Kapitel 04

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Mürrisch drückte ich die Eingangstür der Schule auf und trat auf den sonnigen Pausenhof. Schülermengen strömten über ihn und ein Summen, als würde eine Schar Bienen laut brummend ihre Kreise ziehen, breitete sich aus. Langsam schlenderte ich zur unbesetzte Bank unter dem blühenden Weißdorn und ließ mich auf meinen lieb gewonnenen Stammplatz nieder.

Wenigstens gab es einen schönen Platz in diesem Betonklotz von Schule.

Immer noch missgelaunt, aber auch schon um einiges entspannter lehnte ich mich zurück und schloss die Augen. Der Geruch des Frühlings strömte in meine Nase, gemischt mit dem süßen der Weißdornblüten.

Einige Zeit lang lauschte ich dem bunten Treiben und schaltete meine erzürnten Gedanken einfach ab. Jedoch spürte ich plötzlich, wie das Holz der Bank ganz leicht einsackte und sich eine leichte Note von Wald in den Geruch des Frühlings mischte. Fest entschlossen hielt ich weiterhin meine Augen geschlossen und machte keine Anstalt mit ihm in Konversation zu treten. Wenige Minuten verstrichen, doch er blieb immer noch sitzen, was ich durch sein tiefes Ein- und Ausatmen merkte.

"Was willst du?", zischte ich und blickte ihn jetzt erst, gegen das helle Sonnenlicht blinzelnd, an. Genervt überschlug ich meine Beine und verschränkte gleichzeitig meine Arme.

"Oh..., da hat aber jemand gute Laune", witzelte er und starrte mich ebenfalls an. Verärgert schnaubte ich und wandte meinen Blick wieder dem Pausenhof zu.

"An wem, das wohl liegt...", murmelte ich vor mich hin, doch anscheinend so laut, dass er es zu hören schien, denn eine freche Antwort schien er sich nicht zu verkneifen können.

Ruckartig setzte ich mich auf und bedauerte es zu tiefstem, dass es doch keine Laseraugen gab, um ihn in seine kleinsten Bauteile zerlegen zu können. "Hast du nichts besseres zu tun?! Verschwinde einfach! Es ist schon schlimm genug, dass ich mit dir ein Referat über Raketen vorbereiten muss", konterte ich nicht gerade sehr erfolgreich, denn schon wieder drang sein Lachen an meine Ohren.

"Naja... Ich habe dich mir ja nicht als Partner ausgesucht...".

Empört kniff ich meinen Mund zusammen und zerdolchte ihn innerlich mit meinem Blick. Jedoch schien ihn das garnicht zu stören, dass er in meinen Gedanken zerfetzt vor meinen Füßen lag, denn er öffnete seinen verdammten Mund schon wieder zu einem noch unpassenderen Kommentar.

"Ist dir schon einmal aufgefallen, dass deine Ohren rot leuchten, wenn du dich aufregst?", wies er mich hin und freute sich, wie es schien einen Ast ab, als er meine weit aufgerissenen Augen sah, die ihn fassungslos anblickten.

Mit einem wütenden Schrei sprang ich von meinem Platz auf, den ich jetzt wohl knicken konnte und marschierte ohne ihn noch eines weiteren Blickes zu würdigen auf das Gebäude zu. Mein ganzes Blickfeld schien schon einen Hauch Rot angenommen zu haben. Rücksichtslos bahnte ich mir einen Weg durch die auf mich zukommende Traube und erhielt als Dank nur ein paar hinterher gerufene Beleidigungen.

Plötzlich packte mich jemand an der Schulter. Ich schnellte wutentbrannt herum und stolperte beinahe über meine eigenen Füße. Wenn seine Hand nicht noch nach wie vor auf meiner Schulter geruht hätte, würde ich nun wie ein umgekippter Mehlsack Freundlichkeiten mit dem Boden austauschen.

Reflexartig schüttelte ich sie ab und zählte innerlich bis fünf ehe ich ihm meine Predig halb schreiend unter die Nase rieb und danach um eine neutrale Mimik bemüht konzentriert die Augen schloss.

"Ähm ja...", begann Jace leicht von der Spur wieder das Wort zu ergreifen. "Eigentlich wollte ich dich nur noch fragen, wann und wo wir uns wegen dem Physikreferat treffen wollen".

"Treffen?!", schrie ich außer Rolle und verlor mit einem Schlag jegliche Fassung. "Du kannst dich freuen, dass ich dir keine runter haue", wies ich ihn halb blind vor Wut zurecht.

"Davon würde ich dir abraten", meinte er nur gelassen. Zischend atmete ich aus und wollte ihm gerade den Ellenbogen in die Seite rammen, als seine Hand reflexartig vorschnellte und meinen Arm eisern umklammert hielt.

"Wow wow", kam es leicht erschrocken von ihm und er lachte trocken auf. "Ganz ruhig, Killerkatze". Ich warf ihm einen 'Ist-das-dein-Erst-Blick' zu und wandte mich hartnäckig aus seinem Griff, den er provozierend langsam lockerte, bis ich meinen Arm endlich befreit hatte.

"Ich bin für morgen um 15:00 Uhr", kam er auf das Treffen zurück und hielt meinem brodelnden Blick unbeeindruckt stand. Es klingelte zum Pausenende und ich setzte mich immer noch stillschweigend in Bewegung, doch er lief, wie selbstverständlich neben mir her und der Gedanke an diese albernen Pärchen auf dem Pausenhof ließ mich einfach nicht mehr los.

"Meinetwegen auch bei mir", kam er mir entgegen. "Ich weiß noch nicht mal wo du wohnst", blockte ich seinen Vorschlag gereizt ab und nahm aus dem Augenwinkel war, wie ein Schmunzeln seine Mundwinkel umspielte.

"Das können wir gleich ändern...". Irritiert blickte ich ihn an und zog die Tür zum Klassenraum auf. Schon wieder dieser geschockte Blick, der sich von meinen Klassenkameraden auf mich legte. Meine Entscheidung war es jedenfalls nicht gewesen mit diesem... Deppen zusammen durch die Pause zu spazieren.

Schwungvoll ließ mich auf meinem Stuhl nieder und beobachtete ihn unauffällig, wie er einen Stift aus seiner Griffelmappe zog und etwas auf einen Block kritzelte. Mit einem Zwinkern und den Worten: "Jetzt weißt du es", überreichte er ihn mir und lehnte sich entspannt und anscheinend zufrieden mit sich selbst zurück.

Das Gefühl zu FliegenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt