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Montag, 02. Mai 2016


~~ 07:17 ~~
„Guten Morgen, mein Schatz.", hörte ich meine Mutter mit fröhlicher Stimme sagen, als ich am Montagmorgen die Küche betrat.

Mit gewaltigen Kopfschmerzen und mieser Laune setzte ich mich seufzend an den Esstisch.
„Morgen."

Mir war es ein Wunder, wie meine Mutter trotz der Trennung und trotz dem Chaos ihr Lächeln nicht verlor. Ich konnte das nicht.
Seit dem mein Vater uns vor exakt einem Monat verlassen hatte, habe ich kein Auge zubekommen. Wie denn auch?- Meine Mutter, mein Bruder Jonathan und ich mussten ausziehen, als sich meine Eltern getrennt haben. Seitdem leben wir in dieser herabgekommenen Bruchbude, in der es regelrecht unmöglich ist, in der Nacht auch nur ein Auge zuzubekommen. Mein Bett ist ungemütlich und im Haus ist es eiskalt, dabei haben wir Mai. Ich hätte mir nichts mehr gewünscht, als unser altes Haus wieder zurückzubekommen.

Natürlich erzählte ich meiner Mom nicht, wie es mir wirklich ging. Schließlich wollte ich weder ihr Herz, noch ihre Hoffnungen brechen. Ich wünschte, ich könnte so positiv sein wie sie. Oder wenigstens den Anschein machen, dass es mir gut geht.

„Na, gut geschlafen?", sie wuschelte mir breitgrinsend durchs Haar.

Ich zuckte mit den Schulten.
„Ja, ganz okay.", log ich, die Wahrheit hätte sie nur traurig gemacht.

Mein Bruder Jonathan, der sich seine Unzufriedenheit ebenfalls nicht anmerken ließ, betrat den Raum mit einem schiefen Grinsen.
Er setzte sich neben mich.
„Hey, Kleiner."

Ich warf ihm ein nettes Grinsen zu.

„Will, hast du keinen Hunger?", fragte meine Mom, während sie hektisch die Küche aufräumte.

Ich schüttelte den Kopf.

„Hey, wäre es okay, wenn du heute mit dem Bus in die Schule fährst?", fragte mich Jonathan, während er hastig sein Frühstück in sich rein schaufelte.

Ich runzelte verwirrt die Stirn.
„Wieso das denn?"

„Unser Auto ist kaputt, wir mussten es in die Werkstatt bringen.", antwortete meine Mutter, „A-Aber ich könnte auch bei den Nachbarn fragen, ob dich vielleicht jemand in die Schule fahren könnte-„

„Mom, sei nicht albern, ich fahre mit dem Bus.", unterbrach ich meine Mutter leicht lachend.

Sie seufzte.
„Sicher?"

Ich verdrehte spielerisch die Augen.
„Ich bin doch keine 8 mehr.", ich stand auf, schnappte mir laut seufzend meinen Rucksack und öffnete die Haustür.

„Viel Spaß in der Schule, Schatz!", rief mir meine Mutter noch hinterher, bevor ich dann die Haustür schloss.

~~ 07:34 ~~

Ich stieg in den Bus. Zum Glück war er relativ leer und ruhig, es gab nichts was ich mehr hasste, als überfüllte Busse, in denen man nicht einmal mehr einen Sitzplatz finden konnte. Ich hatte jedoch Glück.

Ich setzte mich auf einen Zweierplatz, steckte mir meine Kopfhörer ins Ohr und stellte die Musik so laut es nur ging. Nur so ist ein Montagmorgen erträglich.
Gelangweilt starrte ich aus dem Fenster. Und ließ meine Gedanken schweifen.

THE BOY I MET ON THE BUS ~ byler Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt