-Madame Rodriguez-

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Ich schloss die Tür zu meinem Zimmer und wollte mich gerade auf den Weg zu Roana machen, sie wollte mir den Umgang mit Pfeil und Bogen etwas näher bringen, falls ich es für die Spiele brauchte. Aber Caled fing mich vor meiner Tür ab. "Guten Morgen Raven. Kommst du bitte mit in mein Büro." Ich nickte und folgte ihm durch die Schule. Hatte ich etwas angestellt? Ich hatte keine Ahnung, was Caled von mir wollen würde. Ich war eine seiner besten Schülerinnen, also konnte es auch nicht der Fall sein, dass er mir Nachhilfe geben wollte. "Ich hab keine Schlechten Nachrichten, ich möchte nur mit dir reden.", erklärte er, wie als könnte er meine Gedanken lesen. "Geht es um die Spiele?", fragte ich neugierig, "Meine Freunde unterstützen mich schon dabei, besser vorbereitet zu sein und in Pflanzenkunde kenne ich mich doch aus."

"Ja, es geht zwar um die Spiele, aber nicht so, wie du denkst." Inzwischen waren wir bei Caleds Büro angekommen. "Ich denke es gibt da etwas, das du wissen solltest. Bitte, setzt dich." Der Raum war gemütlich eingerichtet, nicht so, wie ein gewöhnliches Büro, sondern mit bequemen Sesseln, Pflanzen über Pflanzen und einem kleinen Tisch in der Mitte. An dem großen Fenster waren viele Kinderzeichnungen angebracht und die Sonne erhellte den gesamten Raum. Ich entschied mich für einen petrolfarbenen Sessel, gegenüber von dem, auf dem Caled sich niederließ. Er sprach gar nicht lange außen rum, sondern begann gleich: "Ich kannte deinen Bruder." Ungläubig starrte ich ihn an, unfähig etwas zu sagen. Also fuhr er fort: "Er ging auch auf die Shadow School. Er nannte sich Montago und war ein Tersis.", er machte eine kurze Pause und starrte ins Leere an mir vorbei, wie als würde er in Gedanken schweben. "In seinem dritten Jahr war er Anführer der Tersis und wollte die Spiele unbedingt gewinnen." Ja so kannte ich meinen Bruder, beliebt und viel zu ehrgeizig. Ich war zwar auch sehr ehrgeizig, aber im Gegensatz zu ihm, in einem gesunden Maß. "Durch seinen Ehrgeiz hatte Sam sich allerdings auch sehr viele Feinde gemacht und starb während den Spielen. Wir sind uns nicht sicher, welches Team dafür verantwortlich war oder ob es sogar Tersis waren, die ihn so sehr hassten, dass sie ihn loswerden wollten. Was ich dir damit sagen will, vertraue niemandem bei den Spielen. Sie mögen vielleicht deine Teamkameraden sein, doch die meisten von ihnen würden dich, ohne mit der Wimper zu zucken, umbringen, um selbst zu überleben."

"Woher kannten Sie meinen Bruder so gut? Ich mein, er war kein Schüler von Ihnen und selbst von denen kennen Sie doch nicht die Namen." Es traf mich komischerweise kaum, dass Jace tot war. Er hat mir mal etwas bedeutet, allerdings hatte ich in den letzten fünf Jahren einen ziemlich großen Hass, gemischt aus Wut und Enttäuschung, entwickelt. Zu erfahren, dass er während den Spielen gestorben war und vermutlich auch von unserer Mutter auf diese Schule geschickt wurde, änderte meine Sicht allerdings etwas. Doch warum schickte unsere Mutter denn hier her, wenn sie wusste, dass wir sterben würden. Liebte sie uns so wenig.

Caled antwortete nicht auf meine Frage und war scheinbar selber in Gedanken versunken gewesen, bis er kurz zusammenzuckte und mich dann wieder ernst anschaute. "Basil scheint sich an dir rächen zu wollen. Ich weiß nicht, was zwischen euch vorgefallen ist und will es auch gar nicht wissen, ich möchte dir nur nochmal klar machen, dass Basil keineswegs so unschuldig und nett ist, wie er oftmals scheint." Ja das hatte ich auch schon bemerkt. "Basil hat den Dekan erst auf den Gedanken gebracht, dass ihr doch an den Spielen teilnehmen könntet. Ich war leider der einzige Lehrer, der dagegen gestimmt hat, alle anderen sahen darin kein Problem. Sie alle sind gierig nach den Spielen. Sie wollen, dass ihre Schüler, ihr Team gewinnt und das um jeden Preis. Aus dieser geisteskranken Schule gibt es nur leider kein Entkommen, außer dem Tod oder das Abschließen der fünf Jahre. Dein Bruder stände jetzt kurz davor." Ich war mir nicht sicher, was ich sagen oder antworten sollte, also schwieg ich. Mir war von Anfang an klar gewesen, dass ich nicht so einfach von der Schule gehen könnte. Aber warum ließen so viele Eltern es zu, dass ihre Kinder hier her kamen? Oder hatten sie keine Wahl?

"Ich denke, du solltest jetzt mal zu Roana gehen, sie fragt sich sicherlich schon, wo du bist." "Woher wissen Sie" setzte ich gerade an, doch er unterbrach mich mit einem Schmunzeln: "Ich habe sie vorhin auf dem Gang gesehen und gefragt, ob sie weiß, wo du bist. Da hat sie mir erzählt, dass du noch auf deinem Zimmer sein müsstest, aber jeden Moment zu ihr kommen würdest, weil ihr trainieren wollt." Ich nickte kurz und verabschiedete mich dann von meinem Lehrer.

"Guten Morgen, wie geht es dir?", begrüßte mich eine fröhliche Roana, als sie mir die Tür öffnete. "Gut", antwortete ich mit einem knappen Lächeln, "gehen wir los?" "Wir wären vor einer Stunde trainieren gegangen, jetzt müssen wir erstmal noch etwas anderes erledigen." Warum war sie jetzt so geheimtuerisch? "Was hast du vor?" "Tja, das wirst du schon noch sehen.", trällerte sie fröhlich und rauschte durch ihre Zimmertür in den Flur.

Ich folgte ihr in den Hauptteil der Schule und dort in das Kellergewölbe. Was war hier unten? Ich wusste bis jetzt nicht mal mehr, dass hier ein Keller existierte. "Da wären wir.", aufgeregt öffnete Roana eine Tür und ich wagte einen Blick ins Innere. Beeindruckt betrat ich den Raum, oder besser, den Saal. Auch Roanas Augen leuchteten und ihre Wangen glühten in einem rosigen Ton. Mir entfuhr ein "Wow!" und Roana grinste mich von der Seite an. "Wie kann ich den Damen behilflich sein?", eine nette Dame mit einer komplizierten hochsteck Frisur kam um eine Ecke und strahlte uns beide nun an.

"Raven und ich brauchen noch unsere Ballkleider.", antwortete Roana ihr. Was erzählte sie da? "Ballkleider?", zischte ich ihr zu, als die Dame kurz weggegangen war, um noch schnell etwas zu verräumen. "Ja für den Jahresball nach den Spielen.", erklärte Roana, eher fragend, warum ich davon nicht wusste. "Ich weiß nichts davon.", wisperte ich noch schnell, aber da war die nette Dame auch schon wieder da. "So, ihr zwei Hübschen, dann werden wir mal was Schönes für euch aussuchen. Ihr wollt ein Kleid, richtig?" Wir beide nickten und sie sprach sofort weiter: "Schwebt euch denn schon eine Fabre vor? Habt ihr eine Begleitung, auf die ich die Farben anpassen soll?" Ich stand ziemlich ratlos da. Begleitung? Vor ein paar Wochen wäre ich noch davon ausgegangen, dass Basil und ich gehen, aber jetzt? "Ich gehe mit Kantao. Er müsste sein Outfit auch schon haben.", erklärte Roana. Mit Kantao? Warum machte er das? Dann würde ich wohl mit Sam gehen. Wir konnten schließlich beide nicht den Partner haben, den wir wollten. Sam wurde verletzt und ich würde die Regeln verletzten.

"Ich denke ich gehe mit Mamoru, es steht allerdings noch nicht ganz fest." "Gut meine Lieben, dann such ich euch mal ein paar hübsche Kleider aus. Setzt euch dort hinten in die Ecke, Tee und Kekse sind schon da." Mit diesen Worten verabschiedete sie sich und verschwand zwischen tausenden von Kleiderständern. Ich nahm mir erstmals Zeit, den Saal genauer zu betrachten. Alle Kleider waren ordentlich nach Farbe und Länge geordnet und sie schien sich perfekt auszukennen. Ab und zu sah man Madame Rodriguez, Roana hatte mir vorhin noch schnell ihren Namen zugeraunt, zwischen den Kleidern zielstrebig hin und her huschen, immer ein Kleid mehr auf ihrem rollbaren Kleiderständer.

"Hat Basil dir nie etwas von dem Ball nach den Spielen erzählt?" Kopfschüttelnd nahm ich mir einen Keks und ließ mich auf eines der Sofa plumpsen. "Also, wenn die Spiele gewonnen sind, findet ein riesiger Ball hier unten statt. Das Kellergewölbe ist, bis auf diesen Raum, eine riesige Partymeile. Alle Schüler dieser Schule treffen sich friedlich hier unten, um das Überleben des Schuljahres und den Anfang der Ferien zu feiern. Getrauert wird dann nicht, dafür ist der Tag danach da, an dem wir alle still aufräumen, unsere Sachen packen und abreisen, bis wir Neujahr zurückkehren und wieder bis zum nächsten Halloween den normalen Schulalltag hier leben.2 Ich hörte ihr aufmerksam zu. Durfte ich dann auch mit jemandem aus einem anderen Team zu dem Ball gehen? "Ich erzähl dir später noch mehr, wenn du willst."

Shadow School - until the end Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt