Ich hatte es gerade geschafft wegzunicken, als ich auf dem Gang Getuschel hörte. War es schon Frühs? Ich warf einen kurzen Blick auf mein Handy und stellte erleichtert fest, dass es das keineswegs war. Aber was war dann da draußen los. Ich stand langsam auf und tapste verschlafen zu meiner Zimmertür. Kurz überlegte ich, sie verschlossen zu lassen und mich wieder hinzulegen, Basil hatte mich sicher nicht ohne Grund gewarnt. Doch meine Neugier war dann doch zu groß und ich drehte kurzerhand den Schlüssel um, drückte die Klinge nach unten und öffnete meine Tür einen Spalt.
Auf dem Flur tummelte sich eine Gruppe aus etwas zehn Schülern in allen Altersgruppen. Als ich Basil sah, löste sich etwas von meiner Anspannung und auch Kantao konnte ich erkennen. Ich ließ meinen Blick weiter wandern, konnte Sam allerdings nicht erkennen. War das jetzt etwas Gutes oder Schlechtes. Basil kam auf mich zu, er musste mich scheinbar gesehen haben.
"Geh wieder schlafen.", wies er mich an. "Was, Wieso?" Ich erwartete zumindest eine Erklärung dafür, dass sämtliche Schüler der Skavo mitten in der Nacht auf dem Flur herumschlichen, allesamt angezogen und wie es schien kampfbereit. "Wir führen einen Anschlag auf die Tersis aus, sowas ist hier normal und geschieht so gut wie jede Woche. Zufrieden?" Warum war er plötzlich so unfreundlich und kurz angebunden? Als ich nicht antwortete schob er mich einfach in mein Zimmer zurück. Und jetzt geh schlafen, mit diesen Worten schloss er die Tür und ließ mich allein in meinem Zimmer stehen. Jetzt stand ich da, im Dunkeln, wieder hellwach. Was war das für ein Anschlag?
Am nächsten Morgen sollte ich es erfahren. Ich wurde durch ein lautes Klopfen an meiner Tür geweckt. Müde öffnete ich sie, damit dieser Lärm aufhörte. Ich hatte Basil erwartet, oder vielleicht noch Sam, aber vor der Tür stand ein Mädchen, etwa in meinem Alter mit blonden Haaren und einem breiten Lächeln auf dem Gesicht als sie mich sah. "Hi, ich bin Bugs Bunny. Kannst mich aber auch Bunny nennen. Basil hat mich geschickt, ich...", sie wollte gar nicht mehr mit dem reden aufhören, also antwortete ich schnell: "Warum bist du hier? Haben wir jetzt Unterricht?" "Naja, nicht ganz.", sagte sie immer noch mit demselben Grinsen. Wie konnte jemand so früh schon so gut drauf sein? "Wir haben jetzt erstmal gemeinsam Zellenwache. Die meisten anderen trainieren, aber Basil meinte, es sei besser, wenn du dich erstmal noch etwas einleben kannst. Ach ja, so Unterricht wie Mathe oder Geschichte kannst du jetzt übrigens vergessen. Hier wird so was nicht mehr unterrichtet, du hattest jetzt neun Jahre Schule, das reicht."
Noch ein Pluspunkt für diese Schule. Langsam fing ich an, sie zu mögen. Bis auf die paar stellen mit dem ermorden. Wir hatten jetzt also Zellenwache, was auch immer das war. Nachdem ich mich fertig gemacht hatte und Bunny mich mit irgendwelchen Dingen über Angriffs-Strategien vollgebrabbelt hatte, machten wir uns auf den Weg in den Trainingsteil der Skavo. Er war nochmal abgeschottet von den Schlafräumen und über eine ähnliche Brücke wie diese, die zu dem Wohnhaus der Skavo führte, mit dem Wohnhaus verbunden. Über diese Brücke liefen wir gerade, als Bunny mich fragte: "Sag mal, wie heißt du eigentlich? Also, wie lautet dein Teamname." Verdammt, durch den ganzen Trubel gestern Abend hatte ich das ganz vergessen. Ich musste mir schnell was einfallen lassen, wenn ich nicht als Donkey enden wollte. Schmunzelnd musste ich an Basil denken.
Bunny schaute mich immer noch fragend an. Tausende von Namen schossen mir durch den Kopf, aber keiner hörte sich wirklich gut an. Ich versuchte Bunnys Blick auszuweichen und schaute mir die Gegend an. "Ich, ich heiße Raven.", kam es aus mir heraus. Raven. Gar nicht mal so übel. Dankbar schaute ich dem Vogel hinterher, der gerade durch den Wind von seinem Baum hochgescheucht worden war und jetzt in Richtung des kleinen Waldes davonflog.
Bunny führte mich weiter durch ein paar Gänge und schließlich in den Keller des Gebäudes. Mit Erleichterung stellte ich fest, dass die Zellen nicht solche Gehege mit Gitterstäben waren, sondern einfache Zimmer, jedes mit einem Fenster ausgestattet, durch die man Gefangene beobachten könnte. Allerdings schienen alle Räume leer zu sein. Warum mussten sie dann bewacht werden?
Bei einer der hinteren Zellen hielt Bunny an. "So, da wären wir. Zellenwache ist immer relativ langweilig. Du hast nicht viel zu tun außer zu warten und zu warten. Die Gefangene heute wird eh nicht auf die Idee kommen auszubrechen, so wie die aussieht." Neugierig warf ich einen Blick durch das Fenster ins Innere der Zelle. Verdammt, wie hatten sie das denn geschafft? In dem Zimmer saß Miley, sie sah aus wie ein Häufchen Elend. Hatte ihr denn keiner gesagt, dass sie ihr Zimmer absperren soll? Obwohl, für die Skavo war es sicherlich kein Problem ein Schloss zu knacken.
Wir standen eine Weile ziemlich sinnlos herum, bis Bunny auf die Idee kam, uns und Miley mal etwas zu Essen zu besorgen. Ob ich die Tür wohl öffnen konnte? Ich schaute mich kurz nach einem Schlüssel um und fand ihn auch, direkt neben der Tür. War das nicht dumm? Es brauchte nur einer der Tersis abzuwarten, bis hier mal einer vor der Tür steht und konnte dann ganz einfach die Tür öffnen und Miley befreien. Aber was hatte Basil gesagt? Die Tersis gehen gerne mal auf Risiko. Ich drehte den Schlüssel im Schloss, bis man hörte, wie sich der Regler, der die Tür zuhielt, sich öffnete. Miley schaute müde hoch, doch als die mich erblickte, konnte ich ein kleines Leuchten in ihren Augen sehen. "Anouk, endlich! Ich hatte gehofft, dass sie dich zur Wache einteilen würden. Aber bist du allein? Wie geht es dir?", sprudelte es sofort aus ihr raus. "Raven.", verbesserte ich sie. "Und ja, Bunny holt gerade was zu essen, und ich wollte die Chance nutzen. Mir gehts relativ gut, aber die Frage ist eher, wie es dir geht."
"Naja, geht so. Fiann hatte mir gesagt, dass ich mein Zimmer abschließen soll, aber die Skavo haben mein Schloss geknackt und mich dann hier her gebracht. Ich heiße jetzt übrigens Kaida, Fiann hat mir dabei geholfen, einen schönen Namen zu finden.", erzählte Miley, oder besser: Kaida. Sie versuchte durch ein lächeln nicht so fertig auszusehen, aber ich kannte sie lange genug, um zu wissen, dass sie letzte Nacht nicht geschlafen hatte. Innerhalb von drei Tagen hatte Miley nur vier Stunden geschlafen. Ich zögerte kurz, da ich mir nicht sicher war, wie lange ich noch hatte, bis Bunny wieder kam, entschied mich dann aber trotzdem dazu, weiter mit Kaida zu reden. "Sag mal, was hast du eigentlich in diesem Test anders als wir gemacht?" Ich war mir zwar nicht sicher, ob Sam genauso wie ich reagiert hatte, vermutete aber, dass er ähnlich gehandelt haben musste. "Ich habe mit allen Mittel versucht die Wände aufzuhalten, ist doch logisch. Der Stuhl war zwar nicht so stabil, aber ich konnte ja meine Kraft nutzen. Außerdem hat Scarpion mich dann ja auch gleich wieder rausgelassen, weil er meinte, dass ich noch nicht genug kraft hätte. Ihr habt das gleiche gemacht, oder?"
Ich wollte ihr gerade antworten, als ich eine Tür zufallen hörte. Kaidas Augen ruhten immer noch fragend auf mir, aber ich konnte ihr das jetzt nicht mehr erklären. Bunny war jeden Moment da und sie durfte mich nicht sehen, wie ich aus der Tür kam, oder gar wie ich mit meiner besten Freundin sprach. Also stürmte ich zur Tür, schloss sie hinter mir und wollte gerade den Schlüssel zurückhängen, aber da war Bunny schon da und ich musste schnell reagieren. Also nahm ich den Schlüssel, steckte ihn zurück in das Schloss und sperrte auf. Ich hielt ihr die Tür auf, dass sie Kaida was zum Essen bringen konnte. Bunny lächelte mir kurz zu und ging dann ins Innere der Zelle. Nochmal gut gegangen.
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Shadow School - until the end
Mystery / Thriller...eine Schule... ...drei Teams... ...eine verbotene Liebe... ...nur ein Team kann gewinnen... ...nur wenige werden überleben... Menschen waren egoistisch. Nur die wenigsten würden sich wohl für jemand anderen aufopfern. Und die, die es taten, hatt...