Kapitel 5

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Der Fall schien endlos lang zu sein, doch dann landete Nurie weich im Gras. Erstaunt starrte sie auf die hellgrünen Halme. Als etwas dumpf neben Nuri landete, sah sie auf. Es war Talion, der ebenfalls runter gesprungen war. „Ich hätte echt nicht gedacht, dass du springen würdest.“ sagte er überrascht. Nurie lächelte und meinte fröhlich. „Das war toll!“ Talion betrachtete sie lächelnd. Plötzlich spürte Nuri einen leichten Druck auf der Schulter. Sie schaute zur Seite und erkannte Sköliro. „Da bist du ja.“ begrüßte sie den Falken lächelnd und strich ihm über den Kopf. „Komm, Nu. Ich zeig dir die Insel.“ sagte Talion immer noch lächelnd. Nurie´s Lächeln verschwand wieder. „Ich werd nicht wieder fliegen.“ erklärte sie fest. Talion rollte mit den Augen und meinte „Loivissa ist sowieso jagen und ich dachte auf einem Pferd zureiten wäre angenehmer.“ „Oh.“ machte Nu. „Was ist? Hast du etwa auch Angst vor Pferde?“ fragte Talion verwirrt. Nurie lachte sarkastisch auf, dann antwortete sie lächelnd „Nein, ich hab keine Angst vor Pferden, ich mag sie sogar sehr. Das Problem ist nur, dass ich nicht reiten kann.“ Lächelnd erwiderte Talion „Das ist überhaupt kein Problem, die Pferde machen alles von selbst, wenn du die richtigen Wörter kennst.“ „Und die wären?“ fragte Nu skeptisch nach. „Es ist nicht erlaubt, gegen den Willen des Rats zu arbeiten.“ zitierte Talion irgendwas, dass Nurie von irgendwo her kannte. Sie überlegte kurz und sagte dann „Damit würdest du aber im Interesse der Mehrheit des Rats handeln.“ „Der Mehrheit?“ fragte Talion leicht skeptisch. „Jep.“ bestätigte Nu lächelnd. Seufzend schüttelte Talion den Kopf. „Dir entgeht aber auch gar nichts.“ meinte er mit einem leichten Lächeln. „Ja und jetzt bist du derjenige, der ablenken will.“ entgegnete Nurie seufzend. „Na gut.“ sagte Talion nach einer kurzen Pause. Er lief zur Weide und erst jetzt sah Nu die zwei weißen Pferde, die dort angebunden waren. Mit leuchtenden Augen ging Nurie zu dem ersten Pferd. Es war etwas kleiner, als das andere. Vorsichtig strich sie ihm über die Stirn und das Pferd schmiegte seinen Kopf an Nuri´s Hand. „Wenn du 'gánga fram ' sagst, dann läuft es gerade aus.“ sagte Talion, der mit dem Seil beschäftigt war. Nu war wieder aufmerksamer geworden. „Und wenn du sagst 'gánga aptr', läuft es rückwärts. Wenn es stehen bleiben soll sagst du 'letta', verstanden?“ fuhr Talion fort und sah auf. Nurie nickte begeistert. Als Talion über ihre Schulter zum See sah, versuchte Nu ihre Gefühle zu verbergen. An Talion´s verdutztem Gesichtsausdruck konnte sie erkennen, das es geklappt hat. Neugierig drehte sie sich um und sah weit und breit nur weiße Blüten. Es waren aber keine Orchideen, sondern schneeweiße Rosen. „Was fühlst du gerade?“ fragte Talion ohne seinen Blick vom See abzuwenden. Nurie lächelte schief. „Ich bin neugierig und amüsiert.“ antwortete sie ruhig. „Ich verstehe nicht.“ sagte Talion verwirrt und sah Nu endlich wieder an. „Was amüsiert dich denn so?“ fragte er mit einem ungeduldigen Unterton. „Mich amüsiert, dass du nicht erkennst, dass ich meine Gefühle zu verbergen versuche.“ erklärte Nurie belustigt. Talion hob eine Braue. „Und das klappt?“ fragte er verwirrt. Nu rollte mit den Augen und entgegnete „Dass siehst du doch, oder nicht?“ „Ja, schon, aber ich dachte, dass weiße Rosen auch eine bestimmte Stimmung beschreiben.“ meinte Talion leicht verärgert. „Ist ja schon gut. Lass uns endlich los reiten, ich will nicht allzu spät zurück sein. Nicht dass ich morgen tot müde bin.“ sagte Nurie und wollte auf das kleinere Pferd auf steigen, dann bemerkte sie jedoch, dass das Pferd keinen Sattel hatte. „Wieso hat es keinen Sattel?“ fragte Nurie verwirrt. „Weil wir keinen brauchen. Außerdem heißt sie Hvitr. Das bedeutet weiß.“ erklärte Talion leicht lächelnd und stieg auf das andere Pferd. „Na dann.“ sagte Nu und stieg leichtfüßig auf. „Hallo Hvitr.“ ergänzte sie lächelnd. „Kausta.“ befahl Talion Nu´s Pferd und ritt langsam voraus. Hvitr setzte sich in Bewegung und als sie zu den anderen zwei aufgeschlossen hatten, fragte Nurie neugierig „Was hast du zu ihr gesagt.“ „Komm.“ übersetzte Talion ruhig und ritt schneller.
Als erstes ritten die beiden in den Wald des Frühlings. Dort zeigte Talion Nu das grüne Schloss. Es war riesig und wunderschön. „Hier arbeiten die Lords und Ladys des Frühlings?“ fragte Nurie mit großen Augen. „Nicht nur das.“ erklärte Talion ruhig. „Die meisten von ihnen schlafen auch dort. Wenn du nicht bei den Menschen gewesen wärst, wärst du wahrscheinlich hier aufgewachsen.“ ergänzte er. „Wieso?“ fragte Nurie stirnrunzelnd. „Weil deine Mutter zur einen Hälfte Winter- und zur anderen Hälfte Frühlingselfe war. “ meinte Talion ruhig. „Es ist erstaunlich, dass ihr alle mehr über meine Mutter wisst, als ich.“ sagte Nu verärgert. „Eigentlich nicht.“ erklärte Talion und ritt einfach weiter.
Als nächstes ritten sie zum Baum, auf dem Nurie am Anfang des Tages geschlafen hatte. „Solus kennst du ja schon. Hier sind fast alle kranke oder schwer verletzten untergebracht. Außerdem lebt hier der größte Teil der Frühlings-, Wolfskatzen- und Wasser-Lordschaft.“ erklärte Talion. Sein Lächeln war seit ihrem Aufbruch verschwunden. Nurie seufzte kaum merklich. Sie hatte gehofft, dass sie und Talion befreundet sein konnten. Sie mochte ihn, aber leider beruhte das anscheinend nicht auf Gegenseitigkeit. „Hat Mira dir nicht angeboten, dass du bei ihr wohnen kannst, bis Firina eine Wohnung für dich hat?“ fragte Talion plötzlich und riss damit Nu aus ihren Gedanken. „Ja, hat sie, aber ich wollte ihr nicht zur last fallen. Außerdem brauchte ich etwas Zeit alleine.“ erklärte sie leicht lächelnd. „Du wärst ihr sicher nicht zur Last gefallen, sie ist zu neugierig dafür.“ meinte Talion und erwiderte ihr Lächeln. „Ist das bei dir genauso?“ fragte Nu ohne darüber nachzudenken. Als sie merkte, wie unbesonnen diese Frage war, biss sie sich unbehaglich auf die Unterlippe. „Vielleicht.“ antwortete Talion zu Nurie´s Überraschung lächelnd. Um nicht noch etwas dummes zu sagen, fragte Nu „Wohin reiten wir jetzt?“ „An den Strand.“ sagte Talion ohne Umschweife. Nurie nickte und die beiden ritten schweigend weiter.
Am Strand angekommen, stieg Talion elegant vom Pferd ab. „Jetzt zeig ich dir die Sommer-Inseln.“ erklärte er lächelnd und hielt ihr die Hand hin. Nurie rollte mit den Augen und sprang ohne seine Hand zu beachten von Hvitr ab. „Ich komm mir total überflüssig vor, wenn du das machst.“ meinte Talion lächelnd. „Was meinst du?“ fragte Nu scheinheilig und ging langsam auf den schneeweißen Sand zu. „Du weißt genau, was ich meine.“ entgegnete Talion und lief ihr hinter her. Kurz bevor die Wiese in den Sand überging, ging Nurie in die Hocke und strich sanft über den Boden.
Wachse, dachte sie und stand wieder auf. Talion beäugte sie skeptisch, doch Nu wendete ihren Blick nicht vom Boden ab. Plötzlich sprießte eine Pflanze aus der Erde. Nach kurzem Warten, erkannte Nurie, dass es sich um eine weiße Orchidee handelte. Lächelnd ging sie um die Pflanze herum und setzte vorsichtig einen Fuß auf den Sand. Er war weich und warm von der Sonne, die noch immer hell schien. „Ist es hier immer so warm?“ fragte Nurie und lief weiter über den Sand auf das Meer zu. „Ja, überall, außer im Herbstwald und den Winterbergen.“ antwortete Talion, der die Pferde an einem Baum hinter Nurie fest band. Am Wasser blieb Nu stehen und fragte verwirrt „Und wie kommen wir zu den Sommer-Inseln?“ Sie hörte kaum, wie Talion näher kam und erschrak total, als er sie am Handgelenk nahm und ins Wasser zog. Erschrocken versteifte sie sich, doch kurz darauf entspannte sie sich wieder, denn das Wasser war wohltuend warm. Nu dachte an das weiße Kleid, das sie angehabt hatte und spürte sofort, wie es ihre Beine umschmeichelte. Wie leicht es ihr hier fiel Magie anzuwenden. Ob es, wenn sie nach Haus zurück kam, genauso wird?
„Die Delfine nehmen uns mit.“ meinte Talion und holte sie damit erneut aus ihren Gedanken. „Was?“ fragte Nurie verwirrt und sah Talion an. Erstaunt betrachtete sie ihn. Er hatte seine Schuhe und sein Hemd aus gezogen und erst jetzt fiel Nu auf, wie muskulös er war. „Die Delfine werden uns zu den Sommer-Inseln mitnehmen.“ antwortete er ruhig und erwiderte ihren Blick. Verlegen wandte sie sich ab und sah sich um. „Und wo sind die Delfine?“ fragte sie verunsichert. Talion pfiff einmal laut und plötzlich tauchten lauter Flossen auf. Staunend sah Nurie sie langsam näher kommen. „Da.“ sagte Talion und lief auf den ersten Delfin zu. Nu folgte ihm schnell. „Das sind ja mehr als zwanzig Delfine“ stellte sie überrascht fest. „Um genau zu sein, sind es einunddreißig ausgewachsene Delfine und drei Junge.“ erklärte Talion und strich dem ersten über die Stirn. Nurie stand nun bis zur Hüfte im Wasser. Neugierig legte sie ihre Handfläche auf das Wasser und konzentrierte sich auf den Delfin. Fast sofort veränderte er seine Farbe und wurde von grau zu schwarz, zu weiß, zu blau, zu grün, zu gelb, zu rot. Erschrocken machte Talion einen Satz nach hinten. Lachend löste Nurie den Zauber auf. Empörte drehte Talion sich zu ihr um. „Na warte.“ sagte er und sprang auf sie zu. Grinsend riss er Nu von den Füßen. Überrascht versuchte sie sich aus seinem Griff zu befreien, doch er hielt sie eisern fest. „Lass mich los.“ forderte sie mit einem schelmischen grinsen. „Wieso sollte ich?“ erwiderte Talion mit einem herausforderndem glitzern in den Augen. „Gut, du hast es nicht anders gewollt.“ sagte Nurie. Sie dachte an eine Alge, die sich um Talion´s Hüfte schlang und ihn ins Wasser zog. Die Insel setzte ihre Gedanken in die Tat um.Zufrieden schaffte sie es sich aus seinem Griff zu befreien. Lächelnd löste Nurie Talion´s Fessel und dieser sprang auf. „Wir sollten weiter.“ sagte er lächelnd, doch Nu hörte den beleidigten Ton in seiner Stimme deutlich. „Gut.“ sagte Nu leicht amüsiert. Anscheinend mögen Elfen es nicht, wenn man ihnen überlegen ist. Talion strich wieder über die Stirn des Delfins. Er beugte sich hinunter und flüsterte etwas, das Nurie nicht verstand, da stupste einer der Delfine sie an und sie strich ihm so über die Stirn, wie Talion es machte. „Halte dich an seiner Rückenflosse fest und entspann dich. Der Delfin wird dich dann zur Hauptinsel mit nehmen.“ erklärte Talion lächelnd. Nurie tat, was er sagte und der Delfin setzte sich tatsächlich in Bewegung. Ein weiterer kam zu Nu und stupste sie an. Sie hielt sich mit der anderen Hand an ihm fest und die Delfine schwammen mit kräftigen Flossen Schlägen zur Insel. Das Plätschern des Wassers beruhigte Nurie und sie konnte sich endlich komplett entspannen. Lila würde es hier sicher gefallen, dachte Nu lächelnd. Sie vermisste ihre Freundin sehr und fragte sich, wann sie endlich nach Hause konnte.
Kurz vor dem Strand der Insel blieben die Delfine stehen. Nurie ließ ihre Flossen los und stellte sich aufrecht hin um zu sehen, wo sie war. Es waren weit und breit keine Bäume zu sehen, doch am Wasserrand wuchsen ein paar kleine Büsche. „Danke.“ sagte Nurie schnell noch zu den Delfinen und ging an den Strand. Schnell dachte sie daran, wie das Top und die Hose von vorhin ihren Körper umschließen, und schon hatte sie die eng anliegenden, trockenen Klamotten an. Nu setzte sich in den hellbraunen Sand und wartete.
Bald kam Talion und setzte sich neben Nurie. Sie lehnte sich an ihn und er versteifte kurz, doch nach kurzer Zeit entspannte er sich wieder. „Vermisst du deine Freunde?“ fragte er ruhig. „Ja.“ antwortete Nu traurig. Unbemerkt hatten sich einige Tränen aus ihren Augenwinkeln gestohlen. Sie wischte sie verstohlen weg und stand auf. „Lass uns weiter gehen.“ sagte sie mit gesenktem Kopf. Talion stand ebenfalls auf und seufzte. Seine Hose war noch immer feucht. Nurie machte eine wischende Bewegung und die Hose trocknete sofort. „Danke.“ sagte Talion lächelnd. „Bist ja nicht überflüssig.“ meinte Nurie lächelnd und spielte damit auf seine Bemerkung von vorhin an. Ihre Trauer war wie weggefegt. „Ich wäre froh gewesen, wenn du das schon vorhin gesagt hättest.“ meinte Talion und bahnte sich einen Weg durch das niedrige Gebüsch. „Ist mir egal.“ meinte Nurie fröhlich und fragte dann neugierig „Was willst du mir hier zeigen?“ „Da Isíra, Lordaius, Erisar und der größte Teil ihrer Lordschaften nicht anwesend sind, werde ich dir das Schloss und den Hauptwohnsitz zeigen.“ erklärte Talion und stieg über einen hohen, am Boden liegenden Baumstamm. Er hielt Nu die Hand hin und ausnahmsweise nahm sie sie. Der Baum Stamm war wirklich hoch und Nurie wollte Talion nicht wieder das Gefühl geben, er sei überflüssig. Sein Lächeln wurde breiter. „Wo sind die denn alle?“ fragte Nurie ebenfalls lächelnd. „Es ist mir leider verboten dir das zu sagen, Nu.“ erklärte Talion und lief weiter.
Plötzlich spürte Nurie wie jemand ihren Geist streifte und blieb stehen. Talion ging noch ein paar Schritte, bis er merkte, das sie ihm nicht mehr folgte. Er kam zu ihr zurück  und fragte verwirrt „Was ist?“ „Jemand hat meinen Geist gestreift.“ erklärte Nurie flüsternd und lauschte. Talion hob den Kopf und sah sich um. Sein Blick blieb an einer Stelle hängen und ein Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. „Du solltest ihr keinen solchen Schrecken einjagen.“ sagte er laut und Nurie wusste, das er mit ihrem Angreife sprach. Sie drehte sich um und sah einen Elfen auf sich und Talion zukommen. Er war ca. in Talion´s Alter, hatte dunkelbraune Haare und hellgraue Katzenaugen. „Sie sollte überhaupt nicht so ängstlich sein.“ meinte der Elf. „Ich bin nicht ängstlich, sondern vorsichtig.“ entgegnete Nurie scharf. Der Elf grinste und erklärte amüsiert „Ich mag sie, sie hat Temperament.“ Nu schnaubte verärgert. „Hört auf von mir zureden, als wäre ich nicht da.“ sagte sie und ließ den Elfen in Treibsand treten. Er schrie erschrocken auf. Hecktisch versuchte er sich aus dem Treibsand zu befreien, doch er steckte bereits zu tief drin. „Wenn du weiter so herum zappelst, versinkst du nur noch schneller.“ erklärte Nurie schief grinsend. Der Elf hörte auf zu zappeln und beruhigte sich etwas. „Lass mich hier raus.“ forderte er. „Vielleicht, wenn du mich lieb bittest.“ erwiderte Nurie ruhig. Der Elf seufzte ergeben. „Wie Ihr wollt.“ sagte er. „Wärt Ihr so gnädig mich aus diesem Sand zu befreien?“ bat er mit einem falschen Lächeln. Nurie betrachtete ihn neugierig. „Komm schon, Nu.“ sagte Talion ruhig. Nurie seufzte und meinte lächelnd „Na gut, aber nur, weil wir weiter müssen.“ Sie drehte sich weg und ließ den Elf aus dem Treibsand treten. „Er wird uns bis zum Schloss begleiten.“ sagte Talion und Nurie seufzte erneut. „Von mir aus. Hauptsache wir kommen weiter.“ erklärte sie und wandte sich wieder an den Elf. „Wie lautet Euer Name?“ fragte sie leicht neugierig. „Jamier und mein Drache heißt Kamerun.“ antwortete er lächelnd und kam näher. Als er ca. noch zwei Meter entfernt war, ging Nurie weiter. Komischerweise wusste sie instinktiv wohin sie laufen musste, um zum Schloss zu kommen. Talion wollte zu ihr aufschließen, doch sie baute mit einem leichten Wink eine Barriere um sich. Er kämpfte noch kurz dagegen an, erkannte dann jedoch, dass es sinnlos war und gab auf. Mittlerweile ging die Sonne unter und Nurie ging etwas schneller. Sie wollte Jamier schnellst möglich wieder los haben, dann schnell noch die wichtigsten Gebäude ansehen und endlich wieder zurück zur Eiche und schlafen. Da Nurie in Gedanken versunken war, bekam sie erst zu spät mit, dass Talion es geschafft hatte ihre Barriere zu durch brechen. Er hielt sie an der Schulter fest und sie blieb unbehaglich stehen. „Zum Wald geht´s da lang.“ sagte er ruhig und zeigte in die entgegengesetzte Richtung, des Wegs, den Nurie eingeschlagen hatte. „Ja und zum Schloss geht es da lang.“ entgegnete Nu genervt und ging weiter ihren Weg. Talion folgte ihr schnell, doch sie hatte ihre Barriere wieder aufgebaut und er schaffte es nicht sie wieder zu passieren. Dieses mal hörte er aber nicht auf es zu versuchen und Nurie musste sich bemühen ihm nicht nach zugeben. Die drei Elfen gingen schweigend weiter und bald kam das Schloss in Sicht. Es war rubinrot und einfach wunderschön. Staunend blieb Nurie stehen, senkte ihre Barriere aber nicht. „War schön mit Euch zu reisen.“ sagte Jamier und ging auf das Schloss zu. Seufzend senkte Nurie ihre Barriere nun doch. „Warte.“ bat sie ruhig. Jamier blieb stehen und drehte sich um. Er hob fragend eine Augenbraue. „Erzähl mir etwas von dir.“ fuhr Nu fort. „Was meint Ihr?“ wollte der junge Lord verwirrt wissen. Nurie lächelte und fragte die erste Frage die ihr einfiel „Wie bist du ein Lord der Drachenreiter geworden?“ „Das ist eine lange Geschichte.“ wich Jamier aus. Nurie dachte an einen Stuhl, der sofort neben ihr auf tauchte und auf den sie sich setzte. „Wenn dir diese Frage unangenehm ist, dann sag mir wieso du deinen Drachen Kamerun genannt hast.“ forderte sie neugierig. Nun wandte der Elf sich ganz um. „Er hat gesagt, das er so heißen will.“ erklärte er mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. „Wie alt bist du?“ fragte Nu neugierig. Jamier senkte den Blick und antwortete nicht. „Komm schon, Jamier.“ bat Nurie lächelnd. Er schützte die Lippen, antwortete dann jedoch „Achtzehn.“ Nach kurzem Zögern fuhr er fort. „Wie alt seit Ihr?“ Nu´s Lächeln wurde breiter. „Wenn ich dich duze, darfst du mich auch duzen.“ erklärte sie ruhig. Ein Überraschter Ausdruck breitete sich auf Jamier´s Gesicht aus. Nurie musste ein amüsiertes Lachen unterdrücken. „Und zu deiner Frage. Ich bin sechzehn.“ fügte sie noch hinzu. Jamier lächelte fröhlich. „Ich mag dich wirklich, aber ich muss jetzt leider gehen.“ sagte er ruhig und kam langsam auf Nurie zu. „Ist es in Ordnung, wenn ich dich jetzt umarme und geh?“ fragte er neugierig. Nu lachte auf und meinte „Ja, aber wir sehen und bestimmt bald wieder.“ Jamier lächelte und zog sie an sich. „Bis dann.“ flüsterte er ihr ins Ohr. „Ja. Bis dann.“ entgegnete Nurie und löste sich von Jamier. Er drehte sich um und ging zum Eingang des Schlosses. Dort angekommen, klopfte er an, drehte sich noch einmal um und dann verschwand er im Schloss.
„Wir sollten weiter.“ meinte Talion, der etwas entfernt stand. Nurie lächelte ihn an. „Natürlich.“ stimmte sie ihm zu und ging auf ihn zu. „Wie alt bist du eigentlich?“ fragte Nu, als sie bei ihm stand. „Siebzehn.“ antwortete er und lief in Richtung Nebeninseln. „Woher wusstest du, dass das Schloss dort steht?“ wollte Talion wissen. Nurie lächelte schief und erklärte „Ich hab es instinktiv gewusst, so wie vorhin mit dem Portal zum Rat.“ Talion lächelte nun auch wieder. Anscheinend war ihm bewusst geworden, wie sehr Nurie die Insel schon in ihr Herz geschlossen hatte.
Schweigend liefen die zwei weiter bis zur Brücke, die die Hauptinsel des Sommers mit ihren Nebeninseln verband. Als sie diese überquert hatten, kamen sie in einen tiefen Wald. „Wie kommt es, dass es nur auf dieser Insel des Sommers Wald gibt?“ fragte Nurie neugierig. „Das weiß ich leider nicht, aber das steht bestimmt in einem unserer Bücher.“ erwiderte Talion lächelnd. Zügig gingen die zwei Elfen auf die Mitte des Waldes zu. Dort stand ein ebenso großer Baum, wie im Frühlingswald und er hatte ebenfalls eine lange Treppe in seiner Mitte. Staunend blieb Nu davor stehen. Im Gegensatz zu Solus hatte dieser Baum dunkelgrüne Blätter und keine Blüten und unter dem Baum war statt einer dicken Schicht Moos weicher, weißer Sand. „Hier leben die meisten Feuer-, Sommer- und Drachenreiterelfen.“ erklärte Talion ruhig. „Der Rest wohnt dann wohl im Schloss.“ meinte Nurie. „Nein.“ widersprach Talion lächelnd und ging langsam auf das Tor in den Baum zu. „Im Schloss leben die auszubildenden Drachenreiter und ihre Drachen.“ fuhr er fort und blieb stehen. „Wir sollten langsam wieder zur Eiche zurück gehen, ich bin müde und die Sonne geht schon unter.“ meinte Nurie unbehaglich. „Nur kurz.“ versicherte Talion schnell. „Wieso?“ fragte Nurie müde. „Ich muss kurz in meine Wohnung und mir ein Hemd anziehen. Eine Erkältung kann ich jetzt gar nicht gebrauchen.“ erklärte er lächelnd. Nurie dachte kurz darüber nach und meinte dann „Na gut, aber beeil dich.“ „Danke.“ sagte Talion und lief voraus in den Baum. Nurie beeilte sich ihm zu folgen. Ob Talion eine feste Freundin hat?, dachte sie. Irgendwie wusste sie instinktiv, dass er keine hatte, aber konnte sie ihrem Instinkt schon so sehr trauen?
„Wir sind da.“ sagte Talion und holte Nurie mal wieder aus ihren Gedanken. Sie standen vor einer massiven Holztür, die Talion gerade auf schloss. Die Tür öffnete sich mit einem leisen knirschen. Talion machte eine einladende Handbewegung und Nurie ging langsam in die Wohnung. Sie ging einen schmalen Gang entlang. Es gab drei Türen: eine rechts, eine links und eine geradeaus. Die Rechte und die Linke waren geschlossen, aber die Geradeaus stand weit offen. Nurie ging hindurch und kam in einen großen Raum, der anscheinen Wohnzimmer, Küche und Esszimmer gleichzeitig war, aber das erkannte Nurie nicht, weil dort Unordnung herrschte, im Gegenteil es ordentlicher, als Nu es je gesehen hatte. Nein, Nurie erkannte es daran, das dort ein Großer Tisch mit vier Stühlen, ein schwarzes Sofa und in einer hinteren Ecke ein Herd standen.  „Ich zieh mich schnell um.“ sagte Talion und verschwand im Zimmer hinter der rechten Tür. Lächelnd setzte Nurie sich auf einen der vier Stühle am Tisch und dann versank sie mal wieder in Gedanken. Ob Talion hier extra aufgeräumt hat? Ob er es nicht gemacht hat? War er oft eher launisch oder fröhlich? Wie geht es wohl Lila, Janok und Dad? Bei diesem Gedanken stieg Nurie´s Trauer wieder in ihr hoch. „Ich werde jetzt nicht weinen!“ sagte Nurie mit zittriger Stimme, doch kurz danach stiegen ihr doch die Tränen in die Augen.

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