Kapitel 8

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Montag der 12.07.2024

Lautes Rumpeln und noch lautere Rufe weckten Elena am späten Morgen auf. „Hey! Ist hier noch jemand?" „Gib es auf, wir haben alle, mehr sind es nicht mehr... sie müssen alle tot sein." „Nein verdammt! Hier wurden viele Verletzte behandelt, ich werde nicht glauben, dass so viele..." „Die liegen alle dort unter dem Gebäude..." Die Stimmen der diskutierenden Männer wurde langsam leiser. Elena entspannte sich, gut... sie wurden nicht gesehen... warte! Das waren Deutsche, sie konnte sie verstehen! Hastig sprang sie auf. „Wo...", murmelte Rahel, welche durch die ruckhafte Bewegung geweckt wurde. „Hilfe... Hilfe ist da! Bleib liegen, ich hole sie!" Und schon rannte sie los, quetschte sich durch den Spalt in der Mauer und blickte sich suchend um.

Mehrere Soldaten liefen um das eingestürzte Gebäude und zogen leblose Körper aus den Trümmern, Bergepanzer räumten das Geröll zur Seite. Wenige Überlebende wurden zu Truppentransportern getragen. Andere Männer durchsuchten die Überreste des verbrannten Zeltes und den Rest der Notfallversorgungslage. „Hey! Sie da! Umdrehen und Hände nach oben, ganz langsam!", brüllte eine weibliche Stimme hinter Elena. Diese befolgte auf der Stelle dem Befehl und blickte einer gestresst wirkenden Frau Mitte dreißig entgegen. „Wer sind sie? Weisen sie sich aus!", brüllte die Brünette weiter.

„Ich bin Elena Meister, Sanitäterin in der Einrichtung hier.", Elena sprach ruhig zu der Frau, welche nun langsam ihre gehobene Waffe senkte. „Haben sie einen Ausweis?" „Ja, in der linken vorderen Hosentasche." „Holen sie ihn heraus. Langsam." Elena tat wie geheißen und zückte das folierte Papier, welches sie als medizinisches Personal auswies. Die Frau kam näher und nahm das Dokument in die Hand, als sie es überflogen hatte, entspannten sich endlich ihre Schultern. „Sie sind also eine Überlebende? Gibt es hier noch andere?" Elena wollte sofort laut rufen das Rahel noch im Gebäude ist, aber sie war vorsichtig geworden im Krieg. „Kann ich ihren Ausweis sehen?", fragte sie stattdessen. „Natürlich.", die Frau holte ihren Dienstausweis. Captain Fiona Vogt. Stand dort in schwarzen Buchstaben. „Ich leite diesen Einsatz...", erklärte sie noch weiter und steckte den wieder zurück gereichten Ausweis weg. „Weshalb?" „Was meinen Sie?" „Weshalb gibt es hier einen Einsatz? Ich dachte wir hätten nicht genügend Truppen mehr..." „Nun, wir mussten uns ziemlich weit von den Grenzen zurückziehen, daher sind wir wieder etwas kompakter und können Rettungsmissionen starten, außerdem brauchen wir jeden Mann und jede Frau an der Front, und natürlich die Medikamente..." Elena nickte verstehend nach der Ausführung der Frau. „Ist hier noch jemand? Irgendein weiterer Überlebender?", fragte der Captain weiter und Elena konnte ernsthafte Sorge und ein Fünkchen Hoffnung aus den Worten heraushören. Langsam nickte sie.

Elena führte die Soldatin ins Haus und zum Sofa auf dem Rahel immer noch kraftlos lag. „Leutnanten Wiedinger!", rief Frau Vogt und ließ sich neben dem Sofa auf die Knie fallen. „Ihr kennt euch?", fragte Elena verdutzt in die Runde. Rahel nickte schwach: „Sie... war die erste... Kommandantin unter... der ich dienen... durfte..." „Was hat sie? Wie konnte das passieren?", fragte der Captain aufgebracht. „Sie hat eine entzündete, zwei Mal genähte Schusswunde am Bauch, und eine tiefe Schnittwunde entlang der Brust... die restlichen Verletzungen sind nicht so relevant." „Fuck...", fluchte die Kommandantin, „Wir bringen euch beide zu unserem Lager, und ich schau mal was ich für sie tun kann..." „Ich... brauch keine... extra Behandlung...", widersprach Rahel schwach und man hörte eindeutig wie schwer es ihr viel zu atmen und zu sprechen. Rahel holte tief Luft und verzog vor Schmerz das Gesicht. „Keine Widerrede!", knurrte die ältere Soldatin und Elena pflichtete ihr nickend bei.

Der Captain hob Rahel hoch und trug sie gefolgt von Elena aus dem Raum. „Ich hab hier noch jemanden!", brüllte die Kommandantin und einer der Männer zog die Abdeckplane des Truppentransporters weiter auf. Sie legte Rahel behutsam auf dem Boden des Wagens ab und deutete auf einen Sitzplatz: „Dort können Sie sitzen." Elena kletterte in den Wagen und ließ sich auf den angedeuteten Sitz fallen. Rasch blickte sie sich um, der Transporter war noch nicht mal voll, zwei weitere saßen auf Sitzen, und vier Verwundete lagen auf dem Boden. Elena seufzte leise, so wenige hatten den Angriff und den Einsturz des Gebäudes überlebt.

Sie warteten noch eine kurze Zeit und dann setzte sich die Kolonne in Bewegung. Elena blickte auf Rahel hinab, sie lag verschwitz und mit vor Schmerz verzogenem Gesicht auf dem Boden und schlief unruhig. Jetzt wird es bestimmt besser... vielleicht wurden sie ja in ein größeres Lager gebracht... ein besser verteidigtes... Elena hoffte es zumindest.

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