Kapitel 11

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In meinem Krankenzimmer angekommen,  setze ich mich auf das Bett und greife zum Brief.

Ich öffne die Lasche und ziehe das blaue Briefpapier raus.

Dein Haar, es ist so leuchtend braun-so kraftlos und schlapp.
Deine Lippen, sie sind so voll-so lustlos und verloren.
Dein Herz, es schlägt jeden Tag von Früh bis Spät-es hält dich am Leben. Doch wo ist die Wärme, das Strahlen, die Freude, das Gefühl?
Wo ist deine Liebe, dein Lachen, dein Weinen? Du bist so kalt geworden,  wie Eis. So stark wie Metall. So hart wie Stein und so verloren wie eine einsame Seele im Nirgendwo.
Du hast deine Eltern verloren, dein Zuhause, deine Freunde, deinen Bruder. Willst du dich jetzt auch noch verlieren?>>

Wieso habe ich meinen Bruder verloren?

Ja, er hat sich ein wenig in den letzten Tagen abgewandt, aber wir sind ja auch im Krankenhaus....kaum Zeit.

Doch, woher will die Person wissen, wie es tief in mir ausschaut?

Ich muss die Person finden.

Die Tür wird aufgerissen. Das Mädchen,  was ich ebend weinend gesehen habe, kommt in mein Zimmer gestürzt. "Jemand verfolgt mich." Sie knallt die Tür mit voller Wucht zu, versteckt sich unter mein Bett und hält den Atem an.

Meine Augen sind aufgerissen, als eine männliche, etwas pumlige, schwarzbekleidete Person in mein Zimmer tritt. Der, der mich auch verfolgt hat. Ich stehe da. Schockerfroren.

Augen weitaufgerissen.

Mund zu gepresst.

Arme an meinen Körper gedrückt.

Mein Herz rast.

Ich halte den Atem an.

Er kommt auf mich zu.

Langsame Schritte.

Provokant.

Ich verliere die Angst.

Werde mutiger.

Ich stelle mich locker hin-bin bereit zu kämpfen.

Mein Atem wird gleichmäßig-ruhig.

Meine Augen werden schmal-provozierend wütend.

Ein böses Lächeln kommt von mir.

Ich bekomme eines zurück.

Er zückt ein Messer aus seiner Hosentasche.

Ich verliere nicht die Fassung.

Denke positiv.

Bin bereit! Habe eine Strategie.

Er steht 2 Meter von mir entfernt.

Das Mädchen rennt schreiend weg.

Keinen von uns zweien interessiert das nur ansatzweise.

Niemand lässt den Blick voneinander.

Er ist hässlich, hat eine Hackfresse.

Seine  Augen sind zu weit auseinander und viel zu klein, dafür sind seine Nasenlöcher, der Schweinenase übergroß. Er hat Segelohren. Eine kleine Missgeburt.

Er kommt auf mich zu und ich nehme die Vase, in der eine Rose blüht von dem Fensterbrett und schleudere sie auf seinen fetten Schädel. Er rammt mir mit seinem Messer in das Bein, als er zu Boden fällt und schlitzt es mir von dem Oberschenkel bis zur Kniescheibe bis zu dem Knochen hin auf. Ich schreie laut auf. Ich weine. Sehe das Messer in meinem Bein, sehe mein Knochen und im nächsten Moment fließt jede menge Blut aus der Wunde. Der Mann liegt da auf den Boden. Glasscherben im Kopf.

Glasscherben auch in meiner Hand. Ich zwinge mich zu der Fernbedienung, stöhne, weil es so verdammt weh tut  und drücke den Knopf, damit eine Krankenschwester kommt.

Ich sehe Blut, wie bei meinem Bruder, überall! Mein Bein-es schmerzt so sehr.

Alles wird dunkel. Ich höre nur noch mein Atem. Denke daran, wie dieser Mann, der neben mir liegt, meinen Bruder totgeheckselt hat, wie er hoffentlich genauso leidet, wie Tom.

Ich hoffe, er spürt diesen Schmerz. Hoffe, er wacht niemals mehr auf.

Ich wünsche mir, dass das alles nur ein Traum ist. Scheiß auf Albtraum oder guter Traum. Hauptsache Traum und mein Bruder liegt neben mir und ich spüre sein Atem in meinem Nacken, seine warmen Hände auf meinem Körper und höre dieses leise schnarchen.

Ich spüre Tränen über meine Wangen fließen.

Eine Hand berührt mich ist so warm. Sie streichelt meinen Kopf.

Jemand hebt mich hoch, in diesem Brautmodus, wo der Bräutigam die Braut trägt. Mittlerweile rennt diese Person.

Ich werde hingelegt. Auf etwas hartes. Mein Kopf landet aber weich.

Kämpfen, Leiden, Stark seinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt