Kapitel 7

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„Es war vor einer Woche. Er wollte nach dem Unterricht mit mir sprechen. Er meinte ich würde mir wegen der Schule zu viel Druck machen. Ich blieb also länger im Klassenraum. Er sagte ich solle mich lockerer machen. Nicht immer alles so verbissen sehen. Ich könnte viel mehr erreichen, wenn ich mich nicht so unter Druck setzen würde. Bis dahin war ja alles normal, aber dann fing er an mich anzufassen. Am Oberschenkel, denn wir saßen auf zwei Stühlen gegenüber. Ich stand auf und wollte gehen und bemerkte, dass die Tür abgeschlossen war. Er riss mir meine Handtasche aus der Hand, damit ich niemanden mit meinem Handy anrufen konnte, denke ich. Er zog mich aus. Er schlug mich auch ein oder zwei mal, weil ich mich wehrte. Er hörte aber nach wenigen Minuten auf und sagte ich sei nicht hübsch genug. Ich hätte zu kleine Brüste und das würde ihn nicht anmachen. Dann ließ er mich gehen. Vorher drohte er mir mich umzubringen, wenn ich es jemandem erzählen würde. Das wars", erzähle Spencer. Ihre Schauspielkunst war überzeugend genug.

Noch in der selben Stunde fuhr Mr. Hastings zur Polizeistation und stellte Strafanzeige gegen Ezra Fitz. Mr. Hastings war Anwalt, weshalb er ganz genau wusste was er tun musste.
Mrs. Hastings war erst der Meinung, dass sie das lieber für sich behalten solle. Es würde immer in ihrer Akte stehen. Sie solle es sich ganz genau überlegen, ob jeder wissen soll was geschehen war. Diese Aussage führte zu Familienstreit. Jeder war einer anderen Meinung.

Im Endeffekt entschieden sie sich für die Offenlegung der Ereignisse.
Spencer entschied sich, nachdem sie bei der Polizei ihre Aussage aufgab, duschen zu gehen. Nur in ein Handtuch gekleidet setzte sie sich auf den Toilettendeckel und weinte. Wieso hatte sie gelogen? Sie kam da einfach nicht wieder raus. Und das ärgerte sie maßlos!
Zwar war es einigermaßen warm im Badezimmer des Hastings Hauses, aber ihr lief trotzdem ein kleiner, kalter Scheuer über den Rücken, was dazu führte, dass sie anfing zu zittern. Sie stand auf, legte das Handtuch, was sie sich vorher umgebunden hatte, auf den Boden, öffnete ihren halbherzigen Pferdeschwanz und stieg dann unter die Dusche.
Das warme, ja schon fast heiße Wasser, ließ sie den Wirrwarr für einige Minuten vergessen. Ihr war wohlig warm, als sie aus der Dusche kam. Sie trocknete sich ab und föhnte ihre Haare ehe sie sich einen frischen Pyjama anzog und schlafen ging. Mittlerweile war es schon Mitternacht. Aber das war nicht so schlimm, denn am darauffolgenden Tag musste sie nicht zur Schule. Sie würde den Tag wohl oder übel auf dem Polizeirevier verbringen müssen. Fragen beantworten und so.
Mit diesem Gedanken schlief sie ein. Wenn auch nur für kurz, denn gegen 3 Uhr nachts wachte sie wieder auf. Sie kam einfach nicht damit klar, was sie getan hatte.
Somit musste sie einsehen, dass sie dann auch nicht wieder einschlief. Den Rest der Nacht verbrachte sie damit an die Decke ihres Zimmers zu starren, zu lesen oder aus dem Fenster zu schauen.

Direkt am Morgen wurde Ezra Fitz berichtet, dass er nun auch Spencer Hastings vergewaltigt haben soll.
„Ich habe was?", schrie er seinen Anwalt an, der noch etwas verschlafen wirkte und auch etwas nervös. Er hatte schließlich einen Ruf zu verlieren.
„Die spinnen doch! Die haben doch alle einen Knall!", regte sich der Englischlehrer weiter auf. Er war mittlerweile von seinem Stuhl aufgestanden und wanderte in dem kleinen Raum hin und her und fuhr sich durch seine braunen Haare.
„Was machen wir denn jetzt?", sein Blick richtete sich an seinen Anwalt.
„Haben sie es getan?", musterte er seinen Mandanten.
„Wie jetzt? Nicht einmal mein Anwalt glaubt mir! Wie soll ich denn jetzt noch darauf vertrauen, dass es irgendjemand anderes tut?", schrie er ihn an.
„Sie haben meine Frage nicht beantwortet."
„Nein! Ich habe niemanden vergewaltigt! Weder Alison DiLaurentis, noch Spencer Hastings! Niemanden! Noch nie!", sagte er langsam, aber wütend.
„Gut, dann hole ich sie hier raus!", sagte sein Anwalt und verließ den Raum.
Zurück blieb ein vollkommen aufgelöster Ezra Fitz, der gerade die Welt nicht mehr verstand und auch gar nicht mehr versuchte herauszufinden warum die Mädchen gelogen hatten. Alles was er wusste, war, dass er unschuldig war. Und das wollte er beweisen. Nur wie?
Er hatte häufig mit seinen Schülern über Schuld und Unschuld geredet und diskutiert. Das macht man ja nun einmal so, wenn man mit seiner Klasse ein Buch durchnimmt in dem das Thema war.
Er glaubte fest daran, dass man ihm die Unschuld bald schon zugestand und die beiden Mädchen, die Lügnerinnen, ein für alle mal dingfest gemacht werden. Aber wird das wirklich geschehen?

In allen möglichen Medien wurde zur Zeit über diese Vergewaltigung berichtet. Die Tatsache, dass es nun ein zweites Opfer gab, war gefundenes Fressen für die Presse.
Vor Alisons und auch vor Spencers Haus standen ein paar Reporter, die nur zu gerne ein Bild von ihnen gemacht hätten. Aber Fehlanzeige. Die Mädels hielten sich versteckt. Zu viel Medienpräsenz wäre nicht gut gewesen, da sie damit den Anschein erweckt hätten, Aufmerksamkeit und im Mittelpunkt stehen zu wollen. Das war es ja auch. Das war der Grund für all dies.
Alisons Beweggründe waren aber noch unverständlicher als Spencers. Alison stand sowieso immer im Mittelpunkt. Egal wo. In der Schule, Zuhause... Immer war sie es, die hell erstrahlte.
Bei Spencer war es nicht so. Ihre Eltern hatten ihr schon früh vermittelt, dass ihr Lieblingskind Melissa war. Ihre größere Schwester.
Unter normalen Umständen hätte sie so ein Firlefanz auch niemals veranstaltet. Doch sie war furchtbar verletzt worden und in dem Moment wollte sie einfach mal nicht perfekt sein. Sie wollte von ihren Eltern Mitleid und Fürsorge erhalten und keine harten Worte. Irgendwie traurig... Aber wahr. Aber ist die Wahrheit nicht immer traurig? Wieso sollten die Menschen denn sonst lügen? Wenn die Wahrheit perfekt und schön wäre, gäbe es für eine Lüge ja gar keinen Grund zu existieren.

Pretty Little Liars - their biggest lieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt