Prolog

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Als ich von den lauten Alarmsirenen geweckt wurde, war die Sonne gerade am aufgehen. Ruckartig setzte ich mich auf und versuchte, tief durchzuatmen. Mein Herz klopfte wie wild. Wir wurden angegriffen. Mein Vater hatte mich lange auf diesen Tag vorbereitet. Mir war klar, was ich zu tun hatte. Und trotzdem hatte ich Angst. Angst um meine Familie, um mein Dorf und Angst davor, was heute passieren könnte. Wenn es überhaupt ein heute geben würde...

Mit zitternden Beinen erhob ich mich von meinem Bett und zog mir flüchtig neue Sachen an - draußen waren schon die ersten panischen Schreie zu hören. Im Wohnzimmer rannte meine Mutter, leichenblass und mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen durch die Gegend. Auf einem kleinen Stuhl stand ein aufgerissener Rucksack, in den sie hastig mehrere Vorräte reinstopfte. Em, meine kleine, 11- jährige Schwester, stand ängstlich und völlig unwissend an die Wand gepresst da, und beobachtete unsere Mutter. Ihre Augen waren gerötet und tränenfeucht. Behutsam ging ich auf sie zu und bückte mich zu ihr runter. „Es wird alles gut, okay? Du musst jetzt ganz ruhig bleiben. Wir passen auf dich auf, Em." Diese nickte stumm und vergrub ihr Gesicht in meinen Haaren, während ich sie an mich drückte. „Ich habe Angst...", flüsterte sie.

„Ich weiß.", gab ich leise zurück, „Ich auch."

„Moment mal..." Ich drehte mich zu meiner Mutter um, die immer noch damit beschäftigt war, wichtige Vorräte in die Tasche zu packen. „Wo ist Papa?"

„Er ist bei den anderen Männern. Sie rüsten sich aus.", antwortete diese knapp und wandte sich wieder dem Rucksack zu. Rückartig stand ich auf.

„Ich gehe auch zu ihnen!"

Auf einmal war es, als wäre meine Mutter aus einer Trance erwacht.

„Du bleibst hier, Alyson! Du bist ein Mädchen. Und außerdem bist du noch ein Kind. Es wäre viel zu gefährlich, dich alleine da raus zu schicken. Das würde deinen Tod bedeuten." Mit einem Mal stieg kochender Zorn in mir auf.

„Ich bin fast SIEBZEHN! Außerdem wurde ich vorbereitet. Ich habe trainiert! Von..." Ich wurde von einem markerschütternden Schrei von draußen unterbrochen. Darauf folgte ein dumpfer Schlag, als würde Metall auf etwas großes Krachen.

„ICH MUSS DA RAUS!", schrie ich meine Mutter wieder völlig gefasst an. „Ich kann kämpfen! Da draußen STERBEN Menschen, Mama." Wütend stürmte ich zur Tür.

„Wohin gehst du jetzt...?", fragte meine Mutter matt. Ich wirbelte herum. Sie hatte den Blick gesenkt, alle restliche Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. Ich wusste, dass sie es aufgegeben hatte, mich aufzuhalten. Und, dass sie Angst hatte. Aber ich musste gehen. Musste für mein Dorf kämpfen. Auch, wenn es meinen Tod bedeuten konnte.

„Ich gehe zu Papa und den anderen Männern."

„Pass gut auf dich auf, Allie." Behutsam drückte sie mir einen Kuss auf die Stirn. „Ich bin stolz auf dich."

Mit einem Mal wurde mir fürchterlich übel. Ich holte tief Luft, drehte mich wieder zur Tür um, und öffnete sie.

Zuerst sah ich gar nichts. Meine Augen brauchten eine Weile, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Und dann, als ich alles wieder einigermaßen erkennen konnte, traf es mich mit einem gewaltigen Schlag. Überall kämpften Leute und wirbelten den Sand vom Boden auf. In der Luft lag der stechende Geruch von Blut. Auf dem Boden lagen einzelne verletzte, oder sogar tote Leute. Mit viel Überwindung schaffte ich es, einen Schritt vorwärts zu machen und die Tür hinter mir zu schließen. Ich brauchte schnell eine Waffe.

Während ich zur Waffenkammer rannte, klopfte mein Herz so doll, dass ich glaubte, daran zu ersticken. Wenn mich jetzt einer der Angreifer erwischte, war es um mich gelaufen.

The Mavericks - Zone 5Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt