Kapitel 14

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Erneut drang ein Brechen von Ästen durch das Unterholz, doch diesmal war es um einiges näher. Nicht wissend, ob ich wieder loslaufen oder mich mich lieber auf dem Boden zusammenkauern sollte, blieb ich erstarrt stehen und versuchte irgendeine Gestalt in der Nähe auszumachen. Es war, als würde ein Blinder nach Licht in seiner absoluten Dunkelheit suchen, welches er aber nicht finden würde. Verzweifelt kniff ich die Augen zusammen und drehte mich hektisch um.

Die bisherigen rotgoldenen Strahlen der sterbenden Sonne, waren den kalten silbrigen des Mondes gewichen. Ein Schauer lief mir den Rücken herunter und ließ seine eisigen Hände ebenfalls über meine Arme gleiten. Immer noch war das Einzige, was ich ausmachen konnte das Sausen des Windes, der um die Baumstämme und Blätter strich, die nun ebenfalls in ein dunkelblau getaucht waren.

Nur das stetige Rascheln von Laub übertönte das Säuseln und drohte mich in den Wahnsinn zu treiben. Unbeholfen stolperte ich zurück und prallte prompt gegen etwas gegen.

Ein Aufschrei erstarb in meiner Kehle und ich wandte mich dem Zusammenbruch nah um. Mit einem zittrigen Seufzer bemerkte ich, dass es bloß einer von vielen Baumstämmen war, dessen dürren Äste unheimlich auf und ab schwangen.

Erst jetzt fiel mir auf, dass das Rascheln verklungen und stattdessen einer knisternde Stille gewichen war. Verängstigt presste ich meinen Rücken gegen das Holz und ließ meinen Blick panisch hin und her flitzen - versucht, jede noch so kleinste Bewegung wahrzunehmen. Meine Finger krallten sich in die unebene Rinde, als ich einen Laut vernahm und mein Herz erhöhte seine Frequenz um mehrere Schläge.

"Hallo?" Meine Stimme war nur ein verängstigtes Zittern und wurde mit der nächsten Windböe verweht. Ich schluckte einmal. Meine Hände, wie meine Stirn, waren von einer feinen Schweißschicht benetzt. "Hallo?!", wiederholte ich mich erneut. Fast schon panisch echote das Wort zwischen den Bäumen. Ich lauschte konzentriert, doch konnte nichts wahrnehmen. Kein Laut. Keine Erwiderung. Kein Rascheln. Stille.

Gerade wollte ich mir innerlich einreden, dass ich mir das hier alles nur einbildete und dieser Wald sich nicht besonders von dem Waldstück unterschied, in dem ich schon zu den spätesten Stunden zusammengekauert vor mich hingesummt hatte, um den Schmerz des Verlustes erträglicher zu machen, als sich plötzlich eine Hand auf meine Schulter legte. Mit Todesangst schrie ich auf und machte einen Satz nach vorne, doch die verfluchten Äste des Baumes, an dem ich mich bis eben noch hilfesuchend geklammert hatte, machte mir einen Strich durch die Rechnung.

Ruckartig wurde mein Kopf nach hinten gerissen und ein dumpfes Stöhnen entwich mir. Panisch rissen meine von der Kälte erstarrten Finger an meinen in den Zweigen verhedderten Haaren, doch konnten nicht viel ausrichten. Beklommen nahm ich war, wie etwas oder jemand hinter mich getreten war. Angsterfüllt kniff ich die Augen zusammen, als ich den heißen Atem im Nacken spürte.

Erneut wurde mein Arm umschlossen. Reflexartig schnellte meine freiliegende Hand auf den Betreffenden zu, doch wurde mühelos abgefangen. Ohne mich dagegen wehren zu können, wurde ich umgedreht, sodass ich der- oder demjenigen ins Gesicht sehen könnte, wenn ich meine Augen öffnen würde.

"Cat?", sprach mich jemand an. Perplex zuckte ich zusammen und blinzelte verwirrt gegen das helle Mondlicht an, um das vom Schatten verdeckte Gesicht identifizieren zu können. "J-", setzte ich an, doch wurde von einer Gegenfrage unterbrochen. "Weinst du?" Die Stimme klang irritiert und erstaunt zugleich und doch bestätigte sie meine Vermutung, was die Identität der vor mir stehenden Person betraf.

Beschämt schnellte meine rechte Hand hoch und wischte immer noch zitternd eine Träne weg, die sich unbemerkt aus meinem Augenwinkel geschlichen und in meinen Wimpern verfangen hatte. "Nein!" Meine Stimme war ungewohnt schrill und zerbrechlich, weshalb ich es auf den skeptischen Blick von Jace nochmal etwas überzeugender von mir gab.

Das Gefühl zu FliegenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt