Kapitel 6

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Ash drückte mich gegen die Wand des Stalls und versperrte mit seinem Körper alle Fluchtwege, die mir in den Sinn kamen.

Es war das erste Mal, dass ich sein Gesicht von Nahem betrachtete. Er war vielleicht die attraktivste Person, die ich je gesehen hatte.

Seine langen, geschwungenen Wimpern warfen einen Schatten auf die hohen Wangenknochen. Die dunklen Augen sahen hier draußen fast schwarz aus. Ich traute mich nicht, meinen Blick von ihm zu abzuwenden.

Er hielt das Buch zwischen uns und schüttelte es.

„Was willst du damit?"

Das Buch war klein und in Leder gebunden. Ein dunkelrotes Samtband, das von einem kleinen goldenen Siegel zusammengehalten wurde, umschloss es.

„Das geht dich nichts an. Ich möchte es mir einfach nur mal angucken."

Ich rümpfte die Nase und starrte ihm direkt in die Augen, um meine offensichtliche Lüge zu verstecken.

Er beugte sich zu mir hinunter und ich konnte seinen Atem auf meiner Haut spüren.

„Das geht mich sehr wohl was an, Brooke."

Ich senkte meinen Blick, dabei bemerkte ich den Ring an seinem Mittelfinger. Auf ihn war das gleiche Symbol eingraviert wie auf das Siegel des Buchs.

„Dieses Buch scheint ja ziemlich wichtig für dich zu sein", vermutete ich.

„Und warum sollte ich dir dieses Buch dann geben, wenn es scheinbar so wichtig für mich ist."

Er hob seine Stimme am Ende des Satzes, um mich nachzuahmen. Ich sah ihn verärgert an.

Dann erinnerte ich mich plötzlich an das Gespräch, das ich im Flur überhört hatte.

„Du und deine Freunde da drinnen seid euch ja auch nicht besonders einig, was ihr mit dem Buch anstellen sollt, nicht wahr? Vielleicht kann ich ja helfen."

Ich drückte innerlich die Daumen und hoffte, dass mein Plan aufgehen würde.

Er zog einen Mundwinkel nach oben.

„Und im Gegenzug möchtest du dann das Buch haben?"

Ich nickte.

„Ganz genau."

Er trat einen Schritt zurück und musterte mich von Kopf bis Fuß. Ich spürte ein Kribbeln in meinem Bauch und senkte den Blick.

„Ich kann dir einen Deal vorschlagen", erklärte er. „Wir brauchen tatsächlich Hilfe. Du hilfst uns, das Buch bis zum Winterball zu verstehen und danach kannst du es haben."

Mein Herz machte einen Satz. Ich würde dem Verschwinden meiner Eltern nachgehen und gleichzeitig die Geheimnisse dieser Freundesgruppe herausfinden.

Ich streckte meine Hand aus.

„Einfach so?", fragte Ash und zog eine Augenbraue hoch

„Du musst dieses Buch aber dringend brauchen, wenn du noch nicht mal wissen willst, wobei du uns helfen wirst."

Ich sagte nichts, sondern ließ meine Hand weiterhin zwischen uns ausgestreckt. Er zögerte kurz, griff sie dann aber und wir schüttelten Hände.

„Triff uns morgen nach dem Unterricht an der Schulmauer, dann erfährst du mehr", sagte er und war schon im Begriff zu gehen.

Dann beugte er sich nochmal zu mir und flüsterte: „Du erzählst aber natürlich keinem von unserer kleinen Begegnung, Brooke."

Die Art wie er meinen Namen sagte, ließ einen Schauer meinen Körper durchgehen. Ich konnte meinen Mund nicht öffnen und nickte nur langsam.

Er drehte sich wieder um und verschwand ohne ein weiteres Wort im Stall.

Ich atmete tief durch und es dauerte einen Moment bis ich wieder fähig war, einen Fuß vor den anderen zu setzen.

Auf dem Rückweg zum Schulgebäude merkte ich wie meine Augenlider schwer wurden und ein Gähnen entwich meinem Mund.

Trotzdem dauerte es noch eine Ewigkeit bis ich einschlafen konnte. Ich musste die ganze Zeit an Ash, das Grimoire und meine Eltern denken. Es war aber vor allem Ash, der mir nicht aus dem Kopf ging. 

Thornwood SecretsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt