12| "Wo Ist Beca?"

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Langsam und schmerzerfüllt, rutschte Anna schließlich wieder näher zu Sky und nahm seinen nassen Kopf in ihre Arme. Sie strich ihm einige Haarsträhnen aus dem Gesicht und drückte ihr leicht näher zu sich. Sie brachte es nicht übers Herz seinen Puls zu fühlen, sie hatte eh keine richtige Ahnung davon wie man nun reanimiert im Ernstfall.

Für sie vergingen gefühlt Stunden. Ihr wurde von Minute zu Minute immer kälter. Der Regen, der immernoch auf sie nieder ging, machte die Situation nicht besser. Ihr Kopf war so voll mit Gedanken und doch so leer.

Sie fühlte sich allein. Ängstlich. Hilflos. Unnötige Vorwürfe, die sie gegen sich selbst richtete, verstärkten ihre so schon intensiven Kopfschmerzen.
Ihre Bewegungen waren alle zittrig und hektisch zugleich.

Langsam schloss Anna ihre Augen und atmete tief ein und aus.
'Ich verliere das Baby', waren die ersten Gedanken, die sich den Weg in ihren Kopf suchten. All die Zeit war sie sich nicht sicher, ob sie überhaupt Mama werden wollte. All die Zeit dachte Anna, dass sie es nicht schaffen wird.

Doch nun.... Jetzt in diesem Moment änderte sich alles. Sie wollte es. Sie wollte ihr Kind.

"Egal was passiert, aber bitte nicht das Baby.", schniefte sie vor sich hin.
"Nicht das Baby. Bitte", weinte sie bitterlich und konnte überhaupt nicht mehr aufhören zu flehen.

Ihre Stimme war so leise, dass es kaum jemand hätte hören können.

Vorsichtig ließ sie Skylar wieder neben sich nieder und versuchte aufzustehen. Durch den hohen Blutverlust, war ihr etwas schwindelig und so musste sie sich am Auto festhalten.

"Hilfe.", sagte Anna immer und immer wieder vor sich hin. Als sie es schließlich schaffte um das Auto herum zugehen, sackte sie allerdings direkt wieder zu Boden.

Der Anblick von Trümmern, Blaulicht, herumirrenden Menschen und hektischen Helfern ließen ihr das Blut in den Adern gefrieren. Das Hotel, in welchem sie sich gerade noch befunden haben, war nicht wieder zu erkennen. Eine ganze Hälfte davon lag in Trümmern am Boden. Darunter waren zum Teil Menschen zu erkennen.

'Das ist alles deine Schuld. ', meinte eine Nachricht, die auf ihrem Handy auftauchte.
Mit einem lauten Schrei warf sie ihr Telefon gegen eine Mauer.
"Es ist nicht meine Schuld. Nicht meine Schuld. Nicht meine----Schuld", sagte sie immer leiser werdend vor sich hin. Ihre Augen wurden mit jedem Wort schwerer und schwerer. Immer wieder fielen schlossen sie sich vor Erschöpfung. Ihr Körper schaltete schließlich in überlebensmodus um und somit blieb sie regungslos am Auto gelehnt liegen.

Die Sicht war so begrenzt, dass Helfer zu kämpfen hatten sich ordentlich und organisiert vorzubereiten, sodass Anna auch dort nicht entdeckt wurde.

Nur einige Minuten später, erlangte Skylar langsam sein Bewusstsein wieder. Seine Hand legte sich direkt auf seinen Kopf, der so sehr pochte, dass er jegliche Orientierung verlor. Er hatte nicht wirklich eine Ahnung von dem, was geschehen war. Als er sich aufrichtete, drehte er sich in alle Richtungen. Sein Körper entschied für ihn dies zu tun. Drüber nachdenken tat Skylar nicht. Er lief viel mehr wie ein orientierungsloser Roboter umher. Daber guckte er weder nach links noch nach rechts. Menschen neben ihm, beachtete er rein gar nicht. Rettungskräfte, die ihn Anweisungen gaben, ignorierte er schlichtweg, weil er keinerlei Informationen verarbeiten konnte. Dabei hörten sich alle Stimmen extrem dumpf an. Skylar wurde schließlich von einem Mitarbeiter auf eine Liege gedrückt und dort Notversorgt.

"Wo ist Beca?", fragte er schließlich und guckte um sich. Er wusste nicht mal wieso er diese Frage stellte. Sie kam einfach so aus seinem Mund heraus.
"Sie ist so klein, hat braune Haare und blaue Augen. Sie ist meine Freundin...", erzählte er weiter.

"Wir haben uns im College kennengelernt, wissen sie.", schmunzelte er.

Viel mehr konnte Skylar allerdings nicht erzählen, denn er wurde in einen der nächsten Krankenwagen verladen und ins Krankenhaus gefahren.

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"Anna... Hey...", hörte die Braunhaarige leise. Nach mehreren grummeligen Geräuschen öffnete sie schließlich ihre Augen. Die Sonne schien so hell in den Raum hinein, dass ihre Augen gleich wieder kleiner wurden.

"Ben?", fragte sie etwas verwirrt und orientierungslos. Ihr Ex-Freund nickte nur sanft und nahm ihre Hand in seine. Das vertraute Gefühl von seinem leichten Händedruck, ließ Anna zumindest für einige Sekunden lang lächeln. Sie musste erstmal alle Gedanken in ihrem Kopf sortieren, bevor sie sprechen konnte.
"Was machst du hier?", fragte sie mit gebrochener Stimme.
Ihre Trennung war erst ein paar Monate her, aber nicht einmal da hatten sie Zeit gefunden sich miteinander zu treffen. Das meiste wurde über Telefon geklärt.

"Ich habe von der Explosion gehört... Es geht ziemlich in den Medien rum, dass du betroffen warst.", sagte er mit seinem ruhigen britischen Akzent. Anna liebte seine Stimme. Egal in welcher Situation. Er sprach immer ruhig und mit gewählten Ausdruck. Ben war nie jemand, der laut wurde in Gesprächen oder Konflikten. Es war einfach nicht seine Persönlichkeit.

"Das beantwortet immer noch nicht meine Frage was du hier machst...", sagte Anna leise. Ihre Hand entzog sie ihm allerdings nicht.

"Ich... Du magst es nicht glauben, aber ich sorge mich um dich. Trotz allem... Trotz allem was schief gelaufen ist zwischen uns. Als ich gehört hatte, dass es keine weiteren Informationen von dir preisgegeben werden bis du stabil bist und aufwachst... Da bin ich eben selber hergekommen. Deine Mutter---"

" Warte!", fiel Anna ihm ins Wort." Du hast mit meiner Mutter gesprochen?", fragte sie ungläubig.

"Ich... Dachte sie könnte mir sagen, wie dein aktueller Stand ist... Aber ihr Flug wurde gestrichen und somit kommt sie erst heute Abend. Ich kannte mir vorstellen, dass du nicht unbedingt mich als erstes sehen wolltest... Deshalb hab ich erstmal mit  deiner Familie telefoniert.", gab er ehrlich zu.
"Keine Sorge. Ich gehe, wenn du das möchtest... Ich wollte nur sicher gehen, dass du in guten Händen bist.", meinte er und lächelte kurz.

Anna nickte nur und drückte seine Hand leicht als ein Zeichen, dass er bleiben sollte. Alleine sein wollte sie tatsächlich gerade nicht.
Nachdem sie all die Informationen verarbeitet hatte wo sie war und wer hier ist, kamen wieder die Erinnerungen von letzter Nacht hoch.

Es herrschte für eine ganze Weile Stille, in der Anna ihre Gedanken sortierte und ihre Erinnerungen realisierte.
Sanft schob sie die Decke von sich und schaute auf ihren Bauch. Sie konnte keinen Unterschied erkennen, da sie sauber war und neue Kleidung hatte, aber sie wusste auch, dass der äußere Schein trügen kann.

"Weißt du was über mein Baby?", fragte sie mit Tränen in den Augen. Ihre Stimme war so leise, dass Ben es kaum verstand. Während ihrer Aussage legte sie zittrig eine Hand auf ihren Bauch und guckt Ben tief in die Augen.

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A/N

Ben ist zurück. Aber für wie lange?

Warum ist Brittany noch nicht da?

Was ist mit Skylar?

Und hat es das Baby geschafft?

Vier offene Fragen.

After 2 yearsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt