Kapitel 11

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Im Flur war es aufgrund der Uhrzeit dunkel, bis auf zwei flackernde Kerzen, die eine etwas gruselige Atmosphäre schufen.

Doch dank der Kerzen sah er die Nummer elf an der Fensterseite.

Der Schlüssel quietschte ein wenig im Schlüsselloch, bevor er die Tür öffnete.

Ein kühler Hauch Nachtluft begrüßte ihn und jemand hatte geputzt.

Der Boden hatte noch feuchte Schlieren, die man gerade so im schwachen Licht des Sichelmondes erkennen konnte.

Die Bettmatratze aus Linsen knisterte als er sich erschöpft fallen ließ.

Eine Decke, die man genau so gut als Tuch verkaufen könnte und ein halb ausgerupftes Kissen machte die Sache nur wenig bequemer.

Wie es Draken wohl gerade ging?

Er hatte ohne Zweifel die Kraft Toman zu leiten, aber zu viel Respekt, um gegen Valhalla oder Hanma anzutreten.

Er würde alles verlaufen lassen, wie wenn Mikey ohnmächtig oder verletzt war oder schlimmer… Er mochte sich das nicht weiter ausmalen.

Aus der Taverne unter ihm drang das Klingen von aneinanderschlagenden Krügen und das Singen eines Barden.

Draußen hörte man die ein oder andere Kutsche vorbeirattern.

Es war jetzt schon stockfinster.

Aus dem Augenwinkel sah er ein Glitzern, dessen Ursprung im Fenster stammte.

Er wollte sich das näher ansehen, doch als er nach draußen blickte, saß er ehe er sich’s versah auf dem Dach.

So etwas hatte er in Tokyo noch nie gesehen.

Dort war die Nacht nur eine schwarze Decke, die sich über die Stadt legte, und seinen Austräglern die nötige Deckung bot.

Hier war das anders.

Diese schwarze Decke war so unglaublich, dass er sie nie im Leben in ihrer vollen Schönheit beschreiben hätte können.

Die weißen Punkte funkelten im dunklen, fast blauen Schwarz der Nacht.

Ein zerspringender Dachziegel weckte Mikey aus seiner Trance.

Der Auslöser, eine Gruppe von Kindern, vielleicht fünf bis zehn Jahre alt.

Er sprang auf und stürmte auf das gegenüberliegende Dach.

Mikey näherte sich den Kindern, und als er vielleicht noch vier Meter von ihnen entfernt war, bekam er eine Backpfeife.

Vor ihm stand jetzt ein Junge von vielleicht fünfzehn Jahren, der gerade erst zu der Gruppe zugestoßen war.

„Was willst du?“, fauchte der Junge.

„Nun, ich hab mich nur gewundert, was ihr um diese Uhrzeit noch draußen macht, und nicht zuhause seit.“

„Was heißt schon zuhause für die verlorenen Kinder von Fontaine…“, der Junge schaute seine Schützlinge an.

„Kommt Leute, lasst uns eine Runde Fangen mit unserem neuen Freund spielen.“

Auf das Kommando hin, sprangen die Kleinen los, über Dachfirsten und um Schornsteine herum.

Der Junge bildete das Schlusslicht.

Mikey verlor keine Zeit und sprintete hinterher.

Two Worlds, One SoulWo Geschichten leben. Entdecke jetzt