IV. Das Ländertreffen

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Alle vier Länder trafen ein und standen vor einer kleinen Treppe, auf der Ray und Benja standen. Ich stand weiter hinten bei den Bewohnern von Herz. Ray hat zwar gesagt, ich sollte mit vorn stehen und Benja hätte sicher zugestimmt, aber ich bin nicht Teil der Oberhauptfamilie.

Ich bemerkte, wie Benja sich zu Ray herunterbeugte und die beiden sich unterhielten, war aber zu weit weg, um zu verstehen, warum es geht. Das Gesprächsthema ließ Ray einmal kurz panisch mit den Händen fuchteln, bevor Benja ihm mit einem Handzeichen beruhigte.

Danach stellte sich Benja wieder kerzengerade hin und begann zu den Ländern zu sprechen. "Volk von Schweif, Klaue, Kamm und Zahn, Willkommen in Herz. Wir sind nun schon viel zu lange Feinde. Aber heute ist ein neuer Tag. Heute erwecken wir Kumandra wieder zum Leben."

Die Oberhäuptin von Schweif begann sarkastisch in die Hände zu klatschen. "Nette Ansprache, Oberhaupt Benja! Aber warum habt ihr uns wirklich hergeholt? Wollt ihr uns ausrauben?"

Das fängt ja super an, dachte ich.

Das Oberhaupt von Klaue spottete weiter. "Warum sollte er uns ausrauben? Das Land des Herzens hat doch schon alles."

Das Oberhaupt von Kamm meckerte weiter: "Oh, man kann leicht über Kummer und Leid große Reden schwingen, wenn man die mächtigste Waffe aller Länder besitzt."

Alle begannen durcheinander zureden, doch Benja sprach laut und deutlich darüber. "Der Edelstein ist keine Waffe. Er ist eine heilige Reliquie."

Die Anderen stritten sich weiter. Ray sah in die Richtung von Zahn und als ich meinen Blick dahin schweifen ließ, bemerkte ich ein Mädchen in unserem Alter neben der Oberhäuptin von Zahn, wahrscheinlich die Prinzessin. Sie lächelte, als sie Rays Blick bemerkte. Danach sah sie traurig zu Boden.

Ray drehte sich kurz zu mir um und lief dann die Stufen hinunter. Er verbeugte sich, während er den Kreis mit seinen Händen formte.

"Ich habe etwas zu sagen", begann Ray. Alle wurden leise. "Wer hat Hunger?" Ein Mann von Kamm meldete sich energisch, doch nahm die Hand sofort herunter, als er den bösen Blick seines Oberhauptes sah.

Die Prinzessin von Zahn lachte darauf kurz. Ihre Mutter sagte etwas zu ihr und deutete auf Ray, woraufhin die Prinzessin bedankend nickte und zu Ray ging.

Die beiden unterhielten sich und die Prinzessin schien ihm ihre Kette zu zeigen. Ray deutete ihr mit seiner Hand an, mitzukommen und ging die Treppe hoch. Sie folgte ihm. Die beiden kamen genau auf mich zu.

"Nari, guck' mal. Das ist Namaari, die Zahn-Prinzessin. Namaari, das ist Narisara." Er lachte leicht. "Halber Zungenbrecher eure Namen hintereinander zu sagen." "Schön dich kennenzulernen", sagte ich, während ich lächelnd nickte.

"Also ich habe einen Bärenhunger, wenn ihr nichts dagegen habt, würde ich jetzt gern was essen gehen", meinte Ray und marschierte schon los zum Herz-Palast. Ich schüttelte nur lächelnd mit dem Kopf. "Ist er immer so?" "Jap."

Als Namaari und ich ihm folgten, erfuhr ich, dass sie, genauso wie wir, ein Ding für Sisu hat. Sie hatte selbst eine Kette mit einem goldenen Sisu Anhänger.

Wenig später saßen wir zu dritt auf dem Boden, aßen und stellten uns gegenseitig Fragen.

"Was? Ehrlich? Deine Mutter hat das wirklich gesagt?", fragte ich lachend.

"Voll peinlich. Gut, nächste Frage. Nahkampf oder Schwert?", fragte Ray, als er mit einem Spieß auf Namaari zeigte.

Sie nahm ihm den Spieß aus der Hand und benutzte es wie ein Schwert. "Ich liebe die Klinge." "Meine Worte", meinte Ray darauf.

"Gut. Elegant oder leger?", fragte sie.

"Nur ein Monster würde sich jeden Tag in so ein Teil zwängen", entgegnete ich, als ich an meinem Kragen herumspielte. Daraufhin lachten wir alle drei.

"Äh, Reis oder Eintopf?", fragte Ray, dem anscheinend die Fragen ausgegangen waren. Sie sah traurig nach unten. "Das sollte dich jetzt nicht durcheinander bringen."

Sie lachte es nur ab. "Ich hatte ehrlich gesagt, lange keinen Reis mehr." "Wirklich?", fragte ich mitfühlend.

"Auf den ersten Blick sieht Zahn sehr schön aus. Aber wir haben ein paar ziemlich große Löcher, wenn man genau hinsieht." "Oh", seufzte Ray traurig. Mir ist nie wirklich aufgefallen, wie gut wir es hier in Herz hatten.

"'Tschuldige, ich wollte die Stimmung nicht versauen. So, wo waren wir? Wir beide haben keine Väter, ihr beide habt keine Mütter und die, die noch übrig bleiben, können keine Witze erzählen. Wir sind alle Krieger, die unbequeme formelle Kleidung verabscheuen."

"Und wir sind alle drei Sisu-Super-Fans", fügte ich hinzu. Darauf lachte sie.

"Ja. Wisst ihr, bei uns gibt es die Legende, dass sie noch da draußen sei." "Sisu? Das meinst du nicht erst, oder?", fragte Ray.

"Möchtet ihr etwas sehen?", fragte sie, als sie eine zusammengefaltete Schriftrolle hochhielt. "Darfst du das überhaupt haben?", fragte ich. "Tsk ... Nein."

Sie faltete die Schriftrolle auf. Zu sehen war Sisu, die auf der linken Seite mit dem Juwel gegen die Druun kämpfte. Auf der rechten Seite war sie umgeben von Wellen. Ein Fluss zog sich noch bis zum rechten Rand der Schriftrolle. "Nachdem die mächtige Sisu alle Druun hinweggefegt hatte, stürzte sie ins Wasser und trieb flussabwärts. Der Legende nach schläft sie jetzt am Ende des Flusses."

"Aber welcher Fluss? Da gibt es Hunderte", fragte ich.

"Das weiß ich auch nicht. Aber wenn wir sie finden würden ... Könnt ihr euch das vorstellen? Ein Drache, zurück in dieser Welt. Alles könnte sich zum Guten wenden."

Ray und ich sahen zu Benja. "Ja. Vielleicht können wir wirklich wieder Kumandra sein", sagte Ray.

Namaari nahm ihre Kette ab und legte sie mir in die Hand. "Hier." "Oh ... Ehrlich?" Sie legte ihre Hand auf meine und schloss meine Hand um den Anhänger. "Von einer Drachen-Verrückten zur anderen." Ich lächelte sie dankbar an. "Und was bekomm' ich?", fragte Ray spielend enttäuscht. "Tut mir leid, ich habe nur einen Anhänger. Den müsst ihr euch wohl teilen", antwortete Namaari grinsend.

Ray sah auf den Anhänger und dann zu mir. Er deutete mit dem Kopf zur Tür und ich wusste genau, was er mir damit sagen wollte. Ich nickte ihm zu. Mein größer Fehler. Ich hätte es wissen sollen.

"Hey, komm mit uns, Dep Là. Wir möchten dir etwas zeigen."

Ich nahm ihre Hand und führte sie zu dem Drachenjuwel.

Zusammen bis zum bitteren Ende ( m. Raya - Raya und der letzte Drache )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt