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Meine Mutter hielt ihr Versprechen und kam mit Pizza und Sekt nach Hause. Meinen Vater stellten wir per Face Time auf den Tisch, damit er mit feiern konnten. „Papa wo bist du denn da gerade unterwegs?", fragte ich mit dem Mund voller Pizza. „Ach du kennst das doch. Ich bin überall, denn es gibt immer irgendwo ein Problem.", lachte er und biss in sein Brötchen. Luis fing an zu lachen. „Wir alle essen Pizza und Papa nur ein langweiliges Brötchen.", sagt Luis. Er fing dann auch an zu lachen. „Ja, schmeckt zwar nicht so gut wie eine Pizza aber leider bekomme ich hier keine Pizza.", erklärte er. „Das Wetter scheint echt schlecht bei dir zu sein.", stellte meine Mutter fest und lacht. Mein Vater nickte. „Totale Katastrophe, aber vielleicht hört es bis zum Rennen auf immer heißer zu werden.", sagte er und man sah, wie er seine Augen zusammenkneifen musste, um seine Augen vor der grellen Sonne zu schützen. „Denkst du, es wird ein spannendes Rennen? Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich es mir anschauen werde.", fragte ich ihn. Er nickte nur. „Wenn du es nicht schauen kannst, kann ich dich auch gerne auf dem Laufenden halten. Ich werde bei dem Rennen keine Verantwortung tragen, sondern nur oben neben den wichtigen Leuten sitzen, falls etwas passiert.", sagte er und schüttelte sich den Sand vom Körper. „Ich muss jetzt auflegen, hier gibt es noch viel zu tun. Lasst es euch schmecken!", sagte mein Vater und legte auf. Wir aßen noch die Pizza auf und setzten uns dann zusammen auf die Couch. „Wie war es heute eigentlich in der Praxis?", fragte meine Mutter. „Ich weiß es nicht genau.", sagte ich. Meine Mutter schaute mich verwundert an. „Hat es dir keinen Spaß gemacht?", fragte sie mich. Ich schüttelte den Kopf. „Nein, das ist es nicht. Es hat mir Spaß gemacht, nur ich hatte nicht damit gerechnet, dass es so emotional wird.", versuchte ich ihr zu erklären. Sie nickte. „Ja, ich kann das gut verstehen. Ich war selbst in der Position wie die Eltern, denen du jetzt helfen willst. Es braucht Zeit und Geduld bis man an dem Punkt angekommen ist, wo man keine Angst mehr hat. Als Eltern kann man nicht viel machen, denn man ist kein Arzt, kein Therapeut oder was auch immer. Man kann immer nur alles dafür tun, dass sein Kind die besten Möglichkeiten und Hilfen bekommt, die es bekommen kann.", antwortete sie. Ich schaute runter auf meine Hände. „Ich dachte, dass ich weiß worauf ich mich einlasse, doch ich weiß nicht mehr so recht. Ich kann den Eltern nur gut zu reden, doch ich kann ihnen die Last nicht abnehmen und das fällt mir sehr schwer.", gestand ich. Meine Mutter nahm meine Hände in ihre. „Elia, deine Aufgabe ist es nicht, den Eltern die Last von den Schultern zu nehmen. Deine Aufgabe wird es sein, den kleinen Kämpfern die Chance zu geben, ein normales Leben führen zu können. Die Eltern werden früher oder später selbst ihren Weg finden, aber die kleinen können das nicht.", gab sie mir zu verstehen. „Ich weiß, aber ich kann das nicht wirklich trennen. Für mich ist das ein Doppelpack. Das eine kann ohne das andere nicht funktionieren. Die Eltern müssen auch hinter der Therapie stehen und quasi den Kindern vorleben, dass es nicht schlimm ist. Die Kinder nehmen sich doch ein großes Beispiel an den Eltern.", versuchte ich meine Lage zu verdeutlichen. Meine Mutter nickte verständlich. „Du hast natürlich recht. Nur du musst verstehen, dass die Kinder nicht wissen, dass sie nicht normal sind. Sie denken, dass es normal ist, so wie sie sind. Nur die Eltern sehen den Unterschied zwischen anderen Kindern und ihrem eigenen Kind und da liegt das Problem. Sie bilden sich Ängste ein und fühlen sich hilflos. Es braucht Zeit bis sie bemerken, dass auch ein krankes Kind immer noch ein Kind ist, dass ein normales Leben führen kann. Es braucht nur mehr Hilfe.", erklärte sie. Ich nahm sie in den Arm. „Danke Mama.", sagte ich an ihrer Schulter. „Ich helfe dir immer gerne.", sagte sie. Ich ging nach dem Gespräch rauf in mein Zimmer und war innerlich irgendwie froh, dass morgen Samstag war und ich nicht arbeiten musste. Wie war es heute? Bekam ich eine Nachricht von Killian. Killian war Kayas großer Bruder. Er war 5 Jahre älter als wir und total der Sportfreak. Er verbringt jede freie Minute im Fitnessstudio, obwohl er durch seine Geburtsverletzung ein wenig eingeschränkt ist. Er wollte nie darüber mit mir sprechen und ich habe das akzeptiert. Er versteckt seine rechte Hand zu gut es geht. Ich hatte dann irgendwann mal seine Mutter gefragt und sie hatte mir dann erzählt, dass die Ärzte ihn falsch auf die Welt geholt haben. Sie haben zu spät gesehen, dass die Nabelschnur um sein Handgelenk gewickelt war. Als sie ihn dann per Kaiserschnitt geholt haben, wurde sein Handgelenk zu sehr strapaziert. Man konnte seine Hand nicht mehr richtigstellen. Auch Therapien haben nicht geholfen. Killian macht aber keine große Sache raus. Da der Sport seine Leidenschaft ist, studiert er Sport und Management. So wie ich das verstanden habe, hat er damit eine große Bandbreite bezüglich was er später einmal machen kann. Ich kenne mich damit nicht wirklich aus. Aber er interessiert sich für die F1 und deswegen verstehe ich mich mit ihm auch so gut. Für den Anfang glaube ich war es ein wenig zu viel. Antwortete ich ihm. Willst du darüber reden? Ich habe gerade Zeit. Ich könnte dich anrufen. Fragte er. Nein, ich mache gleich mein Handy aus. Muss ein wenig über den heutigen Tag nachdenken. Tippte ich und machte mein Handy aus. Ich ging in das Badezimmer und stellte mich unter die heiße Dusche. Ich war unzufrieden. Ich dachte, dass mich der heutige Tag nur noch mehr bestärken würde und jetzt stehe ich unter der Dusche und bin mir nicht mehr sicher ob ich wirklich die richtige Entscheidung getroffen habe. Ich zog mir meinen Pyjama an und verkroch mich unter meiner Bettdecke. Ich öffnete Netflix auf meiner PS4 und machte mir drive to survive an. Ich döste immer mal wieder ein. Um kurz vor 10 gab ich dann auf und schaltete meinen Fernseher aus. Ich schaltete noch mal mein Handy an und ging ein wenig auf Instagram. Meine Seite war natürlich voll mit der Formel 1, denn es war natürlich Rennwochenende. Die offizielle Formel 1 Seite verriet mir dann, dass im ersten freien Training, dass vor ein paar Stunden war, dass Hendrik Dumont mit einer Rundenzeit von 1:31,394 Minuten Schnellster vor Mika Nykänen und Isaac Harris. Gutes erste freie Training von Dumont. Hätte ich nicht mitgerechnet, schrieb ich meinem Vater. Die Antwort kam sofort: Ja, war ein gutes erstes freies Training. Sonne. Sonne. Sonne. Ich schickte ihm den Sonnen Emoji und ein lachendes Gesicht. Danach schloss ich Instagram und schaltete dann mein Handy wieder aus. Obwohl ich sehr Müde war, kreisten meine Gedanken immer noch um den Tag heute. Ich sah die pure Angst in den Augen von Amilia und ich konnte ihr einfach nicht helfen. Ich wusste einfach nicht, ob mir die zukünftigen Eltern mir den Spaß und die Freude an dem Beruf nehmen werden. Nachdem mein Zimmer jedoch komplett leise und dunkel war, schlief ich sofort ein.

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