6| Die Wahrheit

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Anna ließ ganze 5 Tage vergehen, bis sie endlich ihren Termin bei einem Frauenarzt wahrnahm. Sie bat ausdrücklich darum eine kleine Sonderbehandlung zu bekommen, um nicht mit anderen im Wartezimmer sitzen zu müssen. Das letzte was sie brauchte waren skandalöse bis tratschige Zeitungsartikel oder Blogeinträge darüber.
Die Praxis machte es ihr nach einer Aufzahlung zum Glück auch möglich und so saß sie nun allein im Behandlungszimmer.

Als eine nett aussehende Ärztin das Zimmer betrat, entspannte sich ihr Körper etwas. Die Frau war, genau wie sie selbst, nicht gerade die größte und hatte eine beruhigende Wirkung. So flachte Annas Atmung etwas ab, doch ihre Finger kringelten immer noch weiter einzelne Haarsträhnen um sich. Sie führte diese Bewegungen nicht mutwillig aus. Ihre Hände zogen stetig bei jeder ihr unangenehmen Situation an ihren Haaren.

Anna berichtete von den Tests und auch den Symptomen, die sie in letzter Zeit bei sich festgestellt hatte. Ihre Nervosität spiegelte sich eindeutig an den kurzen und abgehackten Sätzen wieder, welche manchmal auch durch stottern unterbrochen wurden. Ihr war ihr Auftreten ziemlich peinlich, da sie sich verhielt wie ein Teenager, der keine feste Perspektive hatte.

Nach einem kurzen, zum größten Teil einseitigen Gesprächmit der Ärztin, wurde sie auf eine Liege gebeten, wo schließlich ein paar Aufnahmen gemacht werden sollten. Als ihre Haut auf das kalte Material traf, durchfuhr direkt ein kälter Schauer ihren Körper. Sie spürte, wie sich die kleinen Härchen an ihren Armen aufstellten und ihre Beine vor zittern langsam an Halt verloren.

Bedächtig setzte sie sich erst auf die Liege und hob ihre Beine dann nach. Ihre Hände hinterließen Abdrücke so verschwitzt wie sie waren. Unsicher legte sie sich hin und starrte in alle Richtungen, aber nicht auf die Ärztin. Annas Herz raste förmlich in ihr, sodass sie schwören könnte, dass es jeder im Umkreis von einem Kilometer hören konnte. Sie schloss ihre Augen, als sie ihr Shirt etwas nach oben und ihre Hose etwas nach unten zog.
In ihrem Kopf spielten sich unzählige Szenarien ab, bei denen sie auf keinen wirklichen Entschluss folgern konnte.

"Hier. Sehen sie?", lächelte die blondhaarige Ärztin und Riss Anna somit aus ihrer eigenen kleinen Traumwelt. Ihr Kopf drehte sich automatisch zu der sanften Stimme und Annas Augen folgten sacht den Zügen des zeigenden Fingers. Dieser umkreiste etwas, was mehr wie eine Kartoffel aussah. Mit viel Phantasie konnte man gerade so auseinander halten was kopf und was Körper darstellte.
Anna sagte zu den Bemerkungen der Ärzten nichts, die das kleine vermaß und nach möglichen Komplikationen suchte.
Sie hörte nur halbherzig hin, ihr Gehirn war in diesem Moment auf etwas ganz anderes fixiert.

Sollte das nicht der schönste Moment im Leben sein?

"Es sieht alles normal aus soweit.", lächelte die junge Frau und gab Anna einen Ausdruck. Das fröhliche Gesicht der Ärztin war das einzige, was ihr in diesem Moment Zusprach und ihr ohne Worte vermittelte, dass alles gut werden wird.
"Sie sind voraussichtlich in der 9. Woche +-3 Tage.", begann die Blondine zu erzählen. Es war nicht das einzige, was sie zu sagen hatte, aber für den Rest war Anna gerade einfach nicht im Stande ordentlich zuzuhören.

"Okay....", sagte Anna nur, als die Ärztin anscheinend ihre Belehrung beendete. So richtig konnte sie es nicht sagen, denn Anna war durchgehend in ihrer eigenen Welt. Sie wischte sich nebenbei das schmierige Gel wieder vom Bauch. Den anschließenden Vortrag der Ärztin über Dinge, die sie tun und nicht tun sollte, bekam sie weitestgehend gar nicht wirklich mit.

"Haben sie sonst noch irgendwelche Fragen?", lächelte die Blondine sie an.

"Was? Ehm... Eh...nein...danke.",nickte Anna leicht und verabschiedete sich dann auch von ihr. Sie fuhr zurück zum Hotel und versteckte das Bild mit bei den Tests in ihrem Koffer.

After 2 yearsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt