XIX

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Niall ist vielleicht einer der vergesslichsten Menschen auf der ganzen Welt. Er mag ein wenig egozentrisch und zügellos sein. Und vielleicht auch leichtsinnig, albern, grob und anstrengend.

Aber er gibt verdammt gute Ratschläge.

Am Tag nach Halloween, zwischen mehreren Toilettenbesuchen, bei denen Louis seine Eingeweide auskotzte - er wird nie wieder lila leuchtenden Punsch trinken und er wird Zayn verhaften lassen, den Wichser - hatte Louis den Tag stöhnend und ächzend auf dem Boden verbracht, zum Teil, weil er im Sterben lag, zum Teil, weil Harry ihm wieder einmal den Verstand geraubt hatte, als er endlich glaubte, dass sie ein gewisses Maß an Normalität erlangt hatten.

"Warum bist du so besessen von diesem Kerl? Du kennst ihn doch kaum", rülpst Niall, der im Kühlschrank wühlt und heiße rosa Boxershorts trägt. "Du willst ihn ficken, oder?"

"Mein Gott, Irland, wo hast du deine Manieren?" ruft Louis und schafft es tatsächlich, seinen Kopf vom Boden zu heben, um ihm einen ungläubigen Blick zuzuwerfen. "Und nein, das habe ich nicht vor. Um ehrlich zu sein, wundert es mich, dass sich keiner von euch mehr Sorgen um ihn macht. Er ist ein absolutes Wrack."

"Ich weiß nicht, es scheint ihm in letzter Zeit etwas besser zu gehen als sonst." Niall reißt eine Chips Tüte mit seinen Zähnen auf.

"Das dachte ich auch. Bis ich heute Morgen die hier gefunden habe." Louis schiebt die winzigen, gekritzelten Zitate in Nialls Richtung.

"Was zum Teufel?", fragt er neugierig und begibt sich zu Louis', auf dem Boden, ausgestreckter Gestalt hinüber, bevor er ihm die Zettel aus den Händen reißt. Er liest sie mit zusammengekniffenen Augen. Dann blickt er wieder zu Louis hinunter - dunkle Ringe unter seinen hellen Augen und etwas Glitzer auf seiner Wange. "Ich verstehe es nicht."

Louis rollt mit den Augen.

"Klingen diese Zitate für dich positiv? Tun sie das? Denn für mich tun sie das nicht. Und, ja, ich bin mir nicht ganz sicher, was er genau meint – bei ihm weiß man ja nie was er will - aber ich denke, es bedeutet, dass es ihm die ganze verdammte Zeit über nicht besser gegangen ist und er mir nicht mehr vertraut als von vorherein und dass er immer noch im Arsch ist und Des immer noch vermisst wird und-"

"Des wird vermisst?" fragt Niall plötzlich und seine Augen weiten sich.

Mist.

"Äh."

"Nein, also ja, das würde erklären, warum der Track auf Eis gelegt ist. Wo ist er denn? Auf einer Sauftour?" Sein Ton ist leicht, neugierig, forschend, und Louis ist verblüfft.

Das es Niall so wenig berührt, beschäftigt Louis schon seit Wochen unablässig.

"Tja - ich bin mir nicht sicher, um ehrlich zu sein. Harry redet nicht über solche Dinge. Zumindest nicht mit mir." Louis verstummt und fühlt sich mit einem mal unbehaglich, während Niall sich Chips in den Mund steckt und sich auf die Couch fallen lässt. "Ich weiß nicht, was ich tun soll", sagt er leise. "Ich habe keine Ideen mehr. Wie soll ich beweisen, dass ich keine bösen Absichten habe? Dass ich ihn nicht nur ausnutze oder mich über ihn lustig mache oder so? Wie zeige ich ihm, dass ich keine schlechten Absichten habe oder so?"

"Ich glaube, du liest zu viel in zwei Fetzen Papier hinein, wenn ich ehrlich bin."

"Tue ich nicht!" kreischt Louis - seine Kehle schmerzt, aber das ist ihm egal, er starrt Niall böse an. "Er hat gesagt, dass er sie speziell ausgewählt hat, Niall. SPEZIELL. Und jetzt weiß ich nicht, was ich tun soll, weil alles wieder falsch ist, wo ich doch dachte, dass ich ENDLICH einen Schritt weiter bin!"

Niall seufzt übertrieben laut und setzt seine Tasche ab, während er zu Louis hinüberschaut, der müde und völlig unbeteiligt aussieht. "Louis. Sieh mich an. Hör auf, so viel nachzudenken, in Ordnung, Kumpel? Du machst all diese verdammten Pläne, und nicht ein einziges Mal sind sie aufgegangen. Sei einfach du selbst. Es ist wirklich so einfach. Je mehr du versuchst, dich anders zu verhalten oder dummen Scheiß zu machen, desto mehr wird Harry das merken und deine Motive noch mehr hinterfragen. Sei einfach du selbst, Tommo. Das hat dich so weit gebracht." Und dann ist er wieder am Essen und starrt auf seinen Laptop.

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