Kapitel 12

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Eine neue Woche brach an. In drei Tagen begann der wohl berühmteste Prozess in Rosewood. Denn Rosewood war sonst ein eher stilles und ruhiges, eben halt wenig kriminelles Örtchen auf der Landkarte. Rosewood war gemütlich und einladend, trotzdem nicht öde oder langweilig.
Aber nun genug zur Ortsbeschreibung, obwohl man noch vieles über das Städtchen sagen könnte. Kommen wir zu einer Person, die bereits einen wichtigen Teil zur Geschichte beigetragen hat und auch noch im späteren Verlauf eine Schlüsselrolle spielen sollte: Mona Vanderwall.
Das süße und schüchterne Mädchen mit den zwei Zöpfen und der strengen Brille wurde, wie schon erwähnt, oft von Alison und ihrer Truppe gehänselt. Sie musste sich schon viele Beleidigungen anhören, so einige Demütigungen ertragen und so manche niederschmetternden Kommentare aushalten. Man konnte kaum fassen, dass sie noch nicht durchgedreht ist. Monas Mutter wusste über all dies Bescheid, sagte und unternahm aber nichts, da ihre Tochter es nicht wollte. Ihr einziger Wille war es zu überleben. Die High School zu überleben und dann aufs College zu gehen und niemals wieder an diese schreckliche Zeit des Mobbings zurückzudenken.
Dass dies aber auf Dauer nicht auszuhalten war, versteht sich von selbst...

Ali und ihre Truppe bereiteten sich auf den Prozess vor. Es gab eine Menge einzustudieren und zu besprechen. Immerhin mussten nicht nur Alison, Spencer und Emily als Opfer aussagen, sondern auch Hannah und Aria als Zeuginnen.
Sie werden in chronologischer Reihenfolge befragt werden. Also wie es passiert ist. Zuerst Spencer, dann Emily und zu guter letzt Alison. Die Zeugen werden zum Schluss befragt.

Nur zwei Tage bis zum Prozess. Alle Nerven lagen blank. Bei den Mädels, bei Ezra Fitz und selbstverständlich auch bei den Eltern. Tatsächlich aber auch bei dem Rest der Stadt. Auch die Medien stürzten sich wie die Wilden auf diese Story. Sie suchten jedes kleinste Detail, das etwas offenbarte, was noch nicht offenbart war.

Die Schule schien recht eintönig und langweilig gegen die Dinge, die sonst so im Leben der Teenager passierten. Ihr gesamtes Leben hatte seit Alisons schockierender Enthüllung eine 360 Grad Wendung gemacht.
Klar, im Mittelpunkt standen sie schon immer, aber jetzt war dieser Mittelpunkt in einer ganz anderen Dimension.

Es war später Abend. Ein heller Vollmond schaute auf die Erde hinab. Er war wie ein allwissendes und alles beobachtendes Auge. Doch nicht nur der Mond war draußen und erblickte alles Geschehene, sondern auch eine komplett in schwarz gekleidete Person lungerte in den Straßen Rosewoods umher. Diese Gestalt war wie ein Schatten. Er wurde von niemandem gesehen, von niemandem gehört und von niemandem wahrgenommen. Die bedrohlich aussehende Person hatte die ebenfalls rabenschwarze Kapuze des Hoodies tief ins Gesicht gezogen. Die Klamotten waren so weit, dass man selbst von nahem nicht mit Gewissheit hätte sagen können, wer es war. Beziehungsweise nicht einmal erahnen können, ob diese Person männlich oder weiblich war.

Vor dem DiLaurentis Haus machte die geheimnisvolle Erscheinung dann Halt. Sorgfältig geprüft, ob sie auch wirklich niemand beobachtete, hockte sie sich ans Wohnzimmerfenster und spähte hinein.
Ungesehen verfolgte diese gruselige Gestalt Alisons Gute-Nacht an ihre Eltern. Ali trug ihr lila Top, kombiniert mit einer grauen, kurzen Jogginghose. Sie war bereits abgeschminkt und sah müde, ja fast schon übermüdet aus.
Sie umarmte erst ihren Vater, dann ihre Mutter. Von Jason fehlte jede Spur. Man konnte nur erahnen, ob er überhaupt Zuhause war. Denn es war nichts Ungewöhnliches, wenn er zu dieser Uhrzeit noch unterwegs war. Manchmal kam er auch gar nicht nach Hause.

Dann ging Alison hoch und auch die Gestalt bewegte sich weg vom Fenster. Ali setzte sich wieder einmal an ihren Schminktisch und bürstete ihre Haare, betrachtete sich im Spiegel. Es war eine der wenigen Male, dass sie nicht zufrieden mit dem war, was sie erblickte.
Sie blieb einige Augenblicke einfach sitzen, starrte ihr Spiegelbild an und atmete schwer, was dann zu einem leichten Seufzen wurde.
Anschließend schaltete sie das Licht aus und kuschelte sich in ihr Bett. Der Bettbezug war pink, genauso wie ihre Wand, an der viele Bilder von ihr und ihren besten Freundinnen hingen. Nur die schönsten und wertvollsten Erinnerungen hatten hier die Ehre einen Platz besitzen zu dürfen. So wie auch der damalige Ausflug zum See. Auf dem Bild auf ihrem Nachttisch konnte man die fünf im Kreis auf dem Boden liegen sehen. Das Foto wurde von oben gemacht und alle lächelten freundlich in die Kamera. Alison erinnerte sich nur zu gern an diesen Tag. Aber wer das Foto damals gemacht hat, wusste sie nicht mehr. Es war ihr aber auch ziemlich egal.
All dies hatte die sonderliche Gestalt vom Baum aus mit einem Fernglas beobachtet. Einer der Äste ging fast bis zum Fenster von Alisons Zimmer. Vorsichtig und voller Bedacht kletterte es dort hin. Mit einem gewagten Sprung landete die Gestalt auf der Fensterbank. Das Fenster war nur angelehnt. Glück für den Einbrecher....

Dieser nutzte seine Chance und stieg ins Zimmer ein.
Alison schlief schon tief und fest und hatte von dem ungebetenen Gast keine Ahnung.
Dieser verhielt sich leise und schaute sich im Zimmer um. So gut es möglich war, natürlich, denn es war ziemlich dunkel.
Die Person schnappte sich ein Fotoalbum aus der obersten Schublade des Schminktisches und blätterte etwas darin. Noch mehr Fotos von Ali und ihrer Truppe.
Dann wurde es behutsam zurück gelegt.
Es schien so als hätte der Eindringling Langeweile entwickelt und schaute etwas umher, als würde er überlegen was er als nächstes tun konnte.
Tatsächlich wusste der Eindringling ganz genau was er vor hatte. Er zückte einen kleinen hölzernen Gegenstand aus seiner Hosentasche und ging auf das Bett zu.
Mit einem leisen, aber existenten, Klick klappte sich das Messer aus.
Es war lediglich ein Taschenmesser. Dafür war es aber ein außerordentlich scharfes Taschenmesser. Der Person, dem Eindringling war ganz genau bewusst, dass er Ali damit die Kehle durchschneiden könnte.

Bei Mord muss man sich ganz sicher sein! Einmal, weil es nicht rückgängig zu machen ist. Dann, weil man sichergehen muss, dass man damit umgehen kann einem Menschen das wichtigste zu nehmen, was er hat: Sein Leben. Man musste also nicht nur skrupellos sein, sondern auch herzlos.
Aber dann war es eben auch ein erheblich großes Risiko. Denn auf Mord steht lebenslänglich. Wenn man damit also durchkommen wollte, musste man auch die Nerven dazu haben.
Er konnte es und er wollte es. Würde er es aber auch tun?

Pretty Little Liars - their biggest lieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt