Eight • Exulansis

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Nervös stand ich vor dem Tanzsaal, zu dem mich Hyunjin eingeladen hatte. Geschultert trug ich meine Sporttasche mit mir, wenngleich ich bereits Klamotten angezogen hatte, die sich zum Tanzen eigneten. Ich warf einen Blick auf mein Handy, so als könnte dieses mein aufgedrehtes Herz beruhigen. Doch da mich keine neue Nachricht von Hyunjin erwartete, stieg stattdessen meine Unruhe noch viel höher. Sollte ich einfach anklopfen? Was, wenn noch jemand anderes hier war? Was, wenn er mich bloß verarscht hatte und ich gar nicht hier sein dürfte?

Mir ging es gar nicht gut und ich spielte mit dem Gedanken, einfach wieder heimzugehen. Das war eine blöde Idee gewesen. Ich hätte nie hierherkommen dürfen.

Dann aber öffnete sich auf einmal die Tür und verschreckt rutschte mir mein Handy aus der Hand. Etwas perplex starrte ich Hyunjin an, welcher nun vor mir stand. Auch er wirkte etwas verwirrt darüber, dass ich hier gestanden hatte, er hatte ebenso sein Handy bei sich. Vermutlich hatte er mir gerade anrufen wollen. Doch als er auf den Boden schaute, entdeckte er mein Telefon, welches dort seelenruhig ruhte, mit seinem Chat geöffnet.

Ein schiefes Grinsen schlich sich auf seine Lippen.

"Felix, hey.~ Du hättest längst reinkommen dürfen, ich habe nur auf dich gewartet", begrüßte er mich. Noch immer starr vor Schreck mit einen hochroten Gesicht, aus dem man meine Verlegenheit problemlos herauslesen konnte, stand ich da. Deswegen beugte sich Hyunjin schmunzelnd herunter und hob mein Handy auf, ehe er mein Handgelenk ergriff und mich kurzerhand in den Tanzsaal zog.

'Atmen, Felix, atmen! Du bist gerade bloß mit deinem Schwarm beim Tanzen. Und zum ersten Mal wirst du live von Nahem sehen, wie unglaublich gut er dabei aussieht. Nicht schreien, nicht schreien, nicht schreien, reiß dich zusammen!' Meine Gedanken überschlugen sich und ich war der Inbegriff von Überforderung, als Hyunjin mir mein Handy in die Hand drückte. Seine vollen Lippen zierte das breiteste Lächeln, das ich jemals gesehen hatte, und entspannt joggte er zum Musikplayer.

"Wärmen wir uns erst einmal auf", schlug er vor und startete eine Playlist. Ein paar Mal blinzelte ich, noch immer wusste ich nicht so ganz, was ich denken sollte. Dann aber nickte ich rasch und steckte mein Handy weg. Ich holte meine Turnschuhe heraus und tauschte sie mit meinen Straßenschuhen aus, legte auch meine Jacke ab. Anschließend sprang ich wieder auf die Beine und schloss mich dem älteren Schüler an, der bereits angefangen hatte, seine Runden zu laufen. Er hatte eindeutig einen unfairen Vorteil durch seine langen Beine, allerdings war ich sportlich und schnell, somit konnte ich mithalten. Ein kleines Lächeln bildete sich auf meinen Lippen und ich rannte neben ihm her. Das tat gut. Die Anspannung fiel aus meinem Körper und die aufgestaute Energie floss in meine Bewegungen. Erleichtert atmete ich durch.

Hyunjin schien zufrieden zu sein. Offensichtlich hatte er bemerkt, dass sein Angebot mich tatsächlich auf andere Gedanken brachte. Oder vielleicht aber fühlte er sich gut, weil er von meinen Gefühlen wusste. Rasch schüttelte ich meinen Kopf, versuchte, diese Gedanken gänzlich zu verbannen. Emotionen hatten hier nichts zu suchen, ich wollte lediglich tanzen. Und Tanzen erfüllte mich bloß mit Leidenschaft, nicht mit Liebe. Warte, Liebe? Gott, nein, wie kam ich jetzt darauf?!

"Ich glaube, das reicht. Dehnen wir uns als nächstes, okay?", lächelte mich Hyunjin nach einigen Runden an. Beinahe stolperte ich aufgrund seiner Worte, nickte dann aber hastig und hielt inne. Ich zwang mich dazu, ihn nicht anzustarren, wenngleich mein Blick wieder und wieder zu ihm gleiten wollte. Beim Dehnen wurden Muskeln zur Schau gestellt, Muskeln, die der Ältere besaß, ich hingegen nicht. Unbewusst kaute ich auf meiner Unterlippe herum, bemerkte immer wieder, wie meine Augen zu ihm huschen wollten. Nein, nein, verdammt, nein!

Unruhig atmete ich durch. Meine Konzentration schwand dahin, allerdings konnte ich durch die Spannung zum Dehnen meinen Kopf wieder durch die Wand stecken und mich zusammenreißen. Verdammt, was war denn los mit mir? Da dachte ich einmal, ich hätte die Kontrolle über mich zurückerlangt und dann scheiterte ich erneut. Als würde ich einen Drachen steigen lassen, aber ein Sturm würde mich heimsuchen. Wieso musste all das nur so schwierig sein?

Eudaemonia ★ HyunlixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt