spontaner Stress, Chancen und Flüge.

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Die nächsten Tag besuchten wir immer wieder ihre Familie. Es war ungewohnt einfach und schön. Noch nie hat mich eine Familie so herzlich aufgenommen und hat es wirklich so gemeint. Jedes Mal, wenn wir wieder bei Nicole ankamen, schrieb entweder ihr Vater, Onkel oder Bruder wie großartig ich wäre und dass sie gerne Zeit mit mir verbringen. Manchmal dachte ich kurz daran, dass das nur ein Fiebertraum ist und nicht real.

Ungewohnt früh wachte ich auf, Nicole und Marty schliefen noch und die Sonne hat sich auch noch versteckt. Also schlich ich mich in die Küche, machte Frühstück, kochte Kaffee, stellte alles bereit. Danach huschte ich wieder ins Schlafzimmer, küsste sie vorsichtig wach mit einem Kuss auf die Stirn. Sie lächelte, streckte sich und gähnte kurz bevor sie mich noch verschlafen anblickt.
Ich würde alles dafür geben, jeden Morgen es zu sehen...
„Jedes Mal, wenn du mich weckst, denke ich kurz ich bin im Himmel.", strahlt sie verschlafen, natürlich lege ich mich nochmal kurz zu ihr. Wie könnte ich nicht?
„Das Frühstück wird noch kalt, wenn wir länger hier liegen...", brumme ich leise vor mich hin. Unerwartet schnell schmeißt sie die Decke zur Seite und rennt in die Küche. Als ich nachkam, saß sie an der Theke, bereits am Essen und meint breit grinsend, dass es gut schmeckt.
Ein paar Stunden später ging Nicole zu einem Meeting, Marty und ich blieben zurück. Nach einem langen Spaziergang begrüßte uns Sven fröhlich, wartend vor der Tür. Höflich fragte er, ob er überhaupt erwünscht ist. Natürlich sagte ich zu und wir verbrachten Stunden zusammen.
Vorsichtig traute ich mich ihn zu fragen, wie er damals seine Frau kennen gelernt und sich verliebt hat.

„Ich lief nach einem langen Tag in einem Park zwischen meiner Arbeitsstelle und Wohnung, hatte einen furchtbaren Tag und habe mein Leben gehasst. Der Park war leer, außer sie auf dieser Bank. Claire sah einfach magisch aus und strahlte etwas Beruhigendes aus. Ich fragte sie, ob ich mich setzen darf und wir redeten einfach los. Sie hatte auch keinen guten Tag, aber wir konnten zusammen lachen. Wir merkten, dass wir viel gemein haben und um ehrlich zu sein, war ich da schon direkt verliebt. Ab da ging es sehr schnell, Claire war sich sicher und ich auch. Noch im selben Jahr haben wir geheiratet und Nicole war auf dem Weg. Es war überstürzt und in den Augen ihrer Eltern idiotisch, aber es war richtig für uns. Es war perfekt. Jede Sekunde mit ihr war mehr wert als jedes Geld auf der Welt. Sie war meine Seelenverwandte, sie ist mit mir gewachsen, wollte den Rest ihres Leben mit mir verbringen, in guten und schlechten Zeiten. Als Nicole auf die Welt kam, war unser Glück komplett. Ich hoffe du und Nicole empfindet eines Tages auch so viel Liebe wie ich damals."

Ich konnte gar nicht aufhören zu grinsen, es klang so perfekt und wundervoll. Verdammt, es ist Material für den schönsten und traurigsten Liebesfilm. Etwas neidisch war ich, dass er so jung seine große Liebe gefunden hat. Sven erzählte mir noch mehr über seine Frau und mit jedem Satz klang es noch schöner.

Irgendwann ging die Haustür wieder auf und Nicole stürmte fast hinein, mit einem nicht sehr erfreuten Blick. Ihr Vater fragte vorsichtig was denn los sei.
„Fast ein Drittel unserer Songs sind nicht gut genug bzw. passen nicht auf das Album. Aber wir haben schon ein Releasedatum, heißt wir müssen innerhalb weniger Tagen neue Lieder eingesungen haben. Und wir sollten noch einen Love Song aufnehmen, denn in 3 Monaten ist ja schließlich Valentinstag und unser Release-Tag...", erzählt Nicole aufgebracht und setzte sich zwischen uns.

„Gab es auch gute Neuigkeiten?", fragt Sven vorsichtig.
„Ja, wir kriegen ein Feature mit jemanden, den ich sehr mag."
„Dann freue dich darauf und genieße noch die Zeit mit Sebastian, bevor er wieder nach Amerika muss."
„Ich habe noch ein paar Wochen!", rufe ich fast panisch rein.
„Du bist süß, Seb.", grinst Nicole, gibt mir einen Kuss auf die Wange und geht die Wendeltreppe hinauf.

Ihr Vater lachte kurz auf und stieß mir spielerisch mit dem Ellbogen zwischen meine Rippen. Bevor ich überhaupt meinen Mund öffnen konnte, rannte Nicole die Stufen wieder hinunter mit einem Block und Laptop und stellte es auf den Schreibtisch. Sie flitzte durch die Wohnung, sammelte noch mehr Blöcke und Papiere ein.

„Reicht ein Blatt nicht?", fragen Sven und ich gleichzeitig.
„Nein, immer wenn ich eine Idee habe, schreibe ich es auf das nächstbeste Blatt auf. Das sind leider viele und überall verteilt."
Nicole setzte sich an ihren Schreibtisch, tippte vieles in ihren Laptop, zerknüllte einige Papiere und schmiss sie in den Papierkorb. Sven und ich blieben einfach ruhig, warteten etwas, bevor wir weiterredeten.
„Darf ich sie noch etwas frage?", flüstere ich fast. Schließlich will ich Nicole nicht ablenken.
„Nenn mich bitte Sven; und was willst du wissen?", antwortet er genauso leise.
Also fragte ich ihn wie alt er war, als Nicole auf die Welt kam. Gab auch zu, dass ich mich das seit dem ersten Treffen schon frage, weil er noch so jung aussieht.
„Dankeschön, ich war 20 Jahre alt, Claire 23 Jahre. Damals sah ich älter aus als ich war, heute anscheinend umgekehrt.", kichert er leise.

Mein Hirn ratterte kurz, Nicole ist 32 Jahre alt, das macht Sven 52 Jahre. Er ist nur 14 Jahre älter als ich?!
„Du bist erst 52 Jahre alt? Oh Gott, ...", sage ich etwas lauter und Nicole drehte sich sofort zu uns.
„Wie gesagt, bei Claire und mir ging alles schnell."

Nicole nahm Kopfhörer aus dem Bücherregal und machte ihre Sache weiter - Sven und mir gingen die Gesprächsthemen nicht aus und quatschten noch bis die Sonne unterging. Am nächsten Morgen nahm mich Nicole einfach mit in das Studio. So ging es auch noch einige Tage, jeden Tag kam ich mit ins Studio und bewunderte die vier, wie sie in ihrer Arbeit aufgingen. Zusammen mit Marty saß ich auf der Couch, sagte wenn ein Lied fantastisch klang und himmelte Nicole vom weiten an. Meine Agentin schickte mir per Mail einige Skripte für eventuelle Vorsprechen.
Ich las sie alle durch, jedes einzelne Wort. Die Hälfte der Skripte waren nicht die besten, es war ermüdend die durchzulesen. Ein paar Skripte und die eventuelle Rollen waren wirklich gut.
Leider kamen die Termine zum Vorsprechen, der Rollen die gut klangen, spontan. Nicht super spontan, aber aus meinen versprochenen Wochen wurde nur noch 4 Tage. Und von diesen 4 Tagen, musste sie zwei ins Studio, einen Tag wollten wir noch einmal zu ihrem Vater und Onkel und am vierten Tag fliege ich schon. Zwar abends, aber trotzdem ist es kein ganzer Tag. Die im Studio gingen schnell vorbei, von Sven und Rami fahren wir gerade zurück.

„Vielleicht versuche ich nachher in deinen Koffer zu klettern. Vielleicht passe ich rein...", murmelt sie als sie in die Garage fährt.
„Leider habe ich nur eine Tasche als Gepäck, keinen Koffer. Aber die Vorstellung, dass du dich mit schmuggelst, ist herrlich."
Mit vorgedrückter Unterlippe schaut sie mich traurig an. Ich nahm ihr Gesicht in meine Hände und küsse sie zärtlich. „Lass uns die letzten Stunden noch genießen, mein Engel.", wispere ich ihr zu woraufhin sie mich anstrahlt.
„Ich mag Kosenamen nicht, aber aus deinem Mund klingt alles schöner."

Wir entschieden uns dafür, einfach ins Bett zu liegen, zu reden, bis man einschläft und morgen einfach so weiterzumachen, bis wir losmüssen. Wir grübelten, wann wir uns wieder sehen können, schließlich wird sie eingespannt sein vor dem Release und noch die nächsten Tage Bzw. Wochen mit Aufnahmen. Ich werde zu jedem Casting gehen und habe Anfang des nächsten Jahres noch einen Dreh. Das traurige ist, wir fanden keinen gemeinsamen Nenner. Falls wir richtig geplant haben, haben wir 3 ganze Tage für die nächsten Monate und mich machte das etwas verrückt.
Zudem liegen die Weihnachtstage auch noch dazwischen...

„So sehr ich auch in dich verliebt bin und jede Sekunde mit dir verbringen möchte, kann ich es nicht übers Herz bringen dich zu bitten, ob wir uns über Weihnachten oder Silvester sehen können. Auch wenn meine Familie es nicht feiert, aber diese Tage sind trotzdem dafür da, Zeit mit der Familie zu verbringen. Und ich werde dich bestimmt nicht für mich beanspruchen, wenn deine Mutter dich vermutlich weniger sieht als ich.", sagt sie deutlich und ich wusste für den Moment nicht, ob ich sie dafür noch mehr lieben kann oder kurz hassen. Wir sind frisch verliebt und wollen uns um jeden Preis sehen, trotzdem hat sie den Verstand und Respekt für meine Mutter. Sie hat gerade ihre eigene Wünsche hinter denen meiner Mutter gestellt.

Habe ich mich bestimmt schon einmal gefragt; aber wie sehr kann man sich verlieben?
„Und ich würde nicht wollen, dass Sven, Rami, Benjamin und seine Freundin auf dich verzichten müssten...", antworte ich schnell, damit sie nicht denkt, dass ich etwas von ihr erwarte. Aber mein verliebtes Herz würde es trotzdem begrüßen, um ehrlich zu sein.

„Vielleicht müssen wir wieder für ein paar Tage nach Amerika, ich kann bestimmt ein gutes Wort für New York einlegen.", grinst sie mich müde an bevor wir beide einschlafen.

Als wir am Abend auf dem Weg zum Flughafen waren, wurde mein Herz immer schwerer. Ich will meine Freundin nicht verlassen, ich will einfach mehr Zeit mit ihr. Jeden Abend neben ihr einschlafen und am nächsten Morgen neben ihr aufwachen. Mit ihr frühstücken, spazieren, dumme Serien und Filme anschauen... Nicole parkte wieder im Parkhaus und wir versuchten beide uns tränenlos zu verabschieden, was wir allerdings nicht schafften. Selbst als ich schweren Herzens zum Check-in lief und noch einen Blick zu ihr warf, wischte sie sich Tränen aus dem Gesicht und versuchte zu lächeln.

at least 20 dates.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt