Kapitel 4

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Empörte, aber auch zustimmende Laute erfüllten den Raum. Links neben Nurie zog jemand scharf die Luft ein. Es war Talion. Nurie war so sehr mit den führenden Lords und Ladys beschäftigt gewesen, dass sie ihn jetzt zum ersten mal seit beginn der Sitzung wieder wirklich wahr nahm. Nurie erkannte auch schon nach wenigen Sekunden, wieso Talion so bestürzt war. Er war ein Lord der Drachenreiter, das hieß, dass er Lordaius' Meinung sein musste. Wenn er das nicht war, würde er von seiner Lordschaft verstoßen werden, das hatte Nurie´s Vater ihr erklärt und sie wusste instinktiv, dass das stimmte. Nurie biss sich fieberhaft nachdenkend in die Unterlippe. „Wenn Ihr es zulasst, werde ich euch beweisen, dass ich fähig bin, euch zu führen.“ sagte Nurie so laut, dass alle anwesenden sie trotz des Lärms der streitenden Elfen hörten. Alle verstummten urplötzlich und wartete auf eine Reaktion von Lordaius. Der Elf hatte seinen Blick nachdenklich auf den Tisch geheftet und Nuri glaubte wirklich, dass er nachdachte, bis sie spürte, wie jemand versuchte, ihren Schild zu durch dringen. Sie verstärkte ihn und sagte ruhig, aber mit einem wütendem Unterton „Lasst das und denkt gefälligst über mein Angebot nach.“ Als Nuri sich langsam beruhigt hatte, ließ der Druck immer noch nicht nach und Lordaius grinste herausfordernd. „Du hast es nicht anders gewollt.“ flüsterte Nurie wie zu sich selbst. Sie konzentrierte sich auf das Gras, das sofort reagierte und sich um Lordaius' Knöchel wand. Schnell dachte Nurie noch daran, dass der Elf nichts sagen soll und schon war der Druck auf ihrem Schutzschild verschwunden. „Wer ist noch Lordaius' Meinung?“ fragte Nuri ruhig und sah von einem Anführer zum nächsten. Fünf Lichter erloschen. Nun schwebten nur noch vor Lordaius, Theranel, Erisar, Beríon und Isíra die leuchtenden Kugeln. „Hab ich mir gedacht.“ sagte Nurie und ließ Lordaius wieder frei. „Nicht klug von dir mich anzugreifen, kleine Elfe.“ meinte dieser. „Von Euch ebenfalls nicht.“ entgegnete Nurie und blieb absichtlich förmlich. Nurie hörte wie einige Elfen empört zu streiten begannen, doch sie beachtete es kaum. „Wie kann ich Euch beweisen, dass ich geeignet bin?“ fragte Nurie stattdessen ruhig. Dieses mal überlegte Lordaius wirklich. „Ich möchte mich gern mit Theranel, Erisar, Beríon und Isíra beraten.“ sagte er schließlich. „Gern.“ erwiderte Nurie. Sie verrutschte die Stühle schnell so, dass sich die fünf Lordschaften, die sich gegen sie verschworen hatten, gegenüber saßen. Als die Insel das in die Tat umgesetzt hatte, teilte Nurie den Tisch in zwei und schob die Hälfte mit den gegnerischen Lordschaften ein paar Meter weit weg, damit sie sich in Ruhe beraten konnten. Nun saß nicht mehr Talion neben Nurie, sondern Mira und alle anwesenden Elfen, außer Serdan und Talion, starrten Nuri bestürzt an. „Wie hast du das gemacht?“ fragte Mira flüsternd. Nurie lächelte fröhlich. „Was meinst du? Ich dachte, jede Elfe kann Gegenstände verschieben.“ fragte sie verwirrt. „Das stimmt, aber hier kann das eigentlich niemand.“ entgegnete Mira leicht lächelnd. „Oh.“ machte Nurie überrascht. „Wieso kann das eigentlich niemand?“ fragte sie neugierig. „Weil Darylia diese Halle erbaut und dafür gesorgt hat, dass nur ihre Nachkommen sie verändern können.“ erklärte Firina, die neben Mira saß, lächelnd. Nurie hatte ganz vergessen, dass die anderen auch mithören konnten. „Das wär dann noch ein Beweis, dass ich ihre Tochter bin.“ sagte Nuri leise und ließ sich nicht anmerken, wie sehr sie in Gedanken versunken war. Lauter fügte sie hinzu „Ich bin euch dankbar, dass ihr zu mir gehalten habt.“ „Wir wären Euch niemals in den Rücken gefallen, Dröttning.“ versicherte Wyrdra, deren Lordschaft neben Domina´s saß. „Dem stimme ich zu.“ sagte Bloeedhgarm mit tiefer Stimme. „Ich ebenfalls.“ ergänzte Domina. Auch Firina und Serdan stimmten zu und dann fingen sie an zu diskutieren, wie sie auf was reagieren würden, was Lordaius und seine Anhänger verlangten. Nurie hielt sich aus ihrer Unterhaltung raus, sie wollte ihre Entscheidungen nicht beeinflussen, stattdessen dachte sie darüber nach, was heute alles passiert war.
Schließlich hatte sie alles bis ins kleinste Detail noch mal durchdacht und hatte nichts mehr zu tun. Sie streckte sich nach unten und pflückte sich einen Grashalm. Er hatte ein saftiges Grün und Nurie konzentrierte sich darauf ihn in einen ebenso grünen Schmetterling zu verwandeln. Sobald es ihr gelang, fing sie erneut damit an. Die Schmetterlinge ließen sich alle auf ihren Armen, Beinen und Haaren nieder. Plötzlich horchte Nurie auf. Talion hatte am anderen Tisch das Wort ergriffen. Nurie hatte bis jetzt nicht mitbekommen, dass sie den Gesprächen mit halbem Ohr folgte. „Ich kann das machen, Lordaius“ sagte Talion. Nurie setzte sich wieder gerade hin und lauschte mit ihren empfindlichen Elfenohren. „Nein, Talion, Euch vertraut sie zu sehr. Ich schlage Lyrim vor.“ erwiderte Lordaius ruhig. Die anderen vier Anführer stimmten zu. Nurie hörte wieder weg. Was wollte Talion machen, fragte sie sich. Währen Nurie wieder in Gedanken versank, diskutierten die Lords und Ladys der Elfen weiter.

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