Sie hielt mich bestimmt zehn Minuten fest ehe ich mich von ihr lösen konnte. „Wir sollten wieder zurück zu Frau Haynes und Luuk gehen, sie vermissen uns schon.", sagte ich vorsichtig. Sie nickte einverstanden. Ich nahm ihr leeres Glas und trug es zurück in die Praxis-Küche. Als wir den Behandlungsraum betraten spielte Luuk gerade mit einem Spielzeug auf Estellas Schoß. „Guck mal Luuk wer da ist. Ist das die Mama?", fragte Estella und der kleine Luuk streckte seine kleinen Arme in die Richtung seiner Mutter. „Hat ihnen Frau Willemsen alles erklärt?", fragte Estella, als sie Luuk Amilia übergab. „Nur noch den Schluss nicht.", erklärte ich. „Okay. Das können wir kurzhalten.", sagte Estella und richtet sich an Frau Dumont. „In der Therapie beobachten wir genau die Fähigkeiten, die das Kind schon erlernt hat und welche Bewegungen als Kompensation eingesetzt werden. Frau Willemsen wird sie über die Kompensation aufgeklärt haben. Neue Fähigkeiten werden Schritt für Schritt zuerst grob erlernt und dann verfeinert. Dabei ist es wichtig, zu wissen, dass jedes Kind mit Down-Syndrom unterschiedlich lernt und das wir daher seinen Therapieansatz stets anpassen müssen. Therapiebegleitend werden wir die Eltern darin schulen, die neue Fähigkeit mit ihrem Kind zu verfestigen.", erklärte Estella zu Ende. „Haben sie noch irgendwelche Fragen?", fragte sie. Amilia schüttelte den Kopf. Mir tat sie ein wenig Leid. Es ist nicht leicht diese Informationen zu bekommen, denn sie klingen recht hart. „Bei Fragen können sie immer gerne im Therapiezentrum anrufen.", sagte ich noch schnell hinzu. Estella gucke mich an und nickte dann. „Genau.", stimmte sie mir dann zu. „Wir wären dann am Ende der ersten Stunde. Am Anfang wollen wir das Kind erst mal richtig kennen lernen.", erklärte Estella. „Beim nächsten treffen, dürfen sie dann schon mit ersten Aufgaben rechnen.", stellte Estella klar. Mir gefiel ihr Ton nicht. Sah sie nicht wie eingeschüchtert Amilia war und wie unsicher? „Wir werden ihnen die Aufgaben zeigen und alle Fragen dazu klären, falls sie welche haben.", versuchte ich sie zu beruhigen. „Wir fangen auch erst mit kleinen Aufgaben an.", sagte ich weiter. Amilia atmete erleichtert aus. Wir verabschiedeten uns von Luuk und Amilia. Ich setzte mich vor Estellas Schreibtisch und holte meinen kleinen Laptop raus. Ich schrieb mir Notizen auf, was ich in der ersten Stunde gelernt hatte. Ich machte mir Notizen bezüglich Luuk und sein Verhalten aber auch zu Amilia. Jeder Mensch reagiert anders und ich denke es wird mir helfen sie besser kennen zu lernen, wenn ich mir manche Eigenschaften von ihr aufschrieb. Unsicher, zweifelnd, eingeschüchtert, liebevoll, ehrlich. „Das hast du echt gut gemacht.", sagte Estella dann plötzlich hinter mir. „Sie hat sich dir direkt geöffnet und sowas schafft man eigentlich nicht so schnell.", gab sie zu. „Ja, sie war sehr unsicher.", bestätigte ich mich selber. „Ja, dass ist sie leider wirklich. Sehr schade, denn ich glaube in Luuk steckt ein kleiner Kämpfer. Nur wie soll er kämpfen, wenn es die eigenen Mutter nicht tut?", fragte sie indirekt. Ich wusste nicht recht, ob ich ihr antworten sollte. Ich entschloss mich jedoch dazu es zu tun: „Ich glaube sie braucht einfach etwas, woran sie sich festhalten kann. Sie weiß nicht was auf sie zu kommt, sie weiß nicht genau was wir mit Luuk machen. Sie zweifelt an vieles und das macht sie sehr schüchtern. Ich glaube, wir sollten ihr einfach öfters sagen, was wir wirklich tun wollen. Was unsere Schritte sind.", erklärte ich und hoffte innerlich auf keine Antwort. „Mhm.", kam nur von der anderen Seite des Schreibtisches. Estella saß vor ihrem Computer. „Was schlägst du vor?", fragte sie mich dann überraschender Weise. „Wir könnten ihr vielleicht immer sagen, was wir in der nächsten Stunde vorhaben. So weiß sie, was auf sie zu kommt.", schlug ich vor. „Ja. Kümmerst du dich dann darum? Ich habe es nicht so mit Eltern.", sagte Estella knapp. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich hatte das Gefühl, dass ich vor einer ganz anderen Person saß. Ich hatte sie ganz anders in Erinnerung. „Ja, kann ich machen.", sagte ich nur knapp. „Du kannst dann für heute gehen.", sagte Estella dann nach 10 Minuten schweigen. „Aber ich muss doch den ganzen Tag arbeiten?", fragte ich verwirrt. „Heute kommen keine Patienten mehr, weil ich noch was zu tun habe. Der Tag wird dir natürlich trotzdem komplett bezahlt.", entgegnete sie mir. „Okay.", sagte ich nur knapp und holte meine Tasche und meine Jacke. Ich packte meinen Laptop wieder in den Rucksack und zog meine Jacke an. Ich verließ den Behandlungsraum mit einem mulmigen Raumgefühl. „Luis?", fragte ich und sah mich nach ihm um. Er saß immer noch mit den anderen Kindern auf dem Boden im Wartebereich und spielte mit ihnen. „Luis?", rief ich ihn. Er stand auf und kam auf mich zu. „Gehen wir schon nach Hause?", fragte er mich auf gebärde. Ich nickte nur den Kopf. Ich nahm seine Jacke von der Garderobe und half ihm sie anzuziehen. „Hattest du heute Spaß?", fragte ich ihn. Er nickte eifrig. „Das freut mich.", ich lächelte ihn an. Er zog mich in eine Umarmung. „Ach ich habe dich so lieb Luis.", sagte ich zu ihm. Er drückte mich von sich weg und sagte: „ich habe dich auch lieb." Wir liefen zum Auto. „Wollen wir heute Pizza bestellen?", fragte ich ihn. Er nickte. „Es kann sein, dass Mama nicht zuhause ist. Sie übernimmt glaube ich die Spätschicht, ist das schlimm für dich?", fragte ich ihn. Er schüttelte den Kopf. „Ich habe ja dich.", antwortete er. Ich lächelte. Als wir im Auto saßen und nach Hause fuhren hörten wir ganz laut Musik. Luis liebte die englische Heavy-Metal-Band Black Sabbath. Bis heute wissen wir nicht, wie er auf die Band kam, denn keiner aus unserer Familie hört sie. Bis wir Zuhause ankamen, waren meine Ohren schon halb taub. Mein Bruder ging direkt in sein Zimmer und direkt nach dem seine Zimmer Tür zu war, hörte ich schon die Musik. Ich schleppte mich selbst in mein Zimmer und stellte meinen Laptop auf meinen Schreibtisch. Ich öffnete mein E-Mail-Postfach und fand dann die E-Mail: Liebe Frau Willemsen, wir freuen uns darüber, dass sie ich für unsere Universität entschieden haben und für den Studiengang Physiotherapie (Duales Studium). Sie werden ihre Schulischen Stunden im Online Unterricht absolvieren können. Präsensunterricht ist nicht zwingend erforderlich. Ihre Wochenstunden werden in 20 Stunden Praxis und 20 Stunden Theorie eingeteilt. Sie werden 20 Stunden im Therapiezentrum in Zandvoort arbeiten, unter der Anleitung von Estella Haynes und die anderen 20 Stunden sind für sie verpflichtend online zu erledigen. Weitere Informationen finden sie im Anhang. Ich schrie vor Freude. Ich nahm mein Handy und öffnete Face Time. Nach kurzer Zeit sah ich dann Kaya, Killian, meine Mutter und meinen Vater auf meinem Handy. „Ich wisst nicht, welche E-Mail ich gerade bekommen habe. Ich habe die ganzen Infos bekommen. Ich werde Physiotherapie mit dem Dualen Studium studieren!", schrie ich in das Handy. „Oh mein Gott El, herzlichen Glückwunsch!", gratulierte mir Killian. „Unfassbar meine beste Freundin wird ihren Traum wahr werden lassen. Unglaublich. Ich bin so stolz auf dich!", schrie Kaya am anderen Ende. „Ich bin so glücklich Elia. Schade das ich jetzt nicht zuhause bin. Wir werden das feiern.", sagte mein Vater. „Kein Problem Papa, wir werden es nachholen, wenn du Montag wieder zuhause bist.", erklärte ich ihm. „El, ich hole jetzt Pizza und komme dann direkt nach Hause. Ich werde mir Überstunden nehmen. Am besten hole ich noch Sekt, dann können wir darauf Anstoßen. Ich bin so Stolz.", sagte meine Mutter. „Ich könnte gerade die Welt umarmen. Ich bin gerade einfach so glücklich.", sagte ich und bekam mein Grinsen nicht mehr aus meinem Gesicht. Alle nickten und legten nach einander auf. Ich sperrte mein Handy und legte mich auf mein Bett. Ich habe es wirklich geschafft. Ich werde wirklich meinen Traumberuf studieren. Unglaublich.
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Stay fast
Lãng mạnAls Frau ein Formel 1 Fan zu sein, kann ganz schön hart sein. Alle glauben, dass du keine Ahnung von dem Sport hast, sondern es nur schaust, weil die Fahrer so attraktiv sind. Aber das ist einfach nur grundlegend falsch. Man kann auch als Frau ein F...