take fifteen.

3.9K 328 54
                                    

[Top: Faceless]

Ich legte meine Lektüre auf das Nachttischchen und blickte zur Tür, welche sich einen spaltweit öffnete. Attila steckte seinen Kopf hindurch und verzog das Gesicht zu einer Schnute. „Ich weiss das die Uhr auf die Zwölf zugeht", flüsterte Attila mit gesenktem Blick, „aber ich hab ein Problem?"

„Musst Du kacken und das Klopapier ist ausgegangen?", fragte ich trocken. Sofort ohrfeigte ich mich indirekt für diese Aussage, da das alles andere als freundlich gegenüber Attila war. Doch dieser blickte mich nur verwirrt an. „Eigentlich...", stammelte der junge Blonde vor sich hin und spielte mit der Tür. „na ja... ich muss Dir da was gestehen."

Ich biss mir innerlich auf die Zunge, damit ich nicht danach fragte, ob Attila ins Bett gepisst hatte. Nach dem Spruch mit dem Toilettenpapier würde dieser nicht wirklich angebracht daher kommen.

Attila seufzte leise und senkte seinen Blick wieder gegen den Boden. „Ich kann nicht alleine schlafen, okay?", stiess er etwas panisch aus und haute sich schwach die Tür gegen den Kopf. „Im Schrebergarten hab ich immer mit Allys und Luke in einem Bett gepennt. Da hatten wir zwar nur eines - aber trotzdem. Ich kann nicht einschlafen wenn niemand neben mir liegt."

Ich seufzte leise und klopfte sanft auf die freie Seite der Matratze. Nur ungern liess ich Attila den ehemaligen Platz von Edgar einnehmen. Aber manchmal musste man über seine eigenen Schatten springen. Und dies schien womöglich mein Anfang zu sein.

Flurinas Bruder tapste von der Tür hinüber ins Bett und setzte sich auf die Matratze. „Ich erwarte nicht von Dir, dass Du mich in den Arm nimmst, Nael. Wir können einfach Rücken an Rücken schlafen, okay?" Ich nickte und schaltete das Licht auf meinem Nachttischchen aus. Vorsichtig legte ich mich ins Bett und drehte Attila den Rücken zu.

Rücken an Rücken zu schlafen klang zu Beginn noch ganz simpel. Doch Attila sehnte sich wirklich nach Nähe. Kaum war er unter die Decke gekraxelt rückte er mit seinem Rücken so nah es ging an mich heran. Es war mir nicht ganz angenehm. Doch ich sagte nichts. Ich schwieg stattdessen vor mich hin und schloss die Augen und wartete auf den Moment, dass ich sanft ins Land der Träume abdriftete.

Es war einige Zeit vergangen, seitdem Edgar mich geküsst hatte. Wir waren mittlerweile ein Jahr älter geworden, was nach einer langen Zeit klingt. Aber um ehrlich zu sein war vielleicht etwas mehr als ein halbes Jahr vergangen. Nur war ich der Meinung das ‚wir waren ein Jahr älter geworden' der ganzen Story mehr Dramatik verleihen würde. Vermutlich hatte ich mit vierzehn einfach nur einen Hang zur Dramatik, weil ich meine Nase zu viel in Bücher der Klassischen Literatur steckte.

Und da wollte mir mein Literatur Kurs einen riesen Gefallen machen und mit uns eine Exkursion nach Florenz bestreben. Ganz im Zeichen von Dante. Damals hatte ich noch keine derartige Obsession mit ihm und seiner Göttlichen Komödie - jedoch sollte sich alles durch diesen Trip ändern.

Dick hing der Nebel an diesem Aprilmorgen am Firmament Es war kurz nach vier Uhr gewesen, als wir damals losgefahren sind. Edgars Kopf lehnte an meiner Schulter, während er sanft vor sich hindöste. Der Bus rollte aus unserer Heimatstadt hinein in das grosse Abenteuer. Wir wurden zu einer Zeit gross, in der es noch legitim war mit dem Bus eine Schulreise praktisch quer durch halb Europa zu unternehmen. Kein Elternteil kam auf die Idee sich aufgrund der Schnapsidee des Kursleiters zu beschweren. Stattdessen waren sie alle stolz, dass ihre Kids eine Reise nach Verona antreten konnten. Zudem war der Literaturkurs der einzige Kurs in diesem Halbjahr, welchen ich gemeinsam mit den Jungs hatte. Das würde also bedeuten, dass ich ein paar Tage von zuhause weg kam und Zeit mit meinen Freunden verbringen konnte.

Es hatte sich nicht viel zwischen mir und Edgar seit unserem Kuss geändert. Wir hingen nach wie vor praktisch jeden Tag nach der Schule miteinander ab, lernten und zockten die neusten Videospiele. Jon und Rick wussten nichts von der Sache auf Sallys Party, da keiner der beiden eingeladen worden war - und hätten Edgar und ich uns wie zwei komplett neue Menschen verhalten, so wären die beiden ganz bestimmt die ersten gewesen, welche was dazu gesagt hatten.

well built shipsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt