Der Regen umschmeichelte Ellenors Kleid und drückte es fest an ihren Körper, sodass man ihre zierlich, weibkiche Figur gut erkennen konnte. Der letzte Regen war noch nicht lange her, doch sie vermisste ihn in jeder Sekunde, in der er nicht da war. Sie drehte sich um die eigene Achse und atmete die frische Luft tief ein. Sie roch so wunderbar. Entspannt ging sie in die Richtung ihres Hauses und kicherte hin und wieder. Das einzig gute in diesem Dorf war, dass es fast nur regnete.
Die meisten Leute sahen das als Botschaft der Trauer an und mochten den Regen nicht. Er stimmte sie traurig. Aber Ellenor sah das ganze Leben in ihm oder auch, welches er erschuf. Regen war nicht schlecht. Er war gut. Die Leute sollten den Regen lieber mögen, schließlich nutzten sie alle sein Wasser. Er half ihnen und dennoch hassten sie ihn. Ellenor verstand das nicht. Aber das war egal. Der Regen würde bleiben und damit war das Thema genau genommen schon erledigt. Letztendlich lies er sich nicht abstellen und so mussten die Menschen mit ihm Leben. Ellenor lächelte. Manchmal waren sie einfach dumm. Aber sie konnten ja nichts dafür.
Ihr Lächeln erlosch. Niemand erklärte ihnen, was es mit dem Regen und dem, was er tat, auf sich hatte. Sie waren die Sklaven ihres eigenen Körpers und Verstandes. Sie schüttelte den Kopf. Hoffentlich würde sich das irgendwann noch ändern. Aber wirklich daran glauben tat sie nicht. Ihre Mutter und die Reichen waren einfach zu egoistisch, um ihr Wissen zu teilen. Ihre Hoffnungen würden wie Gläser mit Wasser einfach zersplittern und alles überschwemmen. Den Schmerz wollte sie sich lieber sparen, stattdessen machte sie sich erst keine Hoffnungen. Es war besser so. Für alle.Langsam fing Ellenor an zu zittern und sie bereute, dass sie keinen Mantel mitgenommen hatte. Der Regen war zwar sehr schön, dennoch blies der Wind ihr entgegen und mit durchnässter Kleidung war das wirklich mehr als nur kalt. Sie seufzte. Warum lernte sie eigentlich nie aus diesem Fehler? Diese Lehre war eine solche Nichtigkeit. Sie musste sich nur einen Mantel oder Umhang mitnehmen. Aber keine Nichtigkeit, waren die Konsequenzen, die nach dem Missachten der Lehre folgen würden. Sie könnte durch ihre Vergesslichkeit oder Unfähigkeit um ihr Leben kommen! Und das war der Regen eindeutig nicht wert.
Schnell öffnete Ellenor die Tür und eine Welle der Wärme rollte ihr entgegen. Sie beeilte sich ins Haus zu kommen. „Du hast schon zum wiederholten Male deinen Mantel vergessen, Liebes. Bitte erwache demnächst aus deinem gedankliche Schlummer, bevor du unser Haus verlässt. Es würde dir einen Vorteil erbringen und mir meinen Gram ersparen. Also tu mir dieses Labsal." sprach ihre Mutter sogleich das aus, was Ellenor sich selbst gerügt hatte, während ihre Mutter sie in ihr Zimmer zog und die Schnürung öffnete. „Jetzt zieh' dich erst einmal um, damit du nicht erfrierst." Cassie strich sich eine graue Strähne hinter ihr Ohr und schaute ihre Tochter mahnend an. Ellenor entgegnete ihr mit einem sanftem Lächeln und nickte einmal, bevor sie sich den Stoff des Kleides vom Körper strich. Sie war es gewohnt, dass ihre Mutter sich sorgte und sie empfand es auch nicht als Freveltat. Nein, es gab ihr das Gefühl von Liebe, was, von der Besorgnis ausgenommen, ihre Mutter oft hinten an stellte. Liebe war für ihre Mutter, seit dem Tod von Ellenors Vater, nur noch schmerzhaft. Ihre Mutter sprach auch nie über ihn. Ellenor kannte noch nicht einmal seinen Namen. Leider konnte sie dies nicht ändern. So gerne würde Ellenor den Schmerz ihrer Mutter lindern, doch immer, wenn sie in Ellenors Augen schaute, sah ihre Mutter ihren toten Mann. Ellenor hatte schon oft überlegt, wie sie das ändern könnte, aber nie war ihr eine Lösung eingefallen. Und das ärgerte sie zutiefst. Jede Möglichkeit, von der sie erfuhr, würde sie nutzen, um ihrer Mutter zu helfen. Das hatte sie sich schon oft geschworen und an diesem Schwur würde sich auch nichts ändern.
Schnell tapste Ellenor zu ihrem Schrank und suchte sich ein Kleid heraus, welches sie zügig wieder anzog. Ihre Mutter schnürte es. „Nun, mein Kind, es gibt noch etwas worüber wir reden müssen." Ellenor zog ihre Augenbrauen hoch und schaute ihre Mutter neugierig an. „Es wäre schön, wenn du meinen Langmut nicht länger auf die Probe stellen würdest, Mutter." erwiderte Ellenor und drehte sich nun vollständig zu ihrer Mutter um. „Du weißt, dass du in zwei Tage Geburtstag hast." Ellenor hob eine Augenbraue und blickte in das ernste Gesicht ihrer Mutter. „Worauf möchtest du hinaus, Mutter?" Cassie holte tief Luft und blickte Ellenor fest in die Augen. „Du musst dir einen Mann suchen, Ellenor." erschrocken ging Ellenor einen Schritt zurück und holte tief Luft. „Ist es dein Wusch, dass ich mich vermähle?" fragte Ellenor heißer. Ihre Mutter legte den Kopf leicht schräg und taxierte Ellenor mit Ausdruckslosem Gesicht. Sie verschränkte die Arme. „Natürlich ist es das." beantwortete Ellenor sich die frage selbst. Wie hatte sie auch Vergessen können, dass sie mit 19 Jahren Bürgermeisterin werden würde und sich dementsprechend schon früher vermählen musste.
Aber sie wollte das nicht! Es gab niemandem im Dorf, der ihre Aufmerksamkeit so auf sich zog, der ihr Schmetterlinge durch den Bauch jagte und sie zu Lächeln brachte, obwohl sie traurig war. Tränen stiegen Ellenor in die Augen. Sie würde so enden, wie sie es niemals gewollt hatte. Einsam und misshandelt von ihrem eigenen Gemahl. Nein, es sollte nicht so enden. Es sollte so enden, wie in den vielen Liebesgeschichten. Bis ans Ende ihrer Tage... Das wollte Ellenor, aber das würde sie nicht bekommen. Sie war die Einzige, die so unter Druck gesetzt wurde. Dabei wollte sie sich mit niemandem vermählen. Sie wollte l i e b e n und geliebt werden. Für immer und ewig. Aber sie würde das nicht bekommen. Sie würde niemals den Einen treffen. Die Tränen liefen Ellenor in Bächen von den Wangen und sie fühlte sich seltsam allein. Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals. Sie sah schon die blauen Flecke auf ihren Armen und dem Rest ihres Körpers. Für immer und ewig.Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen. Hinterlasst gerne einen Vote und einen Kommentar.
LG Bensheegirl.
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The Curse / pausiert
ParanormalSeit hunderten von Jahren verflucht, liegt tief im Wald ein Dorf. Ein Traum und eine Begegnung sind der Anfang ihn zu brechen. Ein Hoffnungsschimmer, ein Mädchen, könnte die Erlösung des Dorfes oder die vollkommene Vernichtung bedeuten. Doch was pas...