XI. Klaue

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Die Nacht war bereits angebrochen. Viele Druun schwirrten an Land herum, als würden sie nur darauf warten, dass wir aus dem Wasser kamen. Boun saß am Rand des Bootes und ruderte langsam, während Ray an der anderen Seite saß und sein Schwert schärfte. Tuk Tuk beobachtete ihn dabei. Sisu sah abwesend auf die Druun. Ich saß, gegen einen der Pfosten gelehnt und schaute aufs Wasser.

Es war still. Nur das leise Geräusch des Wassers und die leichten Geräusche des Schwertschärfens. Das Knacken der Äste und das leise Sausen des Windes, was die Druun verursachten, bedrückte unsere Stimmung erheblich.

Tuk Tuk knurrte ängstlich, doch Ray streichelte und beruhigte ihn.

"Wisst ihr, tagsüber vergisst man fast, dass sie da sind. Aber nachts ...", meinte Boun traurig und sah zu den Druun. "Darum gehe ich nie vom Schiff runter."

"Du bist 'n schlauer Junge", sagte ich aufmunternd. "Was sind Druun überhaupt?", fragte er.

Sisu, die immer noch auf die Druun starrte, erklärte es für ihn. Sie wusste es am besten von uns allen. "Eine Plage. Geboren aus menschlicher Zwietracht. Sie waren schon immer hier und warteten auf einen Moment der Schwäche, um anzugreifen. Sie sind so was wie das Gegenteil der Drachen. Anstatt der Welt Wasser und Leben zu bringen, sind sie wie ein gnadenloses Feuer, das alles auf ihrem Weg verschlingt, bis nichts mehr übrig ist außer Asche und Stein."

"Sie haben meine Familie geholt", sagte Boun traurig. "Genauso wie meine", entgegnete Sisu.

Sie nahm vier Blüten, betete und ließ sie ins Wasser fallen. Boun kam zu ihr und tat dasselbe mit fünf Blüten. Ray stand auf, nahm sich eine Blüte, drehte sich zu mir um und lächelte traurig. Ich tat das Gleiche und nickte. Er betete mit, ich ohne die Blüten und er legte die Blüten ebenfalls ins Wasser, die mit den anderen davonschwamm. Benja ...

In der Ferne sahen wir Lichter, die Lichter von Klaue. Ich musste gähnen. "Anscheinend sind wir da." "Und anscheinend braucht hier jemand 'ne Mütze Schlaf", meinte Ray zu mir.

"Wir müssen den Juwel holen. Ich kann danach immer noch schlafen", argumentierte ich, doch musste im letzten Moment gähnen. "Wenn du auf dem halben Weg einschläfst, bringt du uns überhaupt nichts, also bitte schlaf ein bisschen." Ich seufzte, er hatte ja recht. So müde wie ich war, hätte ich wahrscheinlich nicht mal mehr Kraft meine Hände oben zu halten.

"Okay gut." Er lächelte, kam zu mir rüber, kniete sich runter und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Meine Wangen wurden leicht rot und ich hoffte, dass er es durch die Dunkelheit nicht gesehen hat. Auch wenn ich mir einbildete, dass seine Wangen auch rot waren. Ich bin wohl wirklich müde. Ich fange schon an, mir Sachen einzubilden.

"Die Decken sind da drüben in der Kiste", sagte Boun. Ray war schneller da, als ich aufstehen konnte und gab mir die Decke. "Wir wecken dich, falls irgendetwas ist", merkte Sisu lächelnd an. Ich bedankte mich noch, bevor ich meine Augen schloss.


Rays Sichtweise

Mein Blick blieb noch eine kurze Weile an Nari hängen, wie sie sich in die Decke kuschelte ... Ich wünschte, ich könnte ihr einfach sagen, wie viel sie mir bedeutet. Aber sie würde nie im Leben meine Gefühle erwidern. Ich meine, sie ist perfekt und ich? Ich konnte nicht einmal Bà beschützen, wie soll ich dann sie beschützen. Sie kann das zwar auch allein und das weiß ich, aber ... ach keine Ahnung.

Boun unterbrach meine Gedanken. "Und, äh ... wo wollt ihr drei nach Klaue hin? Vielleicht liegt es auf meinem Weg. Ich meine, gegen eine Gebühr natürlich." Ich glaube, Nari würde es auch gefallen, hier noch länger zu bleiben. "Natürlich", lachte ich.

Klaue war auch bekannt als die schwimmende Stadt. Und das hier macht dem Namen wirklich alle Ehre.

"Wow! Was für 'ne pfiffige Art, das Haus Druun-sicher zu machen. Einfach aufs Wasser bauen. Die Typen hier sind echte Genies", staunte Sisu, als wir am Hafen angekommen waren.

"Ja. Klaue sieht schön aus, aber es ist ein Zentrum für Taschendiebe und Gauner", erklärte ich. "Ich Glückspilz. Leere Taschen."

"So die gute Nachricht lautet: Ich weiß, wo das Juwelstück ist. Die schlechte Nachricht: Es befindet sich im Besitz des berüchtigten Oberhauptes von Klaue, Dang Hai. Seinen Mangel an Stil gleicht er aus mit Bosheit."

"Alles klar. Starten wir 'ne Charmeoffensive. Holen wir ihm ein Geschenk."

"Sisu, es ist bestimmt sicherer für dich, wenn du mit Nari hier an Bord bleibst." "Was?" "Ohne dich können wir den Edelstein nicht wieder zusammensetzen." "Ich versteh' schon, dass du jemanden haben willst, der auf deine Freundin aufpasst, aber ich will helfen." "Sie ist nicht- egal. Aber du hilfst uns am besten, indem du in Sicherheit bist. Ich bin so schnell es geht wieder da."

"Wenn dir Hungrige begegnen, schick sie zu mir." "Wird gemacht, Käpt'n."

Tuk Tuk und ich liefen durch die Straßen von Klaue. Ein großes Haus war vor uns zu sehen. "Na schön, da ist Dang Hais Haus. Keine Umwege, bis wir den Drachenstein haben."

Doch dann hörte ich ein Baby weinen. Ich sah in die Nebenstraßen und da saß es, ein kleines Mädchen. "Woah, was ist das denn?" Es sah mich traurig an. "Ah ... na gut."

Ich nahm das Baby hoch. "Na du, Baby? Dreikäsehoch? Wie auch immer du heißt. Es ist spät. Was machst du hier draußen? Wo sind seine Eltern? Hey, äh, wessen Baby-", fragte ich, als ich mich umdrehte.

Doch dann sah ich drei Ongis, die beide Edelsteinstücke aus Tuk Tuks Tasche in den Händen hielten. "Was? Ongis? Pfoten weg!"

Das Baby zog meinen Hut runter und trat mich in den Bauch. Ich ließ es fallen. Als ich aufstand, sah ich das Baby lachend weglaufen. "Echt jetzt? Ein Gauner-Baby? Urgh!"

Tuk Tuk und ich jagten hinter den Vieren her. Sie waren schlauer und schneller, als ich dachte. Doch durch Tuk Tuk schaffte ich es beide Edelsteinstücke zurückzubekommen. Zum Glück. Wir hätten ein Problem gehabt, wenn ich die beiden jetzt verloren hätte. Und Nari hätte mir den Arsch versohlt.

"Danke. Es geht mich zwar nichts an, aber dein Baby-Charme zu benutzen, um andere abzuzocken", meinte ich, als ich mich zu dem Mädchen hinunter hockte, "ist nicht die feine Art."

Ich sah mich um. "Gut, wo ist deine Familie?" Sie steckte mir die Zunge heraus und deutete den Ongis zu gehen. Einer blieb eine Sekunde länger und stellte sich in die Position, in der jeder versteinert wurde.

"Oh." Das Ongi ging weg. "Klar." Ich sah noch einmal zu dem Mädchen, während sie den drei Ongis etwas zu essen gab. Danach sah ich zu Dang Hais Haus.

Ich drehte mich nochmal zu den Vieren. "Hey. Wie wär's zur Abwechslung mal mit ehrlicher Beute?" "Hä?"

Zusammen bis zum bitteren Ende ( m. Raya - Raya und der letzte Drache )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt