XVII. Die Arena

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Ich hörte das Stampfen und Brüllen der blutrünstigen Meute, ich fühlte den Boden beben und meinen wahrscheinlichen Untergang ankündigen. Aber wenn ich sterben sollte, dann würde ich nicht kampflos untergehen. Dafür würde ich schon sorgen.

Entschlossen trat ich in den Sand der Arena und blinzelte gegen das helle Sonnenlicht, welches von der bereits langsam hinter den Hügeln verschwand und mir die letzten warmen Strahlen wie einen Mutzuspruch ins Gesicht scheinen lies. Doch leider hatte ich keine Zeit, mich im Stillen dafür zu bedanken, da plötzlich die Menge noch mehr zu toben begann als vorher. Und zwar vor Entzücken.

Suchend hob ich meinen Blick und blieb an einem massiven Eisengitter auf der anderen, mir gegenüber liegenden Arenaseite hängen, welches sich gerade langsam in die Höhe schob. Und heraus trat ein wahrgewordener Albtraum.

Ein massiver, stämmiger Krieger, der mich um mindestens drei bis vier Köpfe überragte, trat siegessicher in die Arena. Sein bulliger, drei Hand breiter Nacken sah aus, als könnte er es von der Kraft und Massivität mit einem 300 Jahre alten Baumstamm aufnehmen. Und seine sehr gut bemuskelten Arme weckten in mir den Anschein, als würden sie den ganzen Tag nichts lieber tun, als Schädel von Sklavenkörpern zu sprengen, von den Beinen ganz zu Schweigen. Außerdem war er über und über von Narben, die auf sehr viele, sehr erfolgreiche Schlachten schließen ließen.

Aber am Gefährlichsten schätzte ich seine Schwerter ein, welcher er über Kreuz auf dem Rücken trug, ein. Als er sie versuchsweise für das Publikum schwingen lies, glänzten die beiden Klingen im Sonnenlicht, so wie wenn sie gerade frisch vom Schleifstein und Polieren kamen. Was ziemlich wahrscheinlich der Fall war. Die rasiermesserscharfen Scheiden würden durch mein Fleisch schneiden wie durch Butter.

Die Zuschauer stöhnten voller Vorfreude auf. Heute würde ihr Blutdurst eindeutig gestillt werden. Und sie hofften, dass ich drauf gehen würde und zwar innerhalb der ersten fünf Minuten. Ich schluckte so kräftig, dass ich spüren konnte, wie mein Kehlkopf zu hüpfen begann.

Da erhob sich die Herrscherin und begann in sehr gebrochenen Elfisch den Kampf anzukündigen. Soweit ich das richtig verstanden hatte, lautete der Name meines Gegner also Champion. Aha, sehr einfallsreich, aber durchaus nachvollziehbar.

Na gut, dann bringen wir den Champion mal zu Fall, herunter von seinem hohen Ross, dachte ich mir mit neuer Energie. Allerdings meldete sich da mal wieder mein kleines Stimmchen zu Wort. Natürlich mit Einwänden Sag mal, du bist doch jetzt wirklich lebensmüde. Willst du dein Leben schon wieder auf's Spiel setzen, damit dein Riesenego befriedigt ist? Diese Situation hatten wir schon ein paar Mal, aber bei Zorrac und dem Deppen Evan hattest du noch Glück, meine Liebe. Ich glaube nicht, dass Champion sich so leicht besiegen lässt. Also würde Ich dir raten zu rennen, wenn du nicht das nächste Festmahl dieser Barbaren werden willst. Und..."

Doch ich schnitt ihr das Wort ab und knurrte zwischen zusammengepressten Zähnen hindurch, damit mich niemand hören konnte: Du glaubst, dass ich spinne und lebensmüde bin, ja? Tja, wohin soll ich denn deiner Meinung nach laufen, hmm? Die Eisengitter sind verschlossen, meine Magie funktioniert hier nicht und wenn ich nur wegrenne, wird er mich irgendwann erwischen. Da könnte ich  auch gleich in seine Klingen laufen, wenn es nach deiner Logik ginge. Weißt du, was ich dazu zu sagen habe? Nein danke, ich gehe lieber kämpfend und mit Ehre unter, anstatt mich von einem irren, blutrünstigen Elfen durch die Arena sprengen zu lassen, bis er mich aufspießt. Also würde ich dir da drin raten, die Klappe zu halten oder ich stopf dich in die Schublade, denn wenn du mich ablenkst, dann hab ich eine Erfolgsgarantie von 100 Prozent, dass ich draufgehe. Kapiert?"

Ich hörte meine Stimme schnauben und ängstlich schlucken. Dann fühlte ich ihre stumme Zustimmung und nickte grimmig. Ein lästiges Mühsal weniger, blieb noch das andere, etwas größere vor mir übrig. Die raubtierhafte Eleganz der Königin hatte sich gerade niedergelassen, da hob ein Diener schon ein rotes und ein grünes Tuch in die Höhe. Zuerst hielt er das rote höher und ließ es fallen.Das Gleiche machte er mit dem grünen Stoff. Dieser hatte noch nicht mal vollständig den Boden erreicht, als der Krieger schon auf mich zustürmte, mit erhobenen Schwertern, bereit für den ersten und für ihn ziemlich sicher gewohnten einzigen Schlag.

Ich schaffte es gerade noch, mich zur Seite wegzurollen. Allerdings war ich zu langsam, um seinem Schwert komplett zu entkommen und ein brennender Schmerz schoss durch meine linke Schulter und meinen linken Oberschenkel. Ich zischte vor Schmerz und sah zu, dass ich wieder auf die Beine kam, bevor er mir wieder seine Schwerter in den Körper rammen konnte. Allerdings war das mit zwei schmerzenden Stellen am selben Bein gar nicht so leicht, da sich nun meine andere Verletzung aus Tinos Tunnelsystem bemerkbar machte und ich knickte ein.

Verdammt, den hatte ich ja ganz vergessen. Aber immerhin war er, wenn dann, nur angebrochen, denn sonst hätte ich nicht so entspannt durch die Blutelfenstadt gehen können. Aber egal. Ich musste mich nun aufs Kämpfen konzentrieren. Meine Gedanken fuhren Karussell und ich konnte die Schmerzen auch nur ein wenig in den Hintergrund drängen. Dann eben auf die harte Tour.

Champion bereitete sich auf den nächsten Angriff vor und stürmte erneut mit erhobenen Klingen auf mich zu. In letzter Sekunde konnte ich meine ebenfalls ziehen und blockte noch kurz vor meiner Brust ab. Allerdings wurde ich durch die Wucht des Aufpralls einmal quer durch die Arena geschleudert und prallte hart gegen die Bande und sackte kurz in mich zusammen, bevor ich mit schmerzverzerrtem Gesicht wieder aufstand.

Jetzt war der Krieger wütend und zwar richtig. Wieder nahm er wutschnaubend Anlauf, aber diesmal sah ich ihn kommen und sprang - nicht sehr elegant - zur Seite und wich geschickt aus. Inzwischen hatte ich die Taktik des Blutelfen enttarnt. Er setzte auf Geschwindigkeit und Kraft, nicht auf Köpfchen und das konnte ich mir zu Nutze machen. Jedoch nur, wenn mein bereits geschundener Körper mitspielte.

Plötzlich verdunkelte sich die Sonne durch einen riesigen Schatten und nahm mir die Möglichkeiten, meinen nächsten Zug genau zu planen. Ich fluchte, hörte aber sofort auf, als der Schatten zu kreisen begann und sich langsam auf die Blutelfen zu senkte. Diese stießen erstaunte, verwirrte und vor allem erschrockene Laute aus. Er war sehr erleichtert, als ich erkannte, was sich zu uns in die Arena gesellte.

Vor mir stand Zorrac in voller Pracht, aber diese währte nicht lange. Denn als auf ihn zuging, verschwand er und wurde vom Wind davon getragen. Eine Illusion. Ich hätte es wissen müssen. Diese Elfenunterart kämpfte nicht fair. Ich stieß ängstlich Luft aus, als ich bemerkte, dass der hünenhafte Elf direkt vor mir stand und mir grinsend und siegessicher die gekreuzten Klingen an den Hals hielt. Er holte aus, wollte zum finalen Schlag ansetzen und ... machte einen minimalen Fehler, welcher eine fatale Wirkung hatte. Er lies seine Deckung fallen, da er dachte, er hätte gesiegt. Aber ein weiser Mann sagte mal zu mir: Lass niemals deine Deckung und Kampfhaltung fallen, solange dein Gegner nicht tot ist oder aufgibt. Er könnte immer noch ein Ass im Ärmel haben.

Und diese Weisheit machte ich mir nun zu Nutzen. Ich sah seine ungeschützte Flanke, duckte mich unter den Schwertern weg und zog meinen Dolch, rammte ihn Champion in die Seite, sodass er stöhnend auf die Knie sank. Es war kein tödlicher Schlag, aber er setzte ihn außer Gefecht, da er seine Seite nicht mehr belasten konnte, ohne vor Schmerzen zu brüllen.

Danach ließ ich meinerseits meine in der Sonnen blitzenden Klingen wirbeln und drehte mich einmal um meine eigene Achse. Ich entmachtete ihn geschickt seiner Waffen und stand nun an seiner Stelle. Allerdings sah ich, dass er nicht aufgeben würde. Also blieb nur noch der Tod. Ich wollte ihm einen schnellen Tod ermöglichen, doch blickte er so gehässig drein, dass ich es mir anders überlegte.

Ich hoffe, dass du mich als ewigen Albtraum im Jenseits siehst, bis ich dazukomme. Und wenn ich höre, dass du auch nur eine Seele in den ewigen Jagdgründen gefoltert hast, kannst du dir sicher sein, dass ich dasselbe mit dir tun werde", flüsterte ich in das spitze Ohr, während ich ihm meine Schwertscheide oberhalb des Bauches ins Fleisch trieb.  Ich sah den Schock in seinem Gesicht, die Gehässigkeit wich aus seinen Zügen, als er sein Schicksal erkannte und der noch zuckende Körper fiel vornüber in den Sand, nachdem ich mein Schwert wieder aus seinem Fleisch geholt hatte.

Blutverschmiert und schlammbesudelt stand ich im Arenasand, schwer atmend und Schmerzen leidend. Da vernahm ich ein mehrstimmiges Fauchen von den Zuschauerrängen. Ein paar stürzten sich auf den gefallenen Kameraden, um ihn zu verschlingen. Ihre Blutgier machte selbst vor den eigenen Reihen nicht Halt. Ich schüttelte mich vor Ekel. Die restlichen Kannibalen starrten mich mit einer vor Wut starr gewordenen Grimasse an, dann begannen sie, von den Rängen zu strömen und versuchten, auf mich loszugehen. Ich schloss die Augen, in der Hoffnung, es würde schnell gehen, denn gegen eine Schar blutgierer Elfen hatte ich keine Chance. Doch plötzlich wurde es ganz hell und warm und dann wieder nur Dunkelheit

War Dragons  - Alles hängt von dir ab (Bd. 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt