Kapitel 12 - vor 1 ½ Jahren - Sicht Rebecca

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Gedankenverloren laufe ich die Treppen zur Tür herunter. Irgendwie war Emma komisch. Sie war nicht so, wie sie immer ist. Denkt sie, dass ich sauer bin, weil sie heute morgen laut ausgesprochen hat, dass Matteo und ich uns lieben ?! Um ehrlich zu sein bin ich ihr deswegen gar nicht sauer. Vielleicht ist auch etwas in der Klinik vorgefallen? Ich muss später auf jeden Fall mit ihr sprechen.

Immer noch in Gedanken, bemerke ich nicht, wie sich die Haustür öffnet und ich gegen einen Oberkörper renne. Erschrocken weiche ich zurück und starre in Matteos Gesicht, das ein leichtes Lächeln ziert. ,,Augen auf im Straßenverkehr." meint er amüsiert und läuft an mir vorbei. ,,Tschuldigung." nuschele ich und wollte schnell nach draußen, als er fragt:,,Ist alles gut bei Ihnen Krieger?"

Ich drehe mich zu ihm um und blicke in sein besorgtes Gesicht. ,, Ja, ja mir geht es gut." Er nickt und wendet sich ab. Ich schließe die Tür hinter mir und mache mich auf den Weg zum Haus der Bergers. Ehrlich gesagt, habe ich keine Lust auf dieses Abendessen. Seit Julia nach San Francisco ausgewandert ist, versucht mein Vater Kontakt mit mir aufzunehmen. Schließlich ist seine andere Tochter nicht mehr da. Er hatte schon öfters nach Treffen gefragt, aber ich habe sie immer abgesagt.

Ich wollte nie, dass er jetzt die Vater Funktion einnimmt. Ich wollte lediglich den Job im JTK haben. Aber vielleicht sollte ich ihm eine Chance geben. Wenn meine Mutter schon keinen Kontakt mehr zu mir haben will, sollte ich es zu lassen, dass er mich besser kennenlernt. Trotzdem grault es mir davor, mich an einem Tisch mit ihm und seiner Frau zu setzen. Ich bin schließlich nur ein Kind, das durch eine kurze Affäre entstanden ist.Ich kann es Frau Berger nicht verübeln, wenn sie mich hassen würde. Doch bis jetzt ist sie mit der unehelichen Tochter gut ausgekommen.

Seufzend stecke ich meine Kopfhörer in meine Ohren und schalte die Playlist auf meinem Handy an. Kurz darauf höre ich schon die ersten Töne eines Liedes. Da es etwas frischer wird, ziehe ich den Reißverschluss meiner Jacke etwas höher. Nach einer halben Stunde stehe ich vor dem großen, weißen Haus der Bergers. Uns trennt nur noch der kleine Vorgarten. Ich atme noch einmal durch und drücke die Klinke des Gartentores herunter.

Langsam laufe ich über den gepflasterten Weg bis zur Tür. Ich könnte immer noch absagen. Aber es wäre nicht fair. Mein Vater hat sich schon so sehr auf diesen Abend gefreut. Mein Blick gleitet durch den Garten. Am Zaun geht ein Busch entlang und vereinzelt stehen Blumenbeete. Ich drücke auf das Klingelschild und gleich darauf ertönt die Klingel. Kurz darauf wurde die Tür von Frau Berger geöffnet, die mich freundlich anlächelt.

,,Hallo Rebecca, schön dass du da bist." ,,Guten Abend Frau Berger. Vielen Dank für die Einladung." Lächelnd schaue ich zu ihr und sie tritt zur Seite, damit ich in den kleinen Vorflur treten kann. ,,Ach Liebes, nenn mich doch bitte Hannah." meint sie immer noch lächelnd und täschelt leicht meinen Unterarm. Sie nimmt mir den Mantel ab, den ich ausgezogen habe und hängt ihn an einen Haken an der Wand. Interessiert schaue ich mich um.

Von Weitem höre ich jemanden fluchen. Meinen Vater, der anscheinend in der Küche herumhantierte. Plötzlich spüre ich die Hand von Frau Berger an meinem Rücken, die mich ins Wohnzimmer hereindirigiert. ,,Was möchtest du trinken?" ,,Ein Wasser bitte." Freundlich nickt sie mir zu und verlässt kurz den Raum. Ich schaue mich in der Zeit im Wohnzimmer um. Der Raum ist in zwei kleinere Räume geteilt. In dem hinteren Teil ist das Esszimmer, in dem ein gedeckter Tisch steht. Auf der Kommode, die aus Eichenholz besteht, stehen ein paar Bilder, auf denen ich Julia als kleines Kind erkennen kann. Lächelnd laufe ich auf die Kommode zu.

Auf einem Bild sind alle zusammen drauf. Meine Schwester sitzt zwischen ihren Eltern und lächelt breit in die Kamera. Eine große Zahnlücke blitzt hervor. Herr und Frau Berger strahlen ebenfalls in die Kamera. Daneben steht ein Bild von Julia, die einen rosa Schulranzen trägt und die dazu passende Schultüte in den Armen hält, auf der in weißen Großbuchstaben ihr Name steht. Verblüfft schaue ich auf das nächste Bild. Es ist ein Bild von mir. Vorsichtig nehme ich den Bilderrahmen in meine Hand und streiche mit meinem Daumen über das Glas, das das Bild schützt.

Say you'll remember me || PAUSIERTWo Geschichten leben. Entdecke jetzt