In Sicherheit. „Ach Sonnenschein", murmelte Samuel da leise in ihr Ohr. „Alles Gute zum Geburtstag" Ellenor errötete leicht und versteckte ihren Kopf an seiner Schulter. Er lachte. Dieses unglaubliche Lachen, welches jedwede Sorgen vertrieb und ihr wundervolle Schauer über ihren Rücken jagen ließ. „Und zu dem Verlobungsring" Sie sah ihn gespannt an. „War es vielleicht dieser hier?" Samuel hielt ihr einen feinen goldenen Ring mit einem weißen Edelstein unter die Nase. Ellenor sog tief Luft ein und ihr Herz setzte einige Takte aus, bevor es doppelt so schnell weiterschlug. Wie mechanisch nickte sie. Vorsichtig nahm Samuel ihre Hand, als würde er sie nicht verschrecken wollen, und steckte den Ring an ihren Finger. Fast fiel sie in Ohnmacht, weil sie vergas zu atmen. Samuel grinste und hauchte einen Kuss auf ihren Finger. Doch das reichte der schwarzhaarigen nicht und so vereinigte sie seine Lippen mit ihren und genoss den Geschmack seiner samtigen Lippen. Sofort erwiderte Samuel ihren Kuss und vertiefte ihn. Sie klebten so fest aneinander, als wären sie eins. Kein Blatt hätte mehr zwischen sie beide gepasst. Dieser Kuss verursachte ein Feuerwerk in ihr, so wie es jeder seiner Küsse tat. Sie kam sich schutzlos und nackt, aber dennoch geborgen und sicher vor. Schwer atmend lösten sie sich voneinander. Ellenor hielt sich an ihm fest, um ja nicht umzukippen und er drückte sie fester an sich. Sie genoss die Ruhe, die Wärme und dennoch schwirrte ihr noch eine Frage durch den Kopf. Wie sollte sie ihre Mutter davon überzeugen, dass sie nicht erfahren durfte, mit wem Ellenor sich soeben verlobt hatte? Bestimmt würde ihnen noch eine Lösung einfallen. Ganz sicher.

Ellenor tat tiefe und ruhige Atemzüge, während sie Samuels angenehmen Geruch in sich aufnahm. „Du willst mich also wirklich heiraten", kicherte sie leise und schmiegte sich fester an ihn. Er strich ihr sanft durch das schwarze Haar. „Selbstverständlich. Wenn nicht dich, dann keine", er küsste sie unter dem Ohr. „Aber über ‚schwanger' müssen wir nochmal reden." Verwirrt sah Ellenor ihn an. „Warum?", fragte sie ruhig und hoffte inständig, dass er nichts gegen kleine süße Babys hatte. „Weil du noch eindeutig zu jung für ‚kleine süße Babys' bist." Einmal mehr erinnerte er sie daran, wie gut er über ihre Gedanken bescheid wusste. „Werden wir noch sehn", dachte Ellenor, um ihm zu signalisieren, dass sie keineswegs so dumm war, zu vergessen, was er konnte. „In hundert Jahren vielleicht", antwortete Samuel. Hundert Jahre? Wie stellte er sich das vor? Sie war ein Mensch. Ellenor spürte, wie Samuels Muskeln sich plötzlich anspannten. „Genaugenommen bist du eine Seherin. Und es könnte durchaus möglich sein, dass deine Gabe Unsterblichkeit ist", knurrte er beinahe schon. Ellenor setzte dies auf eine Liste von Themen, die sie in seiner Gegenwart lieber nicht ansprach. Beruhigend, hoffte sie zumindest, strich sie ihm über die Brust und vermied darüber nachzudenken, warum er so reagiert hatte. Seine Muskeln entspannten sich tatsächlich wieder und er vergrub sein Gesicht in ihrer Halsbeuge. Sein heißer Atem schlug gegen ihren Hals und es begann einmal mehr in ihrem ganzen Körper zu kribbeln. Sie holte tief Luft und beinahe hätten ihre Beine unter ihr nachgegeben. Sie schlang die Arme fest um Samuel. „Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt", murmelte sie leise und zittrig gegen seine Brust. Ihre Muskeln spannten sich hoffnungsvoll an, als sie auf seine Reaktion wartete. Seine Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Er drückte sie leicht von sich und presste seine Lippen auf ihre. Es war als wäre sie unter Wasser und er war das Einzige, was sie vor dem Umkippen bewahrte. Sie presste ihre Lippen ebenfalls gegen seine. Es war ein wilder, stürmischer Kuss, aber er war nicht weniger intensiv oder gefühlvoll. Über diesen Kuss vermittelte er ihr seine Gefühle und die Seherin spürte, dass ihre Liebe keineswegs unerwidert war. Dieser Kuss stärkte ihre Beziehung, egal wie absurd es klang, ungemein und Ellenor hoffte, dass sie noch viele solcher Küsse erleben konnte. Denn es war das schönste Gefühl der Welt.

The Curse / pausiertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt