Sasha rannte mit genervtem Ton in der Stimme durch die Wohnung und suchte nach irgendetwas. Rey lag derweil mit verzweifeltem Gesichtsausdruck auf der Couch und beobachtete ihre beste Freundin mit halb geschlossenen Augen.
"Ich kann ihn nicht anrufen. Wir haben uns bisher nur einmal getroffen und auch wenn es nicht mal so schlecht gelaufen ist, kann ich doch nicht einfach erwarten, dass Aaron plötzlich alles stehen und liegen lässt, wenn ich rufe."
Rey fuhr sich schnaufend durch ihre blonden Haare und ihre Finger blieben in ein paar kleinen Knoten hängen.
"Ich bin mir ziemlich sicher, dass er genau das tun wird. Jetzt, wo er endlich eingesehen hat, dass du das Beste bist, was ihm jemals passieren wird, wäre er mächtig dämlich, wenn er nicht jede Gelegenheit nutzt, dich zu sehen. Ich wette, er wartet nur darauf, dass du dich meldest. Egal, was der Grund sein sollte."
Rey war sich da nicht so sicher. Vor allem aber hatte sie nicht vor, den Eindruck zu machen, dass sie Aaron nur für ihre Zwecke ausnutzte. Und sie erwartete auch gar nicht, dass er überhaupt etwas für sie tat. Soulmates hin oder her, sie waren Fremde.
"Kannst du mich nicht einfach ganz schnell beim Tierarzt absetzen? So ein großer Umweg kann das doch gar nicht sein."
Sasha grunzte leise und riss bei ihrer Suchaktion, nach was auch immer, einen Stapel Zeitungen von der Kommode. Rey dachte kurz nach, einen Kommentar abzulassen, dass sie das Durcheinander auch schön selbst wieder in Ordnung bringen sollte, ließ es aber stecken. Sie hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass Sasha sie fuhr.
Doch das änderte sich schneller als gedacht.
"Ich fahr dich nicht. Der Termin ist wichtig und wenn ich nicht bald die Unterlagen finde, komme ich ohnehin zu spät. Da ist kein Spielraum mehr für dich. Ich würde dir einfach raten, Aaron zu fragen."
Rey verfluchte sich und ihre Unfähigkeit, Kontakte aufzubauen und Freunde zu finden, die in solchen Situationen aushelfen könnten. Aber es hatte wohl auch keinen Zweck, sich stundenlang darüber zu ärgern, dass ihre Mitbewohnerin keine Zeit für sie hatte und ihre Katze seit drei Tagen nichts gefressen hatte.
"Und was ist, wenn er keine Zeit hat oder keine Lust?"
Sashas sture Fassade bröckelte nicht im Geringsten.
"Je länger du wartest und jammerst, desto weniger Zeit hast du, dir in so einem Fall Gedanken zu machen, wie du zum Arzt kommst. Ich würde mich also beeilen. Und kannst du mir zur Hölle nochmal sagen, wo ich die Briefumschläge hingelegt habe, die ich letzte Woche noch hier auf der Kommode hatte?"Ein Seufzen war zu hören, dann setzte sich Rey langsam auf und drehte sich um, sodass sie sich über die Sofalehne hängen konnte. Ihre Augen durchsuchten flink das Apartment und als sie einen Haufen Papiere auf der Küchentheke erkannte, deutete sie mit einem türkis lackierten Finger dahin.
"Schonmal das da durchgeschaut?"
Sie beobachtete, wie Sasha zur offenen Wohnküche eilte und nach kurzem Blättern einen triumphierenden Ton ausstieß.
"Danke! Das bedeutet aber trotzdem nicht, dass ich dich fahre. Beweg endlich deinen Hintern und kümmre dich! Ich muss jetzt los."
Sasha stürmte mit großen Schritten zu Rey und drückte ihr einen Kuss auf die Wange, dann drehte sie sich wieder um, schnappte sich ihre Tasche und verschwand in Windeseile durch die Wohnungstür. Damit verpuffte also Reys Chance und jegliches bisschen Hoffnung, was vielleicht doch noch heimlich in einer kleinen Ecke ihres Kopfes gehaust hatte.
Stöhnend warf sie sich wieder auf die weichen Polster der Couch und landete so, dass ihr Blick auf ihr Handy fiel. Langsam und auf ihrer Wange kauend, griff sie danach, entsperrte es und ging in ihre relativ mickrige Kontaktliste.

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RomantizmAls Rey auf Aaron trifft, ist klar, dass sie das Band der Soulmates verbindet. Immerhin sind die Körper der beiden mit den gleichen Tattoos bedeckt. Doch selbst ihr scheinbar verschlungenes Schicksal kann die Steine, welche sich unweigerlich in ihre...