Kapitel 6...Wer bist du?

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Sam legte den Hörer auf und notierte sich die Gäste im Register, die gerade ein Doppelzimmer für das Wochenende gebucht hatten.

Sam hielt inne in ihrer Schreibarbeit, denn irgendetwas zupfte an ihrem rechten Hosenbein. Sie senkte ihren Blick und entdeckte einen kleinen Jungen, der zu ihren Füßen saß. Er konnte nicht älter als drei Jahre sein, vielleicht auch vier. Ihre Augen schweiften im Foyer umher. Alles war ruhig. Niemand lief hysterisch und aufgeregt herum und schrie...Keiner schien ein Kind zu vermissen. Seltsam! So ein kleines Kind und ohne Begleitung? Merkwürdig! Ging es Sam durch den Kopf, während sie wieder und wieder das Foyer mit ihren Augen absuchte.

Wo kam der Junge auf einmal her? Zu wem gehörte er überhaupt? War er etwa ausgebüchst? Wieso? Schließlich legte sie den Stift beiseite, schob den Buchungskalender weg und hockte sich zu dem Jungen herunter.

"Okay junger Mann!...Hallo!...Ich hab da mal eine klitzekleine Frage...Wo gehörst du hin?...Wohnst du hier im Hotel?"
Der Junge sah sie an mit seinen dunklen Augen.
"Spielen deine Freunde und du vielleicht Verstecken?...Keine Sorge! Ich verrate niemanden dein Versteck!", versprach Sam ihm.
"Soll ich vielleicht jemanden für dich ausrufen lassen?"

Er sah sie immer noch mit seinen braunen Kulleraugen an.

Sam fragte weiter: "Okay! Wo sind deine Eltern?...Sind die vielleicht auch hier im Hotel?"

Der Junge hielt immer noch beide Lippen versiegelt und saß jetzt auf dem Fußboden hinter der Rezeption im Schneidersitz.

"Kannst du mich verstehen?"...wieder nichts.

"Kannst du sprechen?", und ein erstes Lebenszeichen kam von ihm in Form eines Kopfnickens.

"Okay, du kannst sprechen. Das ist gut...Also, wie heißt du?"

Der Junge sah sie an und begann.
"Das darf ich nicht sagen!"

"Okaaay!... Ich heiße Sam Stanford!", stellte sie sich ihm vor.

"Sie dürfen nicht mit mir reden! Sie sind eine Fremde!"

"Wer sagt das?", fragte sie verblüfft. "Mein Dad!"
"Du redest ja doch mit mir!", flüsterte Sam ihm zu und schenkte ihm ein leichtes Lächeln.
Die Antwort des Jungen war richtig. Sie war eine Fremde für ihn. Doch die Familie des Jungen machte sich sicherlich schon große Sorgen und suchte vielleicht bereits nach ihm.

"Okay... und...Wer ist dein Dad?", hakte Sam weiter nach, denn zu irgendjemandem musste er ja gehören.

"Das darf ich nicht sagen!"
Sam musste innerlich in sich hinein lächeln.
"Okay, okay!...Also...ich heiße Sam und arbeite in diesem Hotel. Es gehört meiner Tante Helen und meinem Dad...Jetzt kümmert sich mein Dad allein darum. So, jetzt kennst du meinen Namen und weißt etwas über mich. Jetzt bin ich keine Fremde mehr für dich....Hallo!", und sie reichte ihm ihre rechte Hand.

Er willigte noch etwas zögernd ein und sagte leise: "Hallo!".

Dann sah er sie an und fragte neugierig:
"Sind wir jetzt wirklich Freunde? Sie und ich?"

Sam schmunzelte.
"Wenn du mir deinen Namen verrätst, sind wir Freunde!"

Der Junge streckte abermals seine linke Hand aus und spukte hinein und reichte sie Sam.
"Und Sie verraten auch wirklich niemandem mein Versteck?", fragte er.

"Nein! Wenn ich etwas verspreche, dann halte ich es auch!", antwortete sie ihm.

"Spuk drauf!", bat er.

Sam sah auf seine kleine ausgestreckte Hand. "So schließt man also bei euch Freundschaften? In dem man sich in die Hände spukt?" Er nickte.
"Du machst Witze!", lächelte Sam ein wenig.

Die Erbin  - Stanford - HotelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt