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S O R A Y A

Der stämmige Mann in der Tür trat ein und die Stiefel erzeugten knackende Geräusche auf dem alten Boden.
Valerian und ich blieben still und ich zwang mich dazu nicht zusammen zu zucken, als er sich auf einen Stuhl einige Meter von uns entfernt fallen ließ.
Etwas an diesem Mann machte mich nervös und der seltsame Blick den er uns zuwarf, verstärkte dieses Gefühl.
„Guten Morgen. Willst du ein Bier?", unterbrach ich die Stille etwas unbeholfen und ignorierte die Heiserkeit in meiner Stimme, während ich einen Bierkrug in die Hand nahm.
Die Aura des Mannes wirkte dunkel und bedrohlich, obwohl klares Sonnenlicht auf seine Gestalt fiel.
Gänsehaut breitete sich auf meinen Oberarmen aus, als er den Kopf hob und ich sein Gesicht erkennen konnte
Stürmisch graue Augen blickten mir entgegen, die von dunklen Wimpern umrahmt waren.
Instinktiv flog mein Blick über den Rest seines Gesichts und ich erkannte einen starken Kiefer, hohe Wangenknochen und dunkle Augenbrauen, die sich nachdenklich zusammenzogen.
Doch er antwortete nicht, sondern blähte nur die Nasenflügel auf.
„Hey du! Hast du nicht gehört was sie gesagt hat?",  schnauzte Val ihn an und ich sah überrascht zu meinem Kindheitsfreund, der vollkommen ungerührt weiter sein Bier trank.
In seinem Gesicht und seiner Körperhaltung erkannte ich keinerlei Sorge und Unsicherheit, die in meinem Inneren zu finden waren.
Im Gegenteil.
Valerian schenkte ihm einen letzten abschätzigen Blick und drehte sich dann wieder in meine Richtung.
„Alte Männer können echt unhöflich sein", spottete er augenzwinkernd und trank sein Bier ganz aus.
Mit einem lauten Knall schlug er den Krug auf den Tresen und ich legte irritiert die Stirn in Falten.
Unbewusst wanderte mein Blick wieder zu dem jungen Mann.
Er war vielleicht Vier Jahre älter als wir.
„Alt?", hakte ich nach und mein Gegenüber nickte schulterzuckend.
„Und ungepflegt. Ist echt eklig", fügte er leise hinzu, doch bevor ich darauf etwas erwidern konnte erhob Valerian sich.
„Danke für das Getränk aber ich muss nochmal los. Wir sehen uns heute Abend", verabschiedete er sich und ich öffnete verblüfft den Mund.
War das sein Ernst?
Allerdings schloss ich meinen Mund, als mir klar wurde dass ich ihn wegen eines einfachen Bauchgefühl nicht einfach hierbehalten konnte und sah zu, wie er vollkommen entspannt , die öffnetex
„Wir sehen uns heute Abend", rief er mir über seine Schulter zu und die Tür hinter schlug zu.

Als die Tür ins Schloss fiel, überfiel mich eine irrationale eher Instinktive Panik und ich umfasste das Handtuch in meinen Händen so stark, dass meine Fingerknöchel weiß hervortraten.
Stille legte sich wie eine Decke über den Raum.
Meine Sinne waren aufs äußerste gespannt und eine dunkle Vorahnung nistete sich wie ein Keimling in mir ein, als ich mich zwang wieder zu dem Mann zu sehen.
Er musterte mich ebenfalls, doch er hatte seine Hüfte etwas im sitzen gedreht, sodass ich ein langes Schwert sehen konnte, dass nun im Sonnenlicht glitzerte.
Mein Mund wurde staubtrocken.
Waffen waren verboten und nur erlaubt, wenn man der königlichen Garde Angehörte.
Und ich bezweifelte, dass dieser Mann zu der königlichen Garde gehörte.
Sein Blick folgte meinem und als unsere Blicke sich wieder trafen, glaubte ich etwas wie Unglaube in seinen Augen zu erkennen.
„Du kannst mich sehen"
Das waren die ersten Worte die er an mich richtete und damit zerriss er diese ohrenbetäubende Stille.
Seine Stimme war dunkel und kratzig.
Ich räusperte mich und rang den Drang nieder mich mit einem Bierkrug zu bewaffnen.
„Waffen sind hier verboten", presse ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und verfluchte das Zittern in meiner Stimme.
Ich überlebte Überfälle, konnte mich verteidigen und hatte schon Männer gesehen, die um einiges größer und breiter waren als dieser Typ.
Und trotzdem regte sich etwas in mir, was ich nicht einordnen konnte.
Wurde ich seit gestern paranoid?
„Du kannst mich wirklich sehen", wiederholte er und dem Unglauben in seinen Augen wich einem Gefühl, dass ich nicht einordnen konnte.
Sein Blick wurde hart und unnachgiebig, als er sich erhob.
„Was bist du?", spuckte er aus und auf die attraktiven Gesichtszüge legte sich Zorn.
Jetzt hinderte ich mich selbst nicht mehr daran nach einem Krug zu greifen und ihn bedrohlich über meinen Kopf zu halten.
Adrenalin pumpte sich durch meine Adern und rauschte in meinen Ohren.
War er verrückt?
„Wovon redest du?", fauchte ich und stellte mich hüftbreit auf, jeder Zeit bereit mich zu verteidigen.
Er hielt in seiner Bewegung inne, verengte die Augen zu Schlitzen und dachte gesehen zu haben, wie seine Pupillen schmal wurden wie die einer Echse.
Mein Atem ging stoßweise, als wir uns weiterhin nur ansahen.
Die Luft in dem Raum kam mir ungewöhnlich schwül vor und dann roch ich es.
Der Geruch brannte sich in meine Nasenschleimhäute und ich zuckte heftig zusammen.
Fassungslosigkeit überkam mich.
Es war der Geruch von Rauch und Feuer.

ImmortalsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt