Der beschissenste aller Tage

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Jennys Sicht

Noch bis spät in die Nacht lag ich wach. Eigentlich hätte ich nach der vergangenen Nacht, wie ein Stein schlafen müssen, aber ich konnte nicht. Im Zimmer selbst war es stockdunkel, doch durch die Vorhänge vielen die Lichter von Bars und Diskotheken des nächtlichen Münchens. Draußen tobten die Feierwütigen und in mir meine Gefühle. Auch nach Stunden begannen die Schmetterlinge in meinem Bauch wieder zu flattern, wenn ich daran zurückdachte, wie es sich angefühlt hatte, seine Lippen auf meinen zu spüren. Doch immer wenn dies passierte schaltete mein Hirn sich ein.

Es gab gefühlt hunderte Gründe, warum es eine verdammt dämliche Idee war, sich in ihn zu verlieben. Ich hatte einen Freund, den ich zwar nicht liebte (immerhin eins hatte mir der Kuss gebracht), aber dennoch waren wir noch ein Paar. Und er hatte diese Antonina, auch wenn ich dieses Verhältnis zugegeben nicht so ganz einschätzen konnte. Und nicht zu vergessen, er war ein Star und wurde von der ganzen Welt vergöttert. Im Gegensatz zu ihm, fühlte ich mich manchmal, als wäre ich der Welt egal. Ruhelos wälzte ich mich herum, bis ich mich schließlich dazu durchrang, Cora eine Sprachnachricht zu schicken. Ich wollte sie nicht wecken, auch wenn ich jetzt gerne mit ihr gesprochen hätte. Sie hatte im Moment extrem anstrengende Tage und brauchte ihren Schlaf. Ich fühlte mich aber trotzdem ein bisschen erleichtert, weil ich meine ganzen Gedanken aussprechen konnte, auch wenn sie es erst hören würde, wenn ich morgen längst auf der Arbeit war. Schließlich schaffte ich es dadurch doch noch zu meinem wohlverdienten Schlaf.

Am nächsten Morgen schien mir der Wecker noch unerbittlicher, als er es sonst auch schon jeden Morgen war. Ich versuchte ihn so gut es ging zu ignorieren, was allerdings keine so gute Idee war. Als ich schließlich doch aufstand, war es 10 vor 8 und ich musste um halb 9 am Laden sein. Ein Wettrennen gegen die Zeit, welches ich eigentlich gar nicht gewinnen konnte. Also war Multitasking statt entspanntem Start in den Tag angesagt. Während ich mich anzog und schminkte, was heute definitiv nötig war, lief der Kaffee in meinen heißgeliebten Starbucks Becher und das Toast röstete im Toaster. Um kurz nach 8 verließ ich mit Nutellatoast und Kaffee das Haus, setzte mich ins Auto und hoffte, dass der Verkehr heute gnädig mit mir war.

ICH STAND IM STAU! EINE BESCHISSENE HALBE STUNDE LANG! Dementsprechend viel zu spät lenkte ich mein Auto auf den Mitarbeiterparkplatz hinter dem Geschäft. Ich betete, dass heute einer der Tage war, an dem meinem Chefin Homeoffice machte. Also betrat ich den Laden durch den Hintereingang. Vorne hörte ich allerdings bereits, wie meine Chefin unsere Auszubildende Celi, eigentlich Celina, für etwas wahrscheinlich unnötiges zusammen faltete. Ich versuchte es zu ignorieren und wollte meine Sachen wegstellen, aber Frau Lindberg hatte mich entdeckt. ,,Guten Morgen Frau Hövels, schön, dass sie uns auch endlich mit Ihrer Anwesenheit beehren. Wenn sie sich schon den ganzen Abend mit Ihrem Lover vergnügen, sollten Sie es trotzdem noch schaffen pünktlich zur Arbeit zu kommen! ,,Aber..." ,,Kein aber, Sie schienen ja noch genug Zeit für einen Kaffee zu," sie deutete auf den Starbucks Becher in meiner Hand, ,,also werden Sie es ja wohl auch verstehen können, wenn ich mir heute endgültig die Zeit nehme, Ihnen eine Abmahnung zu schreiben. Und jetzt bewegen Sie sich verdammt noch mal und machen Ihre Arbeit!" Mit diesen Worten rauschte Sie zum Glück davon und ich stand da, wie ein begossener Pudel. Diese Ansagefühlte sich für mich an wie ein Schlag ins Gesicht.

Anscheinend erging es nicht nur mir so, denn quasi direkt fühlte ich, wie sich von beiden Seiten Hände auf meine Schultern legten. Mein Gehirn erholte sich langsam und so sah ich Tati zu meiner linken und Celi zu meiner rechten stehen. Beide lächelten mich aufmunternd und ermutigend an, während sie mich mit leichtem Druck in die Teeküche schoben. Dort nahmen sie mir meine Sachen ab, während sie versuchten mich einigermaßen wieder auf ein arbeitsfähiges Level zu bekommen. Kurze Zeit später war mein Gehirn bereit und ich stellte mich trotzdem noch dem Arbeitstag, auch wenn Konzentration mir zugegeben schwer fiel.

Gegen Mittag trat Frau Lindberg aus Ihrem Büro und warf mir fast schon spöttisch im Vorbeigehen die Abmahnung vor die Nase. Ein paar Sekunden später hörte ich wie die Hintertür geöffnet und wieder geschlossen wurde. Ich warf Celi einen erleichterten Blick, welchen diese nur lächelnd erwiderte. Der Kunde vor mir hingegen blickte nur mitleidig auf das Stück Papier und dessen Überschrift. In dem Moment öffnete sich hinten erneut eine Tür, so dass ich mich zum Glück nicht erklären musste. ,,Mittagessen, meine Freunde!", schrie Tatjana quer durch den Laden. Ich antwortete ,,Komme gleich!", während Celi schon nach hinten geflitzt war. Ich musste schmunzeln. Dieses Mädchen war ungefähr das Verfressenste was es geben konnte. Ich bediente also zu Ende, was mir in dem Pizza – Pasta - Duft, welcher durch den Laden waberte, nicht gerade leicht fiel.

Ein paar Minuten später saß ich dann doch noch bei den Mädels am Tisch und gönnte mir eine Portion Spaghetti Carbonara. Eigentlich versuchte ich auf meine Ernährung zu achten, aber an manchen Tagen musste einfach Soulfood her. So einen Tag hatte ich heute definitiv. Ich hatte den beiden vom gestrigen ,,Vorfall" erzählt und deswegen beschwerten sie sich auch nicht, als mein Handy klingelte. Normalerweise war die gemeinsame Mittagspause heilig, weil sie sehr selten möglich war. Ich sah, dass Cora anrief und hob ab.

,,Hey Schätzchen."

,,Hey."

,,Sorry, aber ich bin gerade erst dazu gekommen mir deine Nachricht anzuhören."

,,Kein Problem."

,,Zuerst einmal finde ich, du siehst das alles zu negativ. Ich meine, einer der heißesten Typen der Stadt hat dich geküsst. Das ist der Traum von ich-weiß-nicht-wie-vielen-tausend Mädchen. Das ist eigentlich etwas worüber man sich freuen oder zumindest geehrt fühlen sollte. Und wenn es nur bei dem Kuss bleibt auch gut, dann weist du jetzt wenigstens, dass du Tim loswerden solltest. Und wenn er mehr Interesse hat, noch besser."

,,Na deine Gelassenheit hätte ich gerne. Der Typ spukt mir seit Wochen im Kopf rum und sorgt dafür, dass ich nicht mehr ordentlich denken kann und dann kommst du mit ,,Freu dich drüber". WIE SOLL ICH MICH DENN BITTE FREUEN?"

,,Oh Süße, ich weiß es ist nicht einfach, Liebe ist nie einfach. Du solltest aber versuchen dich darauf einzulassen."

Ich konnte ihr leider nur noch mit halbem Ohr zuhören, da Celi an der Tür zum Klo klopfte, auf welches ich mich verzogen hatte. ,,Jenny, die Pause ist um." ,,Komme."

,,Hey, ich muss..."

,,Ich weiß, habe es gehört. Tu mir einen gefallen und versuch dich zu entspannen, okay? Wir reden heute Abend weiter."

,,Ja, ich versuche es. Bis nachher."

,,Tschaui."

Am Abend war ich die letzte im Laden. Tati hatte einen Arzt Termin und Celi hatte ich schon ein paar Minuten eher nach Hause geschickt. Als ich zuletzt die Hintertür abschloss, sah ich auf dem Kundenparkplatz noch ein einzelnes verlorenes Auto stehen. Genau in diesem Moment stieg eine mir sehr bekannte Person aus dem teuer aussehenden Sportwagen. Mein Kopf versuchte mir noch klar zu machen, dass es dämlich war zu ihm zu gehen. Mein Herz hatte allerdings schon die Steuerung übernommen und so trugen mich meine Füße zu ihm. Er steuerte auf die Ladentür zu, schien mich aber dann im Augenwinkel zu sehen und drehte sich zu mir. Er lächelte mich an und sorgte so dafür, dass mir bereits wieder die Knie wackelig wurden.

,,Hey.", bekam ich nur heraus, als ich letztendlich vor ihm stand und hätte mir am liebsten direkt selbst eine verpasst. Fiel mir denn ernsthaft nichts Besseres ein als ,,Hey."? ,,Hey.", erwiderte er, begann dann aber zu stottern. ,,Hast du, ... hast du vielleicht Lust auf ein Date? Wir könnten essen gehen oder so." In diesem Moment setzte mein Herzschlag kurz aus, nur um dann mit doppelter Geschwindigkeit wieder anzufangen. Ich hatte wohl einen Moment gezögert, was ihn dazu brachte ein ,,Muss auch nicht jetzt direkt sein." hinterher zu setzen. ,,Ähm, ja klar, aber mir würde Samstag besser passen." Ich benötigte definitiv Zeit mich darauf geistlich einzustellen. Sein Gesichtsausdruck wechselte kurz zu enttäuscht erhellte sich dann aber wieder. ,,Samstag passt mir leider nicht, aber wie wäre es mit Sonntag? Wir könnten Mittags essen gehen und danach vielleicht noch in den Park oder so?" ,,Gerne" antwortete eindeutig mein Herz. Jetzt war es also offiziell, ich hatte ein Date mit Robert Lewandowski.

Hey Leute,

nach langem Warten gibt es heute endlich wieder ein neues Kapitel. Und yay, die beiden werden es endlich tun ;-)


Bittersweet roseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt