Wenn Beatriz schlecht gelaunt war, ging Pumba ihr lieber aus dem Weg. An Bord dieses Schiffes war das jedoch nicht möglich. Hier war sie den Launen ihrer Herrin vollkommen ausgeliefert. Noch nicht einmal in der Nacht hatte sie ihre Ruhe. Sie schlief auf den Holzdielen vor der schmalen Koje ihrer Herrin und wenn die in der Nacht seekrank wurde und sich übergeben musste, war es Pumbas Aufgabe ihr den Kübel unter das Kinn zu halten.
Ihre Herrin konnte sich auch nicht auf den Donnerbalken setzen und so wie die Seeleute am Bug des Schiffes ihren Hintern über Bord halten. Sie verrichtete ihr Geschäft in den gleichen Kübel, in den sie hinein kotzte. Dafür hob sie ihre Röcke und setzte sich in ihrem Verschlag zwischen der Bettkoje und den Kisten auf diesen Kübel. Pumba kippte den Inhalt dann über Bord und reinigte den Holzeimer mit Meerwasser.
Weil sie aber nur die schwarze Dienerin war, durfte sie den Kübel ihrer Herrin natürlich nicht selbst benutzen. Sie musste warten, bis es dunkel wurde und verrichtete ihr Geschäft dann genau wie die Männer auf dem Donnerbalken über dem Wasser.
Doch manchmal hielt sie es nicht länger aus und musste auch im hellen Licht des Tages dort hin. Vielleicht hatte ihre Herrin sich das als eine weitere ihrer vielen Gemeinheiten gedacht, doch wenn die See nicht zu rau war, genoss Pumba die Zeit auf dem Donnerbalken. Hier war sie endlich einmal allein und hatte ein paar Minuten für sich selbst.
Die Männer ließen sie in Ruhe, nach dem ein allzu aufdringlicher Seemann die Peitsche gespürt hatte. Der Kapitän sah es nicht gern, wenn seine Teerjacken das schwarze Mädchen beim Kacken beobachteten.
Pumba war mit ihren 16 Jahren etwa genauso alt wie ihre Herrin und diente ihr seit den gemeinsamen Kindertagen. Sie konnte sich nicht erinnern, wie sie in den Haushalt von Luís Moncada de Cabrál gekommen war. Sie wusste weder, wer ihre Mutter, noch wer ihr Vater war. Beatriz hatte ihr einmal erzählt, dass ihre Mutter eine Sklavin aus Afrika war. Über ihren Vater oder über den Umstand, wie sie nach Spanien gekommen war, wusste auch sie nichts.
Seither bestanden ihre Tage aus rennen und schuften. Sie musste waschen, nähen, putzen, für das leibliche Wohl ihrer Herrin, und hier an Bord auch noch für das Wohl ihres bewaffneten Begleiters Jorge sorgen. Der alte Soldat hatte nur noch ein Auge. Er diente der Familie Moncada bereits sein ganzes Leben. Nach dem plötzlichen Herztod seines Herren Luís Moncada de Cabrál hatte er der Mutter von Beatriz versprochen, ihre Tochter sicher in die Neue Welt zu bringen. Dort würde er sie wohlbehalten ihrem versprochenen Bräutigam übergeben.
Hier an Bord gab es nicht genug Platz und Jorge hatte noch nicht einmal einen eigenen Verschlag oder gar eine Koje wie Beatriz. Genau wie die Mannschaft, suchte er sich am Abend einen Platz an Deck, wo er sich zum Schlafen hinlegte. War die See zu rau, dann verzog er sich in den Laderaum. Dort war es aber noch schwerer einen guten Schlafplatz zu finden, als an Deck, denn der Laderaum war voll mit Fässern und Kisten.
Jorge kannte die beiden Mädchen seit ihrer Kindheit. Sie waren ihm ans Herz gewachsen und er wunderte sich manchmal, wie hart Beatriz zu Pumba war. Doch weil es ihn nichts anging, hielt er sich da heraus und kümmerte sich nur um seine eigenen Angelegenheiten.
Pumba liebte den alten Soldaten fast wie einen Vater, denn sie hatte ja keinen Menschen, zu dem sie Vater sagen konnte und sie war ihm dankbar, weil er so wenige Wünsche hatte. Mit einem getrockneten Fisch oder ein wenig Suppe, war er den ganzen Tag zufrieden.
Beatriz hingegen erfand immer neue Arbeiten, um sie in Bewegung zu halten. War alles erledigt, ließ sie sich von Pumba die langen, blonden Haare bürsten oder die Füße massieren. Es gab keine Ruhe, keine Erholung und kein Entkommen. Deshalb war Pumba so froh, wie selten zuvor in ihrem Leben, als sie endlich den Ruf »Land in Sicht« vernahm.
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Wie der Große Geist den Indianern das Pferd schenkte
Ficción históricaZwei junge Krieger hören von einem Händler eine unglaubliche Geschichte, von Männern mit Haaren im Gesicht, die in der Lage sein sollen auf großen Tieren zu reiten. Noch halten sie diese Geschichte für eine Lüge. Trotzdem machen sie sich auf die Suc...