Kapitel 7

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Sonntag der, 11.07.2024

Elena fand die Küche im Nachbarzimmer, ein Teil der Decke war heruntergestürzt, wo durch die hinauf in ein weiteres Zimmer schauen konnte, in der staubigen Luft konnte sie gut ausmachen, dass die Schränke offenstanden, offenbar hatte jemand so schnell wie es ging Sachen herausgerissen, welche man gebrauchen konnte. Unter anderem stand auch der Kühlschrank offen, die Lampe brannte natürlich nicht mehr.

Elena stieg über einen umgekippten Stuhl und begutachtete den Kühlschrank, verschimmelte Wurst und Käse... eine Packung Milch, bestimmt auch nicht mehr brauchbar. Die Marmelade sah auch nicht besser aus als der Käse. Nicht wirklich enttäuscht wendete Elena sich ab und durch suchte die anderen Schränke und Schubladen. Sie fand Tassen, Teller, Gabeln, Löffel, Messer... und auch ein paar Dosen mit Tomaten Suppe und eingelegten Fisch, beides noch haltbar.

Mit ihrer Beute kehrte sie zurück ins Wohnzimmer, Rahels Zustand hatte sich verschlechtert, sie lag benommen, blass und verschwitzt auf dem Sofa, Ihr Hemd hatte bereits weiter fleißig Blut aufgenommen. Elena kniete sich neben die Soldatin: „Halt durch... ich geh in den Keller, und vielleicht finde ich dort endlich etwas, was uns weiterhilft. Hier, nimm das und pass gut darauf auf." Elena drückte Rahel ihre Beute in die Hände, das Mädchen schloss, dankbar darüber etwas zu tun zu haben, zittrig ihre Finger um die Dosen. „Okay...", hauchte sie leise. Elena erhob sich, mit einem mulmigen Gefühl suchte sie den Weg in den Keller.

Sie fand den Flur auf der anderen Seite der Wohnstube, mit weichen Knien stieg sie die Treppen hinab in den Stockdunklen Keller. Nur langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit, ebenso langsam kam sie voran, nachdem sie den Waschraum und einen Fitnessraum gefunden hatte, traf sie endlich auf das Gesuchte, ein Vorratsraum. Auch hier nahm sie mehrere Dosen mit Essen heraus, ebenso wie Wasserflaschen und auch Alkoholische Getränke, nicht um sich zu besaufen, sondern für die Wunde.

Wieder oben im Wohnzimmer angekommen suchte sie nach einer Nadel und Gran, beides fand sie in einer verstaubten Schublade in einer Kommode. Erneut ließ sie sich neben der erschöpften Rahel nieder. „Okay... das wird jetzt brennen...", Elena zog das Hemd des Mädchens hoch, wickelte den mit Blut durchdrängten Verband ab und goss dann vorsichtig den Alkohol auf die Wunde. Rahel zischte leise auf und warf den Kopf in den Nacken. Elena sah kurz zu ihr auf, konzentrierte sich dann aber darauf das wirklich die gesamte Schusswunde gereinigt wurde. Als sie sicher war, dass die Wunde gut gesäubert war, nahm sie das Garn und den Faden. Sie reinigte die Nadel ebenfalls so gut wie möglich mit dem Alkohol und führte den Faden ins Nadelöhr.

Mit präzisen engen Stichen nähte sie die Wunde wieder zusammen, danach desinfizierte sie diese erneut mit dem Alkohol, erst jetzt viel ihr auf, dass etwas Wichtiges fehlte: „Verdammt... einen Moment." Sie erhob sich und durchsuchte das Zimmer, in einem Schrank fand sie einen festen Stoff. Sie zerschnitt ihn mit Hilfe eines Messers aus der Küche in lange Streifen und wickelte diese dann um Rahels Bauch.

Als Rahel endlich versorgt war, ließ Elena sich auf den Boden sinken, erst jetzt da das Adrenalin verschwunden war, merkte sie die Erschöpfung, ihre Arme und Beine weigerten sich noch weiter zu arbeiten und auch ihre Lunge begann wieder stärker zu brennen. „Elena?", Rahels schwache Stimme ließ sie auf sehen. „Danke...", hauchte die Brünette und ihre Lippen formten sich zu einem dankbaren Lächeln. „Nicht dafür...", murmelte Elena, liebevoll wischte sie Rahel eine verschwitze Haarsträhne aus dem Gesicht. „Was... was passiert jetzt?", fragte Rahel leise nach. „Ich weiß es nicht... wahrscheinlich werden Rettungskräfte kommen, so lange müssen wir uns hier verstecken..." Rahel nickte schwach. „Du solltest schlafen..., das war alles viel zu viel für dich...", wies Elena das Mädchen an. „Könnten Sie..." Elena verstand die abgebrochene Bitte, mit wackeligen Beinen erhob sie sich und legte sich neben Rahel. Ihre ehemalige Schülerin schlang beschützend die Arme um sie und schlief kurz darauf ein. Elena starrte sie eine weile an, beobachtete die Gesichtszüge, das ruhige Atmen... leise seufzte sie... die Gefühle von damals waren noch lange nicht verstummt. Elena schloss die Augen und lauschte dem ruhigen gleichmäßigen Herzschlag der Soldatin und triftete dann auch in einen traumlosen Schlaf ab.

Elena erwachte erst am späten Nachmittag wieder, offenbar hatte ihr Körper dringend den Schlaf benötigt. Sie genoss Rahels warmen Körper, welcher so perfekt an den ihren passte, die Hand welche sanft über ihren Rücken streichelte. Leise seufzte sie und öffnete die Augen. Rahel sah mit einem so weichen Ausdruck in den Augen auf sie herab, dass Elena sich sicher war, dass ihr Herz gerade davon floss. „Wissen Sie eigentlich wie froh ich bin, dass Sie noch leben?", hauchte Rahel leise mit ihrer vertrauten tiefen, rauen Stimme. „Ich bin auch sehr froh das du lebst...", wisperte Elena leise zurück.

„Weißt du etwas von deinen ehemaligen Mitschülern?", fragte Elena nach einer Weile und durchbrach die angenehme Stille. „Marianne ist tot...", murmelte Rahel leise und wendete ihren Blick ab. Elena spürte wie sich ihr Herz zusammenzog, Marianne war ein gutes Mädchen gewesen: „Sie war deine Freundin... oder?" Rahel nickte schwach: „Sie hat die Ausbildung gehasst, und den Krieg noch mehr... sie hat davon geredet was sie danach alles machen wird... sie wollte eine Familie gründen und einen Hund... ein eigenes Haus irgendwo wo es schön ruhig war... sie wollte Lehrerin werden..." Elena suchte Rahels Blick, und als sie diesen fand sah sie den Schmerz in ihren Augen. „Sie war zu gut für diese Welt...", flüsterte Rahel leise. Elena nickte leicht: „Sie wäre eine gute Lehrerin geworden..." Elena spürte wie Rahel tief durchatmete: „Von den andren weiß ich nichts... wir wurden nach der Ausbildung getrennt... Und wie sieht es mit ihren Kollegen aus?" „Ich weiß es nicht... zu Mareike, also Frau Schubert, hab ich den Kontakt verloren, auch zu Frau Sieberts und den anderen..." Rahel nickte schwach: „Wir werden sie finden, wenn das alles vorbei ist..." Elena nickte und klammerte sich fest an diesen kleinen Hoffnungsschimmer, wohl bewusst, dass der Krieg sich noch lange nicht dem Ende neigte und die Chance zu überleben mit jedem Tag sank.

„Wir sollten etwas Essen...", murmelte Elena um von den düsteren Gedanken abstand zu halten. Rahel nickte schwach. „Ich hoffe du magst Fisch..." „Ich... hab's früher gehasst, aber man darf nicht mehr wählerisch sein...", gestand Rahel leise. „Also keine Dates mit dir in einem Fischrestaurant?", witzelte Elena um die Stimmung zu lockern. „Nein... Frau Meister..., da müsste ich dann... ablehnen, selbst..., wenn eine.... so charmante Frau... wie Sie fragen würde...", keuchte Rahel neckend und schaffte ein schwaches Lächeln. Doch in Elena wuchs die Sorge: „Bekommst du schlecht Luft?" „Nein... alles gut... ich... mit tut nur der Bauch weh... und der Hals...", sie hustete leise.

Elena setzte sich auf und fischte nach einer der Dosen. „Fisch mit Tomaten-Pfeffersoße...", lass sie die Beschriftung ab. „na dann guten Appetite.", sie öffnete die Dose und roch am Fisch. Als sie sich sicher war, dass der Fisch noch gut war, holte sie Messer und Gabeln aus der Küche und teilte sie das Filet mit dem Messer in zwei Teile und fütterte Rahel dann mit der Gabel. Danach aß sie ihre Hälfte. Schweigen machten sich zwischen ihnen breit.

„Wie lange glaubst du wird es dauern bis jemand kommt?", fragte Elena leise nach, nach dem sie aufgegessen hatte. „Ich... glaube... es wird niemand kommen..." „Was? Aber... wir sind doch ein Krankenhaus... Zelt gewesen, da müssen doch welche kommen zum Evakuieren!" „Wer... soll denn... kommen? Meine Truppe... wurde hier her verlegt... in der... Hoffnung, wir... könnten hier noch was reißen... aber wir wurden fast alle... bei dem Hinterhalt getötet... Die Front Richtung... Russland ist stark geschwächt... und hier liegt alles... in Schutt und Asche... niemand wird kommen..., nur um ein Dutzend Überlebenden zu helfen... es kann keiner kommen..." Elena wusste das Rahel recht hatte, aber sie wollte es einfach nicht glauben... so wollte sie nicht streben, und die Chance hier draußen alleine zu überleben war so gering...

„Wir werden das Schaffen...", flüsterte Rahel leise und eindringlich, „Ich werde jetzt nicht aufgeben, nicht jetzt da ich Sie endlich wieder gefunden hab..." den letzten Teil hauchte sie so leise, dass Elena sich sicher war das sie es nicht mehr hatte hören sollen, daher sagte sie nichts und stimmte der Soldatin im Stillen zu.

Sie würden jetzt nicht aufgegeben... sie mussten kämpfen!

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