„Ich habe ein magisches Buch gefunden, das mir womöglich vor unserem Sturz in die Tasche gefallen ist und uns hier rausbringt. Genau genug? Oder brauchst du noch eine detailliertere Beschreibung des Sachverhalts.", hielt er sich in Gedanken noch einmal Lincolns Worte vor Augen.
Regin griff sich an die Stirn. Er spürte Ärger in sich aufwallen. Ausgerechnet jetzt musste sein Bruder wieder einmal mit seinen verrückten Ideen aufwarten. Konnte er denn nicht sehen, in was für eine Lage, er sie beide nun schon wieder hineingeritten hatte? Doch er kannte diesen wagemutig leuchtenden Blick in den Augen seines Bruders. So war zu ihm nicht durchzudringen.
Darum hatte er sich dazu entschieden, Lincolns Plan zu vertrauen.
Dennoch, einen Dämon beschwören? Hatte er endgültig den Verstand verloren? Da war so etwas Verrücktes in seinen Augen gewesen, als er ihm das Buch präsentiert hatte, das Regin darüber hinaus noch Sorgen bereitete... Aber welche Alternative hatten sie auch schon?
Ein gewaltiger Stoß psychokinetischer Energie schlug wie eine Stange Dynamit auf die von ihm hochgezogenen Schutzsiegel ein. Regin fühlte, wie der Orb in seiner Hand unter der Last des Psy-Stoßes zusammenzuckte und zu zerplatzen drohte wie ein bis kurz vorm Bersten zusammengedrückter Ballon. Fast hätte er ob der rohen Kraft der Attacke die Beherrschung über den Zauber verloren.
Erst im letzten Moment konnte er die Harmonie der Zeichen stabilisieren. Mit zusammengebissenen Zähnen registrierte er, wie viel Energie er für dieses Manöver benötigt hatte. Seine Arme zitterten vor Anspannung. Zu seiner immensen Erleichterung spürte er jedoch, wie der Zweiklang der Zeichen sich wieder ineinander wand und die resultierende Harmonie in die Magie des Schutzkreises floß.
Er hatte die Zeichen Salis und Signem für diesen Zauber verwendet. Zwei Zeichen, die bekannt dafür waren, gut zu harmonieren – was wohl auch der alleinige Grund war, warum Regin diesen Zauber bis jetzt überhaupt hatte aufrechterhalten erhalten können.
Dennoch spürte er die Erschöpfung bereits tief in den Knochen sitzen. Der Zweiklang war stark, doch erforderte er einfach eine ungeheure Menge an Energie. Er hatte es erwartet, doch das es dermaßen schwierig sein würde, darauf war er nicht vorbereitet gewesen.
Er versuchte den Energiefluss des Zweiklangs zu beschränken, umzuleiten, von Salis hin zu Signem, wodurch sich die Stimmung des Gleichklangs änderte. Sie nahm in seinem Kopf einen raueren, spitzeren Ton an. Regin nahm die resultierende Instabilität in Kauf. Der Geist verwendete vorwiegend ätherische Angriffe. Diese würden von Salis besser reflektiert. Der Klangwechsel würde ihm Abhilfe verschaffen. Hoffte er zumindest.
Und wirklich: Die Energieblitzte, die den wieder und wieder heranstürmenden Geist umfassten nahmen an Kraft und Intensität noch zu und warfen das weißhaarige Gespenst bisweilen sogar zurück. Das Wesen reagierte darauf mit gesteigerter Wut. Zornentbrannt und fauchend krachte sie nach einem besonders heftigen Rückstoß mit ihrer materialisierten Seite gegen die Mauer, bevor sich ihr Körper dort einem Phasenwechsel unterzog und wieder zum blassen grau ihrer voll etherealen Gestalt zurückkehrte. Ihre Kontrolle darüber, stellte Regin verwundert fest, war äußerst... unausgeprägt. Womöglich konnte ihm das den entscheidenden Vorteil verschaffen.
Der Geist – dessen eines Auge mitsamt Kopf nunmehr halb aus der Wand herauslugte – betrachtete ihn aufmerksam aus einer wutentstellten Grimasse heraus an. Ihr geisterhafter Atem ging heftig, obwohl sie keine Lungen hatte, die Luft holten. Regin lief ein kalter Schauer über den Rücken. Seine ganzen Zweifel an der Beschwörung waren in diesem Moment wie weggeblasen. Er betete insgeheim, dass Lincoln den Dämon rechtzeitig beschwören konnte. Hätte man ihn jetzt gefragt, er würde ihn sogar anfeuern, irgendwelche motivierenden Tänze hinlegen, wenn es den Prozess nur beschleunigte.
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Ethereals
FantasyEine Geschichte mit Augenzwinkern - bei der man bei manchen Witzen bisweilen auch mal fester zukneifen muss, das und viel mehr ist: Ethereals! *begeisterter trommelwirbel* Gut, nicht nur das, es geht auch um den 17-jährigen Lincoln und seine selbst...