take eight.

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[Side/Top: Erneut Attila]

                   Als ich am nächsten Morgen in kurzer Sporthose und Hoodie auf den Balkon trat wollte ich am liebsten wieder kehrt machen und mich unter meiner Decke verkriechen. Über Nacht waren die Temperaturen um gefühlte zwanzig Grad gefallen. Zwar zeigte das Thermometer nur knapp Null Grad an – aber ich war mir sicher: Die Aussentemperatur lag definitiv bei minus elf Grad. Aber Schlussendlich spielte sich doch alles wieder nur in meinem Kopf ab. Wie immer also. Ich nippte kurz an meinem Kaffee und rutschte durch die halbgeöffnete Balkontür wieder zurück in meine Wohnung. Etwas unwohl stellte ich die Kaffeetasse auf dem Tisch in der Küche ab und verschwand humpelnd in einem der vielen Zimmer der Wohnung. Ich nannte jenes liebevoll die Gerümpelkammer. Ausser vielen Kisten und zwei Schränken stand nicht viel im Raum. Ich hatte ihn vor Monaten das letzte Mal betreten. Wenn ich ehrlich sein sollte, dann war mir richtig mulmig beim Gedanken daran den Raum zu betreten. Zu viele alte Erinnerungen lagen in diesen Kisten verstaut. Ein falsches Stück musste nur ans Tageslicht kommen und eine meiner ältesten Wunden könnte erneut aufplatzen. Darauf hatte ich echt keine Lust.

Vielleicht sollte ich mich aber auch schlecht darüber fühlen, dass ich gerade auf der Suche nach meiner kuschligen Winterjacke war. Ob Attila wohl so eine besass?, schoss es mir durch den Kopf, während ich nervös vor dem Schrank aus Ebenholz stand.

Ich schluckte leer und öffnete jenen Schrank, in dem ich auch die letzten Jahre über meine Winterjacke verstaut hatte. Kaum war die Tür geöffnet lächelte mir ein ähnliches Modell von Jacke, welches Flu bei unserer ersten Begegnung trug, entgegen. Es war nicht nur die Jacke die mich fies angrinste. Es war auch das Logo, welches eigenhändig an den Ärmel genäht wurde, was ganz langsam eine alte Wunde in mir aufplatzen liess. Den Schmerz konnte man mit dem Abreissen eines Pflasters vergleichen, bei dem aus Versehen ein Stück der Wundkruste mitkam und alles langsam wieder zu bluten begann.

Fluchend riss ich die Jacke heraus und wünschte mir, dass sich so ein Stück Stoff genau gleich wie Papier zerknüllen liesse. Stattdessen landete sie so wie sie war voller Wut klangvoll in der Ecke des Raumes. Schweratmend rieb ich mir das Gesicht und holte Kopfschüttelnd die Jacke heraus, welche wirklich meine Winterjacke war. Klangvoll liess ich Schrank- sowie Zimmertür ins Schloss fallen und schwor mir, dieses Zimmer wirklich nicht mehr zu betreten. Ich nahm mir vor, dass ich noch heute einen Schlosser rufen würde und mir einen Schlüssel für diese Tür machen liesse und diesen dann nach dem verschliessen des Raumes in einem Fluss versenken würde.

Schlecht gelaunt verliess ich meine Wohnung. Attila hatte keine genaue Zeit für unser Treffen genannt, also sollte halb zehn nicht allzu spät dafür sein. Schliesslich hatten wir noch immer Morgen. Ich wickelte mir im Aufzug des Gebäudekomplexes den Schal fest um den Hals und verliess das Haus. Kaum war ich bei der Bushaltestelle angelangt begann es auch schon aus Kübeln zu schütten. Genervt stiess ich einen lauten Seufzer aus, sodass die alte Grossmutter im Wartehäuschen mich böse anschielte. Mit einem sarkastischen Grinsen winkte ich ihr zu, worauf sie sich eingeschnappt wegdrehte. Falls ich eines Tages ebenfalls zu solch einem Greis mutieren sollte, verlange ich, dass mir jemand den Gnadenschuss gibt.

Ich war dankbar, als der Bus gefühlte Ewigkeiten später eintrudelte und ich einsteigen konnte. Die Alte setzte sich weit von mir entfernt, so als ob ich eine hochansteckende Krankheit hätte, bei der man binnen weniger Sekunden elendig verreckt. Zwar war es mir lieber, dass sie sich weit weg von mir hinpflanzte – jedoch wollte ich für solch ein Verhalten den Gnadenschuss mehr als alles andere.

Der Regen klatschte brutal gegen die Scheiben des Busses, als er kurz vor meiner Endstation war. Am liebsten wäre ich sitzengeblieben und nicht ausgestiegen. Ich hatte keinen Regenschirm dabei und Bock auf eine Erkältung hatte ich nicht wirklich. So zog es mich zum erstbesten Kiosk der Einkaufspassage, in dem ich mir für wenig Geld einen dieser kleinen Handtaschenregenschirme kaufte. Ich verliess den Laden und erblickte Attilas Hinteransicht: Er sass auf der Lehne einer Bank, während sein Hund an den Füssen der Bank gelehnt lag. Ein Knoten bildete sich in meinem Hals beim Anblick von Flus älterem Bruder.

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