Kapitel 15

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„Erheben sie sich. Die ehrenwerte Richterin Vaury hat den Vorsitz!", erklang es in einer dunklen Stimme, die rau vom vielen Schreien war.
„Setzen sie sich", kam etwas später von der Richterin.
Danach wurden all die Fakten des Falles dargelegt. Dann ging es los. Spencer wurde, wie angekündigt, als erste in den Zeugenstand gerufen.
Eingeschüchtert von all den Blicken schritt sie nach vorne. Sie setzte sich und klemmte die linke Haarsträhne hinter das Ohr.
Dann erzählte sie ihre Geschichte. Eine herzergreifende und mitreißende Darbietung. Aber dieses viele Lügen verlangte so einiges von ihr ab. So kam es, dass sie seit gestern Morgen nichts mehr gegessen hatte. Sie war komplett zerbrochen an der Lüge. An den Lügen.

Sie erzählte von der Vergewaltigung, den Schlägen, den Demütigungen und Beleidigungen. Ezra Fitz war rasend vor Wut, durfte dies aber noch nicht kund tun. Bisher durfte er nur sagen, ob er auf „schuldig" oder „unschuldig" plädierte. Natürlich sagte er „unschuldig".
Mit jedem Wort, das Spencer sprach zerbrach sie mehr und mehr. Erst jetzt sah sie mit eigenen Augen, was sie anrichtete. Und es gefiel ihr überhaupt nicht. Am liebsten wäre sie einfach aus dem Saal gerannt. Weg von alledem. Aber das ging nicht.
Als nächstes war Emily an der Reihe: „Ich hatte Schwimmtraining am Morgen. Der Coach wollte mich noch sprechen, da er mich für den Wettkampf ganz hinten einsetzen wollte und er mein Einverständnis wollte. Ich kam also erst in die Umkleide, als die anderen schon draußen waren. Ich hatte nur Unterwäsche an, als ich Mr. Fitz entdeckte. Er beobachtete mich. Keine Ahnung wie lange schon. Ich schrie auf und schnappte mir mein T-Shirt. Ich wollte gehen, aber er stellte sich mir in den Weg. Ich weiß nicht mehr was er gesagt hatte. Ich denke sowas wie „Du gehst jetzt nicht!". Er griff nach meinem Arm und meinte ich sei hübsch. Ich habe ihm eine Backpfeife gegeben und schnappte mir meine Sachen und rannte raus. Er rief mir hinterher, dass er mir mein Leben zur Hölle machen würde, wenn ich das jemandem erzähle. Ich hatte solche Angst. Hätte ich gewusst, dass er es zuvor mit Spencer gemacht hat und an genau dem Tag, als er es mit mir versucht hat, auch Alison vergewaltigt hat, hätte ich doch was gesagt! Aber es war mir peinlich. Ich wollte nicht, dass jemand denkt, dass ich was mit einem Lehrer habe."
Und damit war auch Emilys Aussage beendet. Sie verkraftete es besser, als Spencer. Klar, sie war nervös, aber kam nie ins Stottern.
Dann war Pause.

Sie warteten im Pausenraum. Viele tauschten sich aus und unterhielten sich über den Fall oder auch nicht. Die Mädels waren recht ruhig, bis Spencer sagte, sie würde auf die Toilette gehen.
Sie verließ den Pausenraum und lief über den menschenleeren und totenstillen Flur.
Ihre Absatzschuhe waren extrem laut und alles was sie hörte.
Ezra Fitz war an dem Tag frei. Er stand nicht unter Untersuchungshaft und konnte sich frei in dem Gebäude bewegen. Spencer saß auf dem Klodeckel einer Kabine und weinte. Sie wusste, dass sie da nicht mehr heraus kam. Das hatte sie akzeptiert. Sie brauchte nur einen Weg, um ihren Frust loszuwerden.
Da sie schon sehr lange weg war, und sie wusste, dass sie zurück musste, machte sie sich auf den Rückweg.
Ezra sah sie. Sie war allein. Da sah er auch sofort seine Chance.
„Spencer!", rief er, „Spencer, bitte! Hör auf diese Lüge zu erzählen! Ich weiß, dass Alison damit angefangen hat. Wahrscheinlich setzt sie dich sogar unter Druck! Ich bitte dich inständig aufzuhören und alles aufzuklären. Ich habe keine Chance!"

Spencer reagierte nicht. Sie wusste nicht was sie sagen sollte, beziehungsweise was sie sagen konnte. Sie starrte ihn nur ungläubig und verwirrt an.
„Mensch, du weißt, dass du lügst und dass auch die anderen lügen! Sei nicht so feige!", nun schrie er. Er war furchtbar wütend und hatte diese Wut nicht unter Kontrolle.
Er zerrte sie gegen die Wand und schrie sie weiter an. Da sie wusste, dass er Recht hatte, brachte sie es nicht übers Herz sich zu wehren.
Dann kamen ihre Eltern. Ab dem Moment war das Schicksal des Englischlehrers besiegelt. Dieser Angriff hinterließ keinen guten Eindruck. Nun standen seine Chancen ziemlich schlecht, falls es überhaupt noch welche gab. Fitz war verzweifelt.

Die Pause war vorbei. Der Prozess nahm weiter seinen Lauf und der Wutanfall wurde direkt in das Protokoll aufgenommen.
Alison war dran. Auch sie erzählte ihre Geschichte mehr als glaubwürdig.
Sie vergoss sogar ein paar Krokodilstränen, während sie den Akt beschrieb.
„Ich habe immer wieder geschrien er soll aufhören. Angebettelt habe ich ihn. Aber er hörte nicht auf! Stattdessen schlug er mich, bis ich keine Kraft mehr hatte um mich zu wehren."
Danach hatten Aria und Hannah nur noch zu bestätigen, dass es ihnen erzählt wurde. Der Spermientest wurde veröffentlicht. Ende.
Ab dem Zeitpunkt gab es nichts mehr, was diese erdrückende Beweislage noch relativieren konnte. Das Leben von Ezra Fitz war ruiniert. Komplett ruiniert. Und diese fünf Teenager waren schuld daran. Hoffen wir, dass sie damit leben konnten.
„Hiermit erkläre ich Ezra Fitz der Vergewaltigung, Körperverletzung, Amtsmissbrauch, Verführung Minderjähriger und Bedrohung für schuldig. Sieben Jahre Haft", daraufhin schallte der Klang des Richterhammers auf und der Prozess war beendet. Das Urteil wurde gesprochen. Und es war unwiderruflich.

Die Mädels sahen zu, wie ihr Lehrer abgeführt wurde. Mit Hass in den Augen wendete er seinen Blick von ihnen. Alison schaute triumphierend und stolz, als hätte sie eine Trophäe gewonnen.
Die anderen sahen eher mitgenommen aus, aber auch erleichtert. Sie waren froh, dass es endlich vorbei war.
Sie verließen das Gebäude als letzte. Und während sie die alten Steinstufen hinuter stolzierten, sagte Alison freudig: „Wir haben es geschafft, Mädels!"

Pretty Little Liars - their biggest lieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt